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ROBIN

«Du starrst», säuselt Kathleen, während ich mit einem feuchten Lappen über die Theke wische.

«Tu ich gar nicht», bestreite ich und wende meinen Blick von Paul und seinem Kumpel ab.

Als ich an ihnen vorbeigelaufen bin, um einen anderen Tisch abzuwischen, konnte ich sehen, dass sie gemeinsam lernen. Wenn ich mich nicht verhört haben sie sich Formeln an den Kopf geworfen. Es scheint Physik zu sein. Allein beim Gedanken an naturwissenschaftliche Fächer, zieht sich mein Magen zusammen.

Kathleen grinst mich verschmitzt an und wirft ihren geflochtenen Zopf über ihre Schulter. Normalerweise ragt ihr brünettes Haar bis zu ihrer Hüfte, doch wenn es geflochten ist erreicht es nur die Mitte ihres Rückens. «Es ist echt süß wie verknallt du bist.»

Am liebsten würde ich kontern, dass ich es nicht bin. Doch es abzustreiten hätte keinen Sinn. Dass er bei uns im Coffee House angefangen hat zu arbeiten, macht es nicht gerade besser.

So genau weiß ich gar nicht mehr wann ich angefangen habe nervös zu werden, sobald er das Café betreten hat. Normalerweise bin ich auch nicht jemand, der einen Crush hat.

Paul hat es mir irgendwie angetan. Seine goldbraunen Augen leuchten, wenn er lächelt. Außerdem ist er immer höflich und zuvorkommend. Vielleicht habe ich ihn immer wieder im Auge behalten, wenn er das Café besucht. Wenn sie lernen und er derjenige ist, der den anderen hilft, ist er immer super einfühlsam. Er legt eine Geduld an Tag, die beneidenswert ist.

Wenn er neue Ansätze zum Erklären sucht, klemmt er sich immer die Zunge zwischen die Lippen und starrt kurz vor sich ins Leere.

Sobald er wieder versucht den Stoff seinem Gegenüber näher zu bringen, sieht es so aus als würde er neustarten. Paul taucht dann wie wieder zurück auf.

Bei Kathleen und Eren bringe ich immer die gleichen Argumente, wenn sie sticheln. Ich klinge jedes Mal so als würde ich mich rechtfertigen. Dabei muss ich mich nicht rechtfertigen, nur weil ich auf jemanden ein Auge geworfen habe, den ich nur flüchtig kenne. Es gibt genug allosexuelle Menschen, die sich nur beim Anblick einer Person auf Wolke sieben begeben.

Schwärmereien fallen mir einfach schwer. Ich kann an einer Hand abzählen wie viele Menschen mein Herz zum Höherschlagen gebracht haben. Mein erster Freund war der einzige, dessen Nähe ich mir gewünscht habe.

Als meine kleine Schwester mit drei Freundinnen das Café betritt, hebe ich zum Gruß meine Hand.

Renée hat ihre schwarzen Haare an ihrem Hinterkopf festgesteckt. Alle vier tragen Sportbekleidung. Ich erinnere mich, dass sie mir erzählt hat, dass sie nach der Schule ein Fitnessstudio besuchen, das in der Nähe des Schulzentrums liegt.

Zu meiner Überraschung grüßt sie Paul, als sie und ihre Freundinnen es sich an einem runden Tisch bequem machen. Renée hängt ihre Sporttasche über die Rückenlehne ihres Stuhles und kommt rüber zur Theke.

«Machst du uns bitte einen Kiwi-, zwei Erdbeer-Smoothie und einen grünen Tee?»

Ich nicke und schnappe mir zwei Behältnisse, um diese im Kühlhaus mit entsprechenden Früchten zu füllen. Normalerweise lagern wir einen Teil der Früchte in einem Kühlschrank unterm Tresen. Da wir uns aber in Richtung Winter bewegen, lässt auch die Nachfrage für Smoothies nach.

Kathleen kassiert derweil ab.

«Woher kennst du Paul?», frage ich an meine kleine Schwester gewandt, als ich den Rest für die Smoothies zubereite.

Renée lehnt am Tresen und sieht mit gehobenen Brauen von ihrem Handy auf. «Das ist der Paul, der jetzt hier arbeitet?»

Ich ziehe scharf Luft ein und male bereits den Teufel an die Wand. «Jup», erwidere und lasse das P ploppen.

the love you wantWhere stories live. Discover now