Die Operation & etwas Glück

718 27 7
                                    

Dankend nahm ich Berlin das Glas ab und setzte das Glas an meine getrockneten Lippen. Gierig trank ich alles auf Ex aus. „Hey hey, immer schön langsam, ja.", so Berlin leicht grinsend von sich. Doch sein Grinsen wurde schnell wieder neutral, als das Telefon begann zu klingeln. Angespannt ging er zum Hörer und nahm ab. 

Als er zu mir schaute, versuchte ich mit meinen Händen zu zeigen, dass er auf Laut machen sollte, doch er schüttelte nur kurz mit dem Kopf.

Warum nicht?! Ich erfahre es doch eh gleich von ihm also kann ich auch jetzt mit zuhören. „Ist gut. Ja, das war mir bereits klar."

Was war klar? Hallo! Ich bin gerade nicht in der Verfassung für schlechte Neuigkeiten, schließlich habe ich bereits welche gerade eben erfahren. Dann legte Berlin auf und schaute zu mir. Er atmete tief durch und sagte: „Es wird kein Ärzteteam hereinkommen. Ihnen ist das egal, ob eine Geiselnehmerin durch eine Kugel stirbt oder nicht."

Was ich in diesen Moment dachte, konnte ich genau sagen, ich dachte an nichts. Mein Gesicht wendete sich ab in Richtung Boden und in meinem Kopf herrschte leere. Nicht richtig bei der Sache nickte ich ihm nur zu und atmete mehrere Male aus und ein um mich selbst zu Beruhigen. Ich schloss die Augen, bevor ich meine Hand rauf legte. Berlin wollte wieder anfangen zu reden doch ich stoppte ihn indem ich meine andere freie Hand hob.

Das ganze hielt nur kurz: „Ich werde Rio zu dir schicken, ich muss mich jetzt um was anderes kümmern, ach und Moskau werde ich auch zu dir schicken. Er soll sich das nochmal anschauen."
Ich nickte nur und er verschwand. Wieso soll ich auf die anderen warten, wenn ich es auch selber versuchen könnte. Also versuchte ich mich an der Sofa lehne abzustützen und ging mit vorsichtigen und langsamen Schritten zu einem Stuhl. Als nächste folgte, den Stuhl vor den Ganzkörperspiegel zu stellen. 

Mit vielen Schmerzen und pochenden Kopf gelang es mir auch. Also ich muss sagen das sich die beiden viel Zeit ließen. Perfekt für mich.
Dann sah ich auf dem Tisch eine Pinzette und ein Skalpell und nahm es in die Hand. Anschließend ließ ich mich auf den Stuhl nieder und sah dann mein Spiegelbild an. Rote und angeschwollene Augen, leicht blaue Nase, ein Riesen Pflaster klebte auf meiner Stirn und dann die Krönung, mein Bauch der einmal komplett mit Verband und darunter mit einem zusätzlichen Pflaster bedeckt ist. Mit Mühe nahm ich mein Verband grob ab und zog dann mit schmerzverzerrten Gesicht langsam das Pflaster weg. Als das getan war, atmete ich einmal tief wieder ein und aus.

Dann schaute ich mir meine Wunde genauer an. Es sah auf jeden Fall nicht schön aus. Eine Blutkruste hatte sich rund herumgebildet, uhh das wird schmerzhaft. Und dann begann ich die Tour. Der Professor hatte uns bei einem toten Tier üben lassen, wie man am besten eine Kugel entfernt, falls sowas hier auftreten sollte. Wie gut, dass ich mich damals freiwillig gemeldet hatte nur das Problem ist jetzt, dass ich durch den Spiegel gucken muss und keine andere Möglichkeit habe. Ich drehte mehrmals meinen Körper um zuschauen, ob ich die Kugel schon sehen kann schließlich habe ich gerade das Schussloch ein bisschen vergrößert. 

Dementsprechend lief auch bereits Blut raus. Mit angespannten Gesichtsausdruck konzentrierte ich mich mit der Pinzette auf die Kugel, die ich denke, gesehen habe. Als ich glaubte, sie mit der Pinzette zu berühren, jammerte ich kurz auf.

Nun folgte der schwierige Part, die Kugel rauszuziehen. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib als sich die Kugel nur ein paar Millimeter bewegten. Tränen begannen zu fließen und die Kraft verschwand auch langsam. Als ich einen erneuten Blick in den Spiegel warf, bildete ich mir ein, dass die Kugel bereits ein ganzes Stück näher der Öffnung war. Ich wollte am liebsten alles loslassen doch ich hatte Angst, wenn ich jetzt die Kugel loslasse, dass sie wieder tiefer fallen könnte.

Also stand ich auf und hielt mich schwankend am Spiegel fest. Dann ließ ich die Pinzette los und sie leicht klirrend zu Boden. Genau im richtigen Moment kam Rio ins Zimmer: „Kairo!"
Dieser kam sofort zu mir gelaufen nur, um mir unter die Arme zu greifen. Dann wollte er das ich mich hinsetzte doch weigerte mich strikt dagegen. „Was, wieso nicht?", harkte er verwirrt nach.

Ich zeigte mit meinem Finger auf meinen Bauch ab, da bemerkte er das ich mein Verband gar nicht mehr um hatte. „Du hast doch jetzt nicht an dir selber operiert? Kairo...!?", warnend sah er mich mit seinen braunen Augen an. Ein kleines Lächeln zierte mein Mund und plötzlich kam dann auch Moskau in den Raum. „Was habt ihr gemacht?", war auch gleich seine erste Frage.

„Kairo, hat an sich selbst Hand angelegt und nun schau dir das an.", und damit zeigte er auch auf mein Bauch. Moskau seufzte und kam zu uns. „Ach Mädchen, wir werden jetzt diese hartnäckige Kugel entfernen. Wow, die Kugel ist ja weiter vorne als vorhin. Wie hast du das den hinbekommen?", Moskau sichtlich beeindruckt. Dann verkündete er das er mir helfen wird und den letzten Rest macht. Dann fand die kleine Operation statt und es wurde auch schon mit der Pinzette angesetzt.

Schmerzhaft krallte ich mich an Rio's Overall. Dieser hatte mich sowieso schon im Arm, aber als er mein Gesichtsausdruck sah, drückte er mich näher an sich. „Rio lenke sie irgendwie ab."

„Hey Kairo, schau mich an. Weißt du noch, als wir zur Fiesta wollten und ich mir diese scharfe Sonnenbrille aufgesetzt hatte, diese mit den Sternen an den Seiten?", ich fing an zu lächeln, als ich dieses Bild in meinem Gedächtnis hervorholte. „Ja genau an die oder als ich bei Fußball gegen dich verloren habe und du mir mal wieder durch die Haare gewuschelt hast und ich dich dann gejagt habe aber später über Denver gestolpert bin, der da auf einmal da im Weg lag." Er selber fing an zu lachen und es steckte mich an. Doch diese Freude wurde unterbrochen als Moskau eine empfindliche Stelle berührte. 

Mir kamen wieder die Tränen, weshalb ich die Augen schloss und schmerzhaft meinen Kiefer anspannte. Sanft berührte mich eine warme raue Hand an meiner Wange und zog mich in eine Richtung. Als ich sie wieder öffnete, sah ich auch schon in warme braune Augen. Gefesselt von diesem Anblick vergaß ich sogar zu atmen. „Oder als wir zwei Eis essen waren und dann doch das Eis getauscht haben, weil das vom anderen besser geschmeckt hatte als das eigene..."

Ja ich hatte damals eine lustige Kombi gehabt. „Du hattest, glaub ich, Einhornteig und ich hatte Wassermelone und am Ende habe ich das Einhornteig Eis gehabt." Ich fing an zu lachen und ich weiß noch genau wie er mich angeschaut hat damit er mein Eis haben konnte und ich konnte damals nicht widerstehen bei seinem Blick und da habe ich eben mein Eis mit ihm getauscht. Aber sein Wassermelone Eis war wirklich nicht lecker. Also konnte ich ihn da verstehen und ich wollte nicht das er traurig in den Moment ist.

„Und ich bin fertig, super gemacht Leute.", erklang auf einmal Moskau Stimme und lächelte uns dann an. Ich schaute nach unten und bemerkte, dass er auch schon mir ein neuen Verband um meinen Bauch gewickelt hatte. Also legte ich Moskau meine Hand auf seine Schulter und formte mit meinen Lippen ein „Danke".

„Aber natürlich, kleines."

Auch an Rio formte ich ein „Danke" und nahm dann die Kugel, die Moskau in der Hand hielt, ab.
Anschließend umarmte ich nochmal beide und dann half mir Rio noch, in meinen neuen Overall anzuziehen.

„So und was machen wir hübschen jetzt?", fragte Rio grinsend in die Runde. „Schließlich können wir ausatmen, denn Kairo hat jetzt die blöde Kugel raus."

La Casa de PapelOnde histórias criam vida. Descubra agora