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Endlich klingelte es zur Pause. Ich stand auf und wollte so schnell wie möglich aus dem Zimmer raus, als jemand meine Schulter antippte. Es war Jimin.

"Hey, willst du in der Pause mit mir und meinen Freunden was machen? Du kennst hier wahrscheinlich noch niemanden."
"Ich denke ich schaue mir hier alles noch einmal an, aber Danke."
"Alles klar, also in einer Viertelstunde haben wir dort vorne Physik. Nur als Erinnerung."

Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln und drehte mich dann um. Langsam füllten sich die Gänge mit Schülern, während ich nach meinem Spind suchte.

Endlich hatte ich ihn gefunden. In ihm lagen schon meine ganzen Bücher; anscheinend wurden sie hier für mich bereit gelegt. Ich besah die Buchrücken, und zog dann das Physikbuch heraus. Dieses landete kurz darauf in meinen Händen.

Um mich herum standen einige Gruppen von Schülern. Ein paar von ihnen saßen auf dem Boden, oder hatte ihren Arm um die Schulter ihrer Freunde gelegt. Sie redeten und lachten. Ich wollte auch so wie sie sein. Glücklich, unbeschwert.

Ich seufzte. Ich wollte so sein. Ich wollte glücklich sein. Also konnte ich es auch schaffen.

Mir war es immer egal, wie es mir ging. Aber jetzt hatte ich genug vom traurig sein. Ich sagte meiner Depression den Krieg an!

"Oh, e-entschuldigung..." Beschämt sah ich zur Seite, um den Blick des Jungen vor mir, gegen den ich gestoßen war, auszuweichen.
"Kein Ding. Hey, bist du nicht die Neue?"

Ich sah auf und erblickte einen Jungen aus meiner neuen Klasse. Er hatte ein süßes Lächeln, fluffig Haare und rosige Wangen. Neben ihm stand ein weiterer Junge, den ich nicht kannte.
"Ähm... Ja, bin ich..."
"Jeon Jungkook."
Ich lächelte und nickte leicht, bevor ich weiter lief. Hinter mir konnte ich hören, wie er tief Luft holte, und danach flüsterte: "Das ist sie! Wie ein kleines Kätzchen, oder?"

Okay, jetzt fühlte ich mich gut. Noch nie hatte ich so ein originelles Kompliment bekommen. Auf den Boden blickend lief ich weiter. Das Buch hielt ich fest an meinen Körper gedrückt, irgendwie gab mir das Sicherheit. Alles war so neu hier. Neue Umgebung, neu Leute. Aber vielleicht war neu nicht unbedingt schlecht.

Schließlich stand ich vor dem Klassenzimmer, in dem ich wohl gleich Unterricht hatte. In fünf Minuten, um genau zu sein. Dort sah ich mich unsicher um, bevor ich mich an die Wand gelehnt hinsetzte. Ich fühlte mich so klein.

Die Welt schien mich erdrücken zu wollen. Die vielen Stimmen taten in meinen Ohren weh, obwohl sie nicht laut waren. Mein Rücken schmerzte, und in meinen Beinen hatte ich Muskelkater, ohne Sport getrieben zu haben. Die Schuluniform schien mir zu eng. Mein Atem verschnellerte sich ein wenig.

Ganz ruhig... Alles okay...

Es ist alles... Okay...

Nein, ich musste mich jetzt beruhigen. So würde hier nichts klappen. Tatsächlich funktionierte es, und nach zwei Minuten nahm ich einen großen Schluck Wasser. Zurück blieben wieder diese verdammten Kopfschmerzen.

Langsam kamen die anderen Schüler in meine Richtung. Als es klingelte, stand schon die ganze Klasse in meiner Nähe und warteten auf den Lehrer. Auf einmal setzte sich jemand neben mich. Es war Jimin.

"Hey, ist alles ok?"
"Ja, wieso?"
"Nur so..."

Ich rutschte ein bisschen herum und legte meine Arme eng an meine Seiten. Jimin sah mir dabei zu, und auch als ich meinen Blick in seine Richtung wendete, schaute er nicht weg. Er sah mir fragend in die Augen, bis ein paar Sekunden später die Tür zum Klassenzimmer aufgeschlossen wurde und die Schüler hinein gingen.

Sollte ich das jetzt nett, süß, gruselig, oder seltsam finden?

Mir fiel auf, dass seine Präsenz mich beruhigt hatte. Mein Atem war wieder regelmäßig und ich erwischte mich selbst sogar dabei, wie ich leicht lächelnd in den Raum trat. Was aber meine gute Laune aufhielt, waren diese Kopfschmerzen.

Es fühlte sich an, als ob Nadeln in meinen Schädel gestochen wurden. Egal, wie sehr ich mich wehrte, es wurde nicht besser.

Im Klassenzimmer suchte ich nach einem freien Platz. Es waren in der letzten Reihe zwei Plätze am Gang und die komplette erste Reihe frei. Um mich nicht so beobachtet zu fühlen, lief ich bis zur letzten Reihe und setzte mich auf den Platz, der direkt am Gang war.

Weder Jimin noch Taehyung saßen in meiner Nähe. Aber über den Gang neben mir erkannte ich den Jungen aus der Pause wieder. Wie war sein Name? Irgendwas mit Kook... Jungkook? So etwas war's...

Der Unterricht fing an. Der Lehrer hatte eine laute Stimme, mit der er viel mahnte. Er war relativ alt und irgendwie machte er mir Angst, auch wenn mir seine Art sympathisch war. Seine Worte taten meinem Kopf nicht gut.

Fast wäre ich auf ihn gesprungen und hätte ihn geknebelt, nur um für ein paar Sekunden meine Ruhe zu haben. Merkte er nicht, dass es unnötig ist, ohne Pause zu schreien?

Wir sollten unsere Hefte raus holen, aber da ich neu war, hatte ich nur einen Block. Er fing an, viele Wörter am die Tafel zu schreiben. Der Marker machte dumpfe Geräusche auf dem Whiteboard, aber es war besser als das Gerede des Lehrers.

Wir waren dabei, alles abzuschreiben, als er wieder anfing zu reden. Immer weiter, ohne Pause zum erholen. Es war so anstrengend, dass ich einfach gehen wollte.

Endlich endete die Stunde, und ich legte erleichtert meinen dröhnenden Kopf auf dem Tisch ab. Das kalte Holz kühlte meine Stirn, was die Schmerzen für einen Moment ein wenig erträglicher machte.

𝗟𝗲𝘁'𝘀 𝗻𝗼𝘁 𝗳𝗮𝗹𝗹 𝗶𝗻 𝗹𝗼𝘃𝗲 | 𝐁𝐓𝐒Where stories live. Discover now