1- "Ich sehe ihre Wunden. Die Narben, die sonst niemand sieht."

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„[...] wir können sie nicht mitnehmen, da wo wir hingehen. 

Aber das heißt nicht, dass wir nicht alles mitbekommen, was bei euch vor sich geht. [...]"

(zerknitterte Notiz in einem kleinen Kästchen unter einem Bett)

✥✥✥

          Nichts sagte so sehr Elfenwald, wie zwei Gestalten, die darin um ihr Leben rannten.
„Wie können die sich noch an uns erinnern?" Jedes Wort wurde mit Gewalt von Mazes Lippen gerissen. Im Zickzack sprintete er zwischen den Bäumen durch, die ihm todesmutig in den Weg sprangen. Eine Eiche griff mit ihren Ästen nach seinen Armen, doch er warf sich im letzten Moment nach links und wäre fast über die Wurzeln einer Tanne gefallen.

Es war nicht so, dass er sein Gesicht nicht erinnerungswürdig fand. Die Reaktion war normalerweise nur eine andere. Jetzt wusste er wenigstens, warum er das Ausdauertraining nicht hätte ausfallen lassen sollen.

„Waldelfen gebrauchen ihr Hirn für sonst kaum was", rief Elayn über ihre Schulter hinweg, das Schwert wie ein Kampfbeil hoch über ihrem Kopf erhoben. Mit wütenden Schwüngen durchtrennte sie Blätter, Lianen und Spinnenweben, die sich direkt hinter ihr wieder zusammenfügten.

„Aber wir haben ihnen praktisch nichts getan! Das waren die Reiter des Königs!"

„Ich würde sagen, sie sind da anderer Meinung." Ihr Fuß verfing sich in einem Kaninchenloch und sie klatschte auf den Waldboden.

Das Johlen und Jaulen in ihrem Rücken wurde lauter. Eine ganze Horde leichtfüßiger, langbeiniger Fabelwesen trampelte wie eine Gruppe Nashörner durch das Dickicht, ihnen dicht auf den Fersen.
Die Stämme vibrierten von ihren schrecklichen Gesängen und Vögel überholten die zwei Flüchtigen.

Maze konnte sich nicht vorstellen, was diesen Wesen einen so bezaubernden Charme gab, dass manche ihnen freiwillig in den Tod folgten. Ohne langsamer zu werden, packte er Elayn am Oberarm und zog sie zurück auf die Füße. Gerade rechtzeitig, als die erste Waldelfe zwischen den Bäumen hervorbrach. Ihre langen schwarzen Haare flatterten wie ein Banner hinter ihr her.

„Oh, Mist."
Maze wollte sich umdrehen, doch da hatte sie ihn erwischt, und schleuderte ihn wie eine Puppe gegen den nächsten Baumstamm. Mit einem dumpfen Laut wurde die Luft aus ihm gezwungen und er fiel ins Moos. Das Bild der ausschwärmenden Waldelfen verdoppelte sich und verschwamm in den Konturen.
Dunkle Flüssigkeit sickerte aus dem Baum. Oder aus ihm?

Elayn ließ prompt ihr Schwert fallen. Mit riesigen Augen beobachtete sie, wie immer mehr der wütenden Frauen sich zu ihnen auf die Lichtung drängten, ein jede unwiderstehlich und beängstigend zugleich.
Wie Raubtiere duckten sie sich, die Zähne gebleckt.

„Tut mir nichts, dann tu ich euch auch nichts?"

Noch mehr Fauchen und Zischen. Aber zumindest griffen sie nicht an.

Mühsam rappelte Maze sich auf, eine Hand fest an seine schmerzende Seite gepresst. Jeder Atemzug brannte wie Rila- Branntwein in seiner Lunge und der Boden schwankte bei jedem Schritt.
„Ich bin zu schön zum Sterben."

Elayns Herz stolperte über seinen eigenen Rhythmus.
„Maze, dreh dich um! Wenn du sie ansiehst, bist du ihnen ausgeliefert!" Sie wollte auf ihn zukommen, doch eine Waldelfe trat ihr in den Weg.

Und es war sowieso zu spät. Mit einem letzten Kopfschütteln klärte der Sucher seine Sicht und wäre im nächsten Moment beinahe wieder in die Knie gegangen. Es war, als wäre ein Schleier von der Welt gefallen. Farben wurden intensiver, Gerüche berauschend. Das Schwindelgefühl nahm zu, doch es störte ihn nicht weiter.
„Sie... sie sind... wunderschön."

Jagd der Nebelflüsterer - Der Wunschdompteurحيث تعيش القصص. اكتشف الآن