Kapitel 5

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Ungläubig starrte ich hoch in seine kalten, emotionslosen Augen, welche mir direkt in die Seele sahen. Sie wussten, was ich getan hatte. Sie wussten, was ich noch tun würde und sie wussten, was das Beste wäre.

»Wir sind verheiratet.. wie kannst du das tun?« wisperte ich, während mir die Tränen an den Wangen herab kullerten. Er hatte mich nie geliebt. Und ich ihn auch nie.
»Bringt sie weg«
»Nein!« kreischte ich, schlug um mich herum und wollte der Realität nicht ins Auge sehen. »Das wirst du bereuen!« schrie ich und versuchte mit aller Kraft mich gegen die Soldaten zu wehren, die mich an meinen Armen packten und wegtrugen. »Bitte!« doch der Ausdruck in seinen Augen verriet mir, dass er mich nicht verschonen würde.

»Tötet sie!«

Die Rufe der Bürger waren eindeutig. Sie wollten alle meinen Tod und ich wusste, wieso.

Weil ich ihnen so viel genommen hatte.

Ich würde sterben.

Hatten sich die Menschen, die ich töten ließ, auch so gefühlt? Hatten sie die gleiche Angst? Die gleichen Gedanken?
Ich werde es wohl nie erfahren.

Der Schmerz an meinen Armen, als sie hinter den Holzpfahl gebunden wurden, war kaum bemerkbar. Die erfreuten Gesichter dieser Leute, die sich ansehen würden, wie ich hier elendig vor mich hin sterben würde, ließen mich erstarren. Keiner würde mich vermissen. Keiner würde traurig sein. Die Welt würde sich weiter drehen und niemand würde sich an mich erinnern.

Das wars dann wohl.

Das Gejubel der Menge wurde lauter, als der Mann mit dem spitzen Schwert, welches gleich meine Brust durchbohren würde, näher kam.
Und plötzlich, mit einem Ruck und ohne Vorwarnung stieß er mir das Schwert ins Herz.

Meine Schreie wurden von den des Volkes übertönt. Die höllischen Schmerzen schienen nicht aufzuhören. Blut, überall war Blut zu sehen.

Tschüss, Vater und Mutter.
So wollte ich nicht sterben.
Es tut mir Leid.

~

Schweiß überströmt wachte ich auf. Meine Kehle war staubtrocken, die Tränen auf meinem Gesicht bereits getrocknet. Zitternd setzte ich mich auf und rieb mir das Gesicht. Verdammt, jetzt auch noch das.
Es hatte mich erfolgreich wieder daran erinnert, wie sehr ich gehasst wurde. Und daran, wie ich sterben würde, wenn ich nichts unternahm.
Schlafen konnte ich allerdings nicht mehr, so viel war klar.

***

Zwei Wochen vergingen, in denen ich Jayson erfolgreich aus dem Weg gegangen war. Okay, eigentlich war ich einfach im Bett geblieben, weil ich mit meinem Knöchel kaum wohin kommen konnte. Ein Glück, dass er mich nie besuchen gekommen war bis dahin.

Die Stimmung war genauso wie die letzten Tage, wenn ich mit meinen Eltern am Tisch saß und aß.
Keiner sagte etwas, nachdem essen gingen sie beide ihren Geschäftlichen Sachen nach. Heute war es nicht anders.
»Ich habe gehört, dass du einem Bauernjungen Gold geschenkt hast.«
Unwillkürlich weitete ich meine Augen, als die Stimme meiner Mutter erklang. Die Gerüchte hatten anscheinend schon ihren Lauf genommen. »Das stimmt« hob ich meinen Kopf und sah ihr direkt in die Augen. Ihr Blick verriet mir, dass es ihr gar nicht passte.
»Warum?« mittlerweile hatte auch mein Vater aufgehört zu essen.
»Stört es dich, Mutter?«
»Dir ist hoffentlich bewusst, wie viel das Wert ist.«
»Natürlich«
»Sie werden anfangen zu betteln.«
Mir war klar, dass das nicht der einzige Grund war, warum es ihr nicht passte.

»Da du immer wieder versuchst, Sharpe zu meiden, werden wir dich gleich zu seinem Haus schicken damit du dich dort einleben kannst.«
Erstarrt schaute ich in die ernste Miene meines Vaters, der nun das Wort egriffen hatte. Das konnte er doch nicht ernst meinen? Wie sollte ich meinen Plan umsetzen, wenn ich bei meinem Feind wohnte? »Es war aber abgemacht, dass ich erst bei ihm einziehe, wenn wir verheiratet sind!« protestierte ich und versuchte dem eisigen Blick von ihm standzuhalten, doch ich versagte. »Wir trauen dir alles zu. Deswegen möchten wir, dass du keine Chance hast, weg zu rennen wie hier.« meldete sich meine Mutter nun und ich starrte die Beiden völlig verzweifelt an.
»Aber«
»Pack deine Sachen, er kommt gleich!« die forsche Stimme meines Vaters unterbrach mich und brachte mich dazu, aufzustehen und in mein Zimmer zu gehen.

»Das konnte nicht wahr sein!« schrie ich wütend und fuhr mir frustriert über mein Gesicht. Ronella, die bereits am Packen war, ignorierte ich und stampfte zu meinem Kleiderschrank, der schon leer geräumt war. »Danke Ronella, du kannst jetzt gehen. Den Rest mach ich alleine.« zwang ich mir ein Lächeln aufs Gesicht, als ich sie aufforderte, den Raum zu verlassen. Ohne Widerworte ging sie und ließ mich in meinem leeren Raum zurück.

Mühevoll schob ich meinen Schrank zur Seite, hockte mich hin und nahm mir die kleine Tasche, die ich vor einigen Tagen dort versteckt hatte. Dort drin befanden sich ein Messer, eine Pistole die ich aus dem Zimmer meines Vaters geklaut hatte und Munition. Zwar wusste ich nicht, wie man eine Waffe bediente, aber irgendwie würde es schon klappen.
Diese verstaute ich unter meinen vielen Kleidern, sodass niemand sie finden konnte.

Danach schmiss ich alles, was noch übrig geblieben war, in den Koffer und machte mich zur Abreise bereit.
Irgendwas würde mir noch einfallen, damit ich Jayson am Besten meiden konnte.


Rebirth #yellowaward2019Where stories live. Discover now