Kapitel 7

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Der eiskalte Blick seinerseits bescherte mir Gänsehaut. Ich brauchte irgendeine Ausrede, damit ich verschwinden konnte, aber mir fiel nichts ein. Warum musste er denn überhaupt herkommen? Hatte der nichts besseres zu erledigen?
»War das Absicht?«
»Was?«
»Das mit dem Tee«
Beinahe wäre ich in schallendes Gelächter ausgebrochen, doch zum Glück blieb es bei einem kleinen Schmunzeln. Wie falsch er von mir dachte, das war echt witzig.
»Na klar, wer verbrennt sich nicht gerne?« sein Blick verfinsterte sich bei meiner Antwort und ich fragte mich, woher ich den plötzlichen Mut hatte, so mit ihm zu reden. »Verarsch mich nicht, Stern.« kam er einige Schritte auf mich zu und blieb gefährlich nah vor mir stehen.

»Ich werde dich schon noch durchschauen.«

***

Leider stellte sich heraus, dass Sharpe wirklich mit mir im gleichen Raum schlief. Die Nacht war unerträglich gewesen, ich konnte bei Jayson's Nähe kaum schlafen. Das zeigte sich dann auch am Morgen darauf, meine Augenringe waren nicht zu übersehen.
Umso mehr überrascht war ich aber, als ich erfuhr, dass Gwendolyn gekündigt hatte. Also konnte ich sie nie fragen, warum sie so aufgelöst gestern war.

»Guten Morgen, Marly Schätzchen!« platzte plötzlich Ophelia ins Zimmer, mit der gleichen Laune, die sie immer hatte. Jayson war schon lange bevor ich aufgewacht war, gegangen und dementsprechend lag ich noch völlig unmotiviert im Bett. »Ach du Liebe Güte, du siehst schrecklich aus.« deutete sie auf meine Augenringe mit einer Direktheit, die schon weh tat.
»Das müssen wir mit Make-Up wett machen, denn heute besucht ihr einen Maskenball, der von den Zymani's veranstaltet wird!« strahlte sie überglücklich. Ihr? Und wer zur Hölle waren die Zymanis? Den Namen hatte ich in meinem vorherigen Leben anscheinend kein einziges Mal gehört, sonst könnte ich mich erinnern.

»In 4 Stunden schicke ich jemanden, der dich wunderschön herrichtet! Sei vorbereitet.«

Damit verschwand sie auch wieder und ließ mich mit einigen offenen Fragen zurück.
Warum ausgerechnet heute, wo ich versuchen wollte, abzuhauen, um in die Stadt zu gehen?! Ich vermisste den himmlischen Blaubeerkuchen aus der Rosy-Bäckerei! Wurde langsam Zeit, dass ich den wieder aß.

Gehetzt sprang ich aus dem federweichen Bett und zog mich schnell um. Da konnte man leider nichts gegen machen außer es sich über einen ergehen zu lassen. Naja, dann würde ich eben an einer anderen Nacht abhauen, das passte mir auch.

***

»Oh nein, deine Augenringe sind ja schrecklich.«

Danke, schon das Zweite Mal in diesem Tag. »Aber ich krieg das schon hin.« lächelte die großgebaute Frau, die überraschenderweise ziemlich viel Muskelmasse hatte.
»Ihr hättet euch gestern wohl zurückhalten müssen.« lachte sie und angewidert verzog ich mein Gesicht. Wie konnte man so etwas leichtfertig sagen? Da schämte sogar ich mich.
»Setz dich hin« deutete sie auf den Stuhl vor dem Spiegel und brav tat ich was sie von mir verlangte. Die 4 Stunden waren im Flug vergangen, und das auch nur, weil ich soviel zu tun hatte.

Es dauerte ungefähr 20 Minuten, bis sie fertig war und das Ergebnis war einfach umwerfend. Ich wusste gar nicht, dass ich so schön sein konnte. »Wow« hauchte ich begeistert und blickte mich einige Sekunden zu lange im Spiegel an. »Ich sagte doch, du kannst dich auf mich verlassen.« grinste sie.
»Nur noch deine Haare und du kannst gehen!« klatschte sie in die Hände und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie aufgeregter als ich war.
Meine langen, welligen Haare steckte sie mir geschickt zusammen und ich musste zugeben, dass sie wusste was sie tat.

Enthusiastisch sprang ich auf und holte mir mein Kleid, welches auf unserem Bett lag. Aber meine Freude verflog auch gleich wieder, als ich begriff, mit wem ich hingehen würde. Ehrlich gesagt hätte ich mich wirklich fröhlich geschätzt, wäre da nicht Jayson. Glücklicherweise war er kein einziges Mal ins Zimmer geplatzt, wodurch ich alles in Ruhe erledigen konnte.

Das weiße, bodenlange Kleid war mit goldenen Verzierungen an der Taille, ganz unten und an den durchsichtigen Ärmeln geschmückt. Das einzige, was mich störte, war der tiefe Ausschnitt, den ich mir anders vorgestellt hatte, bevor ich das Kleid angzog. Na toll.
»Du siehst bezaubernd aus!«
»Danke«

Als ich die Stiegen herunter kam, mit der Maske, die perfekt auf mein Kleid abgestimmt war, in der Hand, war ich froh das Jayson bereits in der Kutsche saß. Ich würde wohl versuchen müssen, genug Abstand zwischen uns zu bringen während dem Ball. Doch würde sich irgendwer freiwillig mit mir, der bekannten grausamen Hexe, abgeben wollen? Das bezweifelte ich nämlich stark.
»Wunderschön!« die Worte von Ophelia schmeichelten mir. Wenn das so weiterging, würde das Dauerlächeln auf meinem Gesicht nie verschwinden. Wobei das auch nicht wirklich ein Problem war.

Ophelia begleitete mich noch zur Kutsche, wo sie sich dann von mir verabschiedete und mir einen guten Abend wünschte, was ich nur erwiderte.
Die Kutsche betretend mied ich den Blick von Jayson, wodurch ich seine Reaktion nicht sehen konnte. Wahrscheinlich verzog er gerade angewidert sein Gesicht.

Auch als ich mich vor ihn setzte und unsere Blicke sich kurz streiften, ignorierte er mich immernoch. Was hatte ich denn anderes erwartet?
»Dort wirst du nicht von meiner Seite weichen, verstanden?«
Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Verdammt, warum musste mir seine Stimme immer so Angst einjagen?
»Ich fragte, ob du mich verstanden hast?« verleihte er seinen Worten Nachdruck, als ich ihm keine Antwort gegeben hatte. Das wars dann wohl mit dem Plan, ihn so gut wie möglich zu meiden. »Ja« meinte ich kurz und hoffte für die restliche Fahrt, dass er wieder still sein würde. Seine Anwesenheit war schon schlimm genug.

Rebirth #yellowaward2019Where stories live. Discover now