7- "Calean, nicht!"

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          Ich konnte das Gefühl in meiner Magengegend nicht beschreiben, als wir das Stadthaus des Wunschdompteurs betraten. Alles, worum sich meine Gedanken drehten, war die Tatsache, dass Maze und Hillow, sowie viele andere Unschuldige dort drinnen waren. Und Nyam sich ein ganzes Bataillon aus dem königlichen Heer ausgeliehen hatte.

Maze war ein Nebelflüsterer. Oder würde einer werden, wenn er erst einmal tief genug in seine Begabung hineingriff. Der Gedanke war erschreckend. Er war so... normal sonst. Ein Sucher. Die Hand des Lichts und jede andere Rebellengruppe hatte hunderte von ihnen, um magische Kinder aufzuspüren.
Der Wissende und der Illusionist. Und dann gab es noch den Zweigesichtigen. Welcher von ihnen war er? Und wenn seine Kräfte so tödlich waren... was konnten die anderen dann?

Calean sprach über die ganze Zeit nichts, aber das war auch nicht nötig. Der Herold hatte uns zwar mitgenommen, doch am Ende beachtete uns niemand. Wir waren dabei, weil ich nach einer Möglichkeit suchte, meinen Freund zu retten.

Und so folgten wir den Soldaten in ihren rußigen Rüstungen, wie sie im Gleichschritt durch die Eingangshalle marschierten, als befänden wir uns im Krieg. Und das erste Mal seit langem fragte ich mich, was meine Eltern dazu gesagt hätten, mich jetzt zu sehen. Meine Mutter hätte sicherlich ihre Meinung zu dem höflichen Benehmen der anwesenden Herren.

Lautlos huschten wir hinter den Männern die Treppe hinunter. Unbemerkt, weil der ganze Trakt zu den Trainingszeiten leer war. Ich fragte mich, was sie dazu sagen würde, dass ich nicht mehr bei Garcy war. Dass ich mitten in das Spiel zwischen Rebellen und den Mächten des Königs geraten war, obwohl sie mich gewarnt hatte.

Dann warf Nyam mit einem Krachen die Tür zu der Trainingshalle auf und Totenstille folgte.

Ich reckte meinen Hals, um über die Helme der vielen Dutzend Soldaten hinein zu sehen, nur um von dem Strom mit hinein gezogen zu werden, als sich der Trupp in Bewegung setzte.

Ihr Stampfen und Marschieren ließ meinen Puls gefrieren. Meine Mutter hatte früher Gruselgeschichten über die Männer des Königs erzählt. Und auch wenn sich niemand für mich oder den schweigsamen Jungen neben mir interessierte, glänzten ihre Schwerter im Licht der Kerzen, als sie ausschwärmten.

Nyams Stimme echote in meinem Kopf, genauso laut wie sie zum Ende der Halle schallte und schaffte es kurzzeitig, meine Sorgen in den Hintergrund zu drängen.
Nyam war unbewaffnet allen voran in die Halle geschlendert, die Hände in den Hosentaschen.
„Findet mir den Nebelflüsterer. Wenn jemand versucht zu fliehen, tötet sie."

Und genauso plötzlich wie er gegangen war, kehrte der Lärm mit doppeltem Volumen zurück. Leute schrien auf und stürzten auseinander. Zwischen ihren Köpfen erhaschte ich kurze Blicke auf den Herold des Königs. Und neben ihm die schwarzgekleideten Soldaten.
Bewaffnet mischten sie sich unter das bunte Spielvolk.

Danach ging alles schnell.

Calean rannte los.

„Was hast du vor?" Ich musste über den aufkommenden Lärm hinweg brüllen. Wir waren halbwegs sicher hinter den Reihen der Soldaten. Doch sollte er sich unter die Spielleute begeben, würde ich nicht dafür garantieren, dass uns die Soldaten von den anderen rennenden Menschen unterschieden.

Calean zögerte nicht.
„Meine Schwester ist dort drinnen", und damit drängte er sich weiter vor.

Und Maze ebenfalls. Mir kam der merkwürdige Gedanke, dass er sich damals nicht mit mir hätte gefangen nehmen lassen müssen. Er hätte abhauen und mich meinem Schicksal überlassen können. Aber er hatte es nicht getan. Genauso wenig, wie er jetzt in Sicherheit wartete, bis seine Schwester wieder auftauchte.

Jagd der Nebelflüsterer - Der WunschdompteurWhere stories live. Discover now