7- "Verschwindet aus ihrem Kopf!"

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Die Eingangshalle existierte nicht mehr.
Die Geröllhaufen machten es nicht einfacher an den Ruinen der Rezeption vorbei zu den drei Türen der Aufführungshalle zu kommen. Nacheinander zog und ruckelte ich an ihnen, doch nur die Letzte gab einen Spaltbreit nach.

Die Hände flach auf das Holz gepresst, erlöste ich sie und alles um mich herum von den Gesetzen der Schwerkraft und schob sie Finger für Fingerbreit weiter auf.
Schweiß tropfte in meine Augen und pochende Schmerzen in meinem Fuß erinnerten mich daran, dass auch meine Kräfte Grenzen hatten.

Grenzen, die mich kurz darauf zwangen, den Bauch einzuziehen, während ich mich mühsam zurück in die Höhle des Löwen quetschte.

Das Feuer der Vorhänge hatte auf Einzelteile des ehemaligen Mobiliars übergegriffen und dutzende klene Herde geschaffen, die es unerträglich warm machten. Vielleicht der Grund, warum sich niemand zu mir umdrehte.

Soldaten hatten ihre Schwerter gezogen und fochten Kleinkriege wie Tanzpaare in einem zerstörten Saal aus.

Nur-... Ich stockte.

Im Dunst aus Staub und Rauch kniete eine Person auf der Bühne, nieder gehalten von zwei Soldaten, die ihre Köpfe nicht von ihm abwandten. Sie flankierten ihn wie ein Paar gebrochener Flügel.
War das...?

Ich schlich näher.
Nicht Maze. Das war Mr. Nacat. Er hatte den Zylinder verloren und seine hellbraunen Haare klebten ihm an der Stirn. Für den Moment sah er viel jünger aus. Seine polierte Fassade hatte Kratzer und Dellen erlitten und trotzdem starrte er stur geradeaus, als wäre er nicht anwesend in seinem eigenen Körper. Als warte er auf ein Zeichen, auch die letzten Reste in den Grund zu reißen.

„Was tust du hier?"

Ich machte einen beachtlichen Satz zur Seite, sah glücklicherweise aber von jeder Reflexattacke ab, denn Calean erweckte ohnehin nicht den Eindruck, als hätte er auch nur ein Sandkörnchen von Geduld für mich übrig.

Ruß war quer über sein Gesicht geschmiert und unterstrich seinen wütenden Ausdruck.
Hillow dagegen, die Arme voll mit unterschiedlichen Phiolen und Flaschen aus Mr. Nacats persönlichem Vorrat, grinste breit, als sie mich erkannte. Ohne ein Wort der Erklärung drückte sie mir die Hälfte ihres Diebesgutes in die Arme.

„Ich versuche, dich zu retten!", wehrte ich mich gegen Calean, der ernsthaft den Eindruck erweckte, als wolle er mich am Ohr wieder hinaus schleifen. Und Maze. Und Hillow.

„Mich zu... Bist du verrückt geworden?"

Ein bisschen.

„Zugegeben, ihre Talente sind hierfür deutlich geeigneter als deine...", nahm Hillow mir die Gelegenheit zu antworten, doch Calean war der Bruder seiner Schwester.

„Hast du ihren Fuß gesehen?" Er setzte sich in Bewegung, als die Tür zu den Treppen aufschwang.

Eine Gruppe Soldaten marschierte hinein, zwei Dutzend Genträger zwischen sich. Die traurige Bilanz eines unfairen Kampfes, wie mir wenige Sekunden später bewusst wurde.

Genauso lange benötigten sie auch, uns zu sehen. Der Erste von ihnen schoss, bevor er Fragen stellte. Hillow riss so abrupt die Arme in die Luft, dass alle Glasbehälter geräuschvoll am Boden zersprangen. „Iss ein Kissen!"

Der Bolzen bohrte sich direkt vor mir in das verstaubte Holz und blieb dort vibrierend stecken.

Ich ließ die Fläschchen fallen, im Glauben, dass meine Kräfte sie auffangen würden und wurde bitter daran erinnert, dass ich sie vollkommen ausgeschöpft hatte für diesen Tag. Ich wollte den Soldaten ausweichen und zurück zu der Eingangshalle, aber ein ausgestreckter Arm am Boden brachte mich zu Fall.

Jagd der Nebelflüsterer - Der WunschdompteurWhere stories live. Discover now