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"Du, Jin?"
"Was ist?

Wir saßen uns gegenüber auf dem roten Boden des Sportplatzes. Er war mit seinem Rücken gegen den hohen Gitterzaun gelehnt, während ich vor ihm mit dem großen Ball auf dem Boden rumspielte. Aus einem nahe gelegenen Haus war laute Musik zu hören.

"Hast du manchmal Heimweh, auch wenn du zuhause bist?", fragte ich seufzend. Seinen mitleidigen Blick auf mir ignorierte ich, und ließ den Ball ein paar mal niedrig vom Boden springen. Es ließ das Geräusch entstehen, bei dem ich mich wohl fühlte.

Lange Zeit sagte er nichts. Ich dachte schon, er würde nicht mehr antworteten, als er anfing zu sprechen: "Es ist nicht immer Heimweh, wenn ich dieses Gefühl habe. Meißtens vermisse ich einfach jemanden oder etwas... Vermisst du etwas?"

Schulterzuckend sah ich vom Boden auf. Im Moment wusste ich gar nichts über meine Gefühle. Mein Körper war die meiste Zeit auf Überlebensmodus gestellt. Zwischen mir und der Welt schien eine dicke Wand zu stehen.

"Komm mal her."

Er breitete seine Arme aus, mit einem weichen Gesichtsausdruck. Ein leichtes Lächeln umfing seine Mundwinkel, was mein Herz einen Schlag überspringen ließ. Langsam legte ich den Ball weg und kletterte auf seine langen Beine, um ihn umarmen zu können.

Seine Haare rochen nach Lavendel Shampoo und Rauch. Zwei kräftige Arme hielten mich fest, als ich in seine Schulter seufzte und in die Umarmung schmolz. Beruhigend strich mir eine Hand über den Rücken.

In diesem Moment fühlte ich mich geborgen. Es war wie ein Schlupfloch in meiner Mauer, die die Welt von mir trennte. Die lauten Geräusche und der Geruch von Abgas drängen wieder komplett zu mir hindurch.

Die angenehme Wärme seines Atems war auf meiner kalten Haut zu fühlen. Trotz der niedrigen Temperaturen war er warm.

Nach einiger Zeit ließ ich meine Arme von seinem Körper fallen. Meinen Kopf ließ ich aber noch auf seiner Schulter liegen. Sein Geruch machte mich verrückt.

"Minah... Fändest du es schlimm, wenn ich mich in dich verlieben würde?", war es leise zu hören.
"Ach Jinnie..."

Langsam hob ich meinen Kopf an, um in seine Augen zu blicken. Unsere Gesichter waren sich nah, da ich immer noch auf seinen Beinen saß.

"Können wir uns vorerst nicht verlieben? Ich finde es schön, wie es jetzt ist."

Er nickte leicht, und schaute danach auf den Boden. Ich kletterte von seinen Beinen und stand auf, wobei ich ihm deutete, mir zu folgen. Den Sportplatz verließ ich und lief über das feuchte Gras des Parks zum Fluss. Ich setzte mich auf die niedrige breite Mauer und ließ meine Füße baumeln. Unter ihnen plätscherte das klare Wasser glücklich vor sich hin.

Nach ein paar Sekunden konnte ich im Augenwinkel sehen, wie Jin sich neben mich setzte und das Wasser betrachtete. Er wirkte enttäuscht. Die letzten Sonnenstrahlen reflektierten sich in seinen klaren Augen.

Seine lilanen Haare wurden ihm von einem Wind in die Stirn gepustet. Seine Hände wirkten verkrampft, wie sie sich neben seinen Knien an die Kante der Mauer klammerten.

"Komm, ich bring dich nach Hause. Es wird bald dunkel.", murmelte er nach einiger Zeit. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Nun sah er auch zu mir.

"Passt schon, es ist ja nicht weit."
"Egal ob weit oder nicht, du sollst nicht alleine rumlaufen." Er schenkte mir ein süßes Lächeln. Jedoch konnten seine Augen seinen Trauer nicht verstecken.

Ich mochte ihn, keine Frage. Aber wie soll ich denn jemand anderen lieben, wenn ich nicht einmal mich selbst lieben kann? Das wäre nicht gut für ihn. Ich brauchte erst einmal Zeit für mich selbst.

Ein paar Minuten lang liefen wir schweigend nebeneinander her, bis ich mich dazu entschied das Schweigen zu brechen.
"Ich hab Muskelkater..."

Jammernd rieb ich mir über die Waden. Auf einmal sprung Jin vor mich und ging in die Hocke.
"Spring auf, Prinzessin!"

Er war wieder ganz der alte. Grinsend schwung ich mich auf seinen Rücken, und legte meine Arme locker um seinen Hals. Seine Hände legten sich um meine Oberschenkel, was einen Haufen Adrenalin durch meine Adern schickte. Seine Nähe schien der Welt einen bunten Schleier umzuhängen, damit sie nicht mehr so eintönig aussah.

Lachend hielt ich mich besser fest, als er anfing zu traben. Auf den unbefahrenen Straßen des Viertels war nichts ausser unserem Lachen und Jin's Schritten zu hören.

𝗟𝗲𝘁'𝘀 𝗻𝗼𝘁 𝗳𝗮𝗹𝗹 𝗶𝗻 𝗹𝗼𝘃𝗲 | 𝐁𝐓𝐒Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt