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PAUL

«Magst du meinen Bruder?»

Irritiert runzle ich die Stirn, während ich die noch rote Ampel im Auge behalte. «Warum sollte ich deinen Bruder nicht mögen?»

Renée sieht von ihrem Handy auf. «Nicht so mögen, sondern ob du ihn magst

Mich macht nervös, dass sie während der Fahrt ständig auch ihr Handy sieht. Becca wird nämlich schlecht davon. Die Französin auf meinem Beifahrersitz scheint damit allerdings keine Probleme zu haben.

Seit den Faschingsferien hat es sich eingeschlichen, dass ich Renée und auch mal Freunde von ihr mit nach Hause nehme, wenn ich mit dem Auto da bin. Den Bus meide ich mittlerweile öfter. Nicht nur aus Bequemlichkeit, sondern auch weil es für mich besser ist, nach einer Schicht im Café nicht noch auf einen Bus warten zu müssen.

Dass ich so Jan besser aus dem Weg gehen kann, ist auch ein großer Bonus.

Mein Kopf beginnt zu rattern und ich seufze. Aktuell habe ich nicht die Intention ihr herunterbeten, wie sehr ich in ihren älteren Bruder verschossen bin. «Was genau hoffst du jetzt von mir zu hören?»

Meine Gedanken rutschen zum Audio, das er mir gesendet hat. Er hat immer noch keine Antwort darauf erhalten. Möglicherweise habe ich es auch immer noch nicht angehört.

Natürlich war es befremdlich, ihn wiederzusehen, ohne das geklärt zu haben. Da Phil dabei war, wäre es sowieso nicht der passende Zeitpunkt gewesen, um sich auszusprechen.

«Keine Ahnung?», seufzt Renée. «Habe aktuell das Gefühl, dass das einzige plausible, über das ich sprechen kann, Robin ist.»

«Ich mache mir auch Sorgen.» Wie oft ich überlege, einfach nochmal vorbeizugehen, etwas zu kochen und ihm Gesellschaft zu leisten.

«Wahrscheinlich köpft er mich, weil ich das jetzt sage, aber er hat dich wirklich gern. Ich hab einfach nur Angst, dass er verletzt wird.»

Am liebsten würde ich ausrufen, dass ich ihn doch auch gernhabe. «Ich hoffe du weißt, dass das nicht meine Absicht ist.»

«Was ist denn deine Absicht?» Langsam fühle ich mich ein bisschen wie in einem Verhör.

«Weißt du, das ist alles neu für mich. Also dieses offen und queer sein. Ich hatte schonmal was mit Jungs, aber das mit Robin ist so komplett anders und neu. Nicht nur er braucht seine Zeit, um sich mit allem zurecht zu finden», entgegne ich und hoffe, dass sie es darauf belässt.

Renée lässt sich nicht beirren und fragt weiter: «Magst du ihn, weil er ein anderer queerer Typ ist oder weil er, er ist?»

Wir halten vor ihrem Zuhause und ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu. «Ich mag ihn um seinetwillen.» Mittlerweile besteht daran kein Zweifel mehr.

«Gut.» Renée öffnet die Beifahrertür. «Wie hast du morgen aus?»

«Muss arbeiten.» Nochmal halte ich ihre Fragerei nicht stand.

Die Schwarzhaarige schnaubt. «Schade. Naja, man sieht sich.»

Meine Cousine zupft an meiner Gitarre und ich betrachte sie mit gerunzelter Stirn. Sie hat sich zum Abendessen eingeladen und mal wieder als gute Zuhörerin entpuppt. Becca ist auf dem neusten Stand und versucht mich aktuell dazu zu bewegen Robins Nachricht anzuhören und ihm einen Besuch abzustatten.

«Ich will wirklich nicht aufdringlich sein, aber ich vermisse ihn so», jammere ich. Außerdem fühle ich mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass er ganz allein ist. Phil meinte auch schon zu mir, dass er am liebsten bei ihm einziehen würde, bis er wieder klarkommt. Nur hat er eben eigene Verantwortungen und kann es daher nicht stemmen.

the love you wantWhere stories live. Discover now