5- "Wirklif?"

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"Nach mehreren Ereignissen, in denen entlaufene Genträger ein Blutbad in zwei Städten anrichtete, verbat der König zu großem Ärger der Bevölkerung die öffentlichen Kampfarenen. 
Genträger durften nicht länger zur Belustigung gehalten werden. Wer einen Genträger bewaffnete, musste mit ernsthaften Konsequenzen rechnen, bis zu einer Haftstrafe in Tenur. 
Dies drängte die Veranstalter in den Untergrund und rief die Menschenhändler ins Leben, die sich ihre eigene Nische in der Beschaffung von Genträgern schufen. 
Über fünf Jahre schlossen die Soldaten Kaelchons immer wieder illegalen Etablissements in denen MVeT-Träger bis auf den Tod miteinander kämpften. Trotzdem wird davon ausgegangen, dass einige von ihnen weiterhin existieren." 

- Lional Frank, "Die Geschichte der letzten fünf Jahrzehnte", S. 145

✥✥✥ 

           Es war nicht ohne Grund die Stadt der tausend Sterne. Unzählige Lichter erhellten die längste Nacht des Jahres in Belhem und wiesen den Menschenmassen ihren Weg. Wachs der Kerzen sammelte sich auf den Fenstersimsen oder tropfte von dem Stufen vor den Haustüren, ihre Farben im Dunkel des Himmels ergraut. Selbst das Universitätsgebäude wurde von fünf Dutzend Windlichtern erleuchtet. Ein eisiger Wind wog sie in ihren Halterungen hin und her und sang sein Schlaflied.

„Du hast dir die beste verdammte Nacht ausgesucht, um hier aufzutauchen." Lachend quetschte Hillow sich zwischen tanzenden Pärchen hindurch, deren Mäntel über die Ziegelsteine der Straßen fegten. Ein Fidler begleitete sie in einer traumhaften Melodie, die sie die Lider schließen ließ.

Maze folgte ihr mit einigen Schritten Abstand. Staunend starrte er in jede Richtung, von den Händlern, hinüber zu den Schattenkünstlern, den Spielleuten und spielenden Kindern. Ihre Faszination spiegelte sich mit den Lichtern in seinen Augen.

Grinsend lief Hillow zu ihm zurück und nahm in an der Hand. Nur, um vor dem Morgengrauen anzukommen. Mit Mühe zog sie ihn von einem Feuerwerk-Stand fort, der von einem Inkognito-Alchemisten betrieben wurde.
„Was ist los? Hast du noch nie eine Wintersonnenwende erlebt?"

Maze brauchte einen Moment, ehe die Frage an all den Eindrücken vorbei in seinem Verstand anklang.
„In Primwood Hall fällt die nicht ganz so groß aus", erwiderte er abwesend, bereits auf den nächsten Kerzenhändler zusteuernd.

Über ihre Schulter warf Hillow ihm einen kritischen Blick zu.
„Und du warst nie außerhalb dieser Bruchbude?" Ehe er antwortete, fiel ihre Aufmerksamkeit auf einen Bäcker, der in Milch getränkte Backwerke anpries. Sie zögerte nicht einmal einen Herzschlag. Die Münzen zwischen ihren Fingern schimmerte verdächtig violett, als sie sie dem dicken Händler in die Hand drückte und sich zwei Gebäcke schnappte.

Mazes urteilenden Blick ignorierte sie.
Primwood Hall ist keine Bruchbude", brummte er schließlich, als er vorsichtig die tropfende Teigtasche entgegennahm, „Es ist mein Zuhause."

„Wirklif?" Alles in einem Haps verschlingend, zog ihn weiter in die Menschenmassen hinein, ehe dem Bäcker auffiel, dass sich die Münzen gleich wieder auflösen würden, „Wo bift du geboren worden?"

Der schwarzhaarige Junge zuckte mit den Schultern, doch seine zusammengezogenen Augenbrauen kündigten die halbe Lüge an.
„Ich erinnere mich nicht. Kenrik sagt, meine Eltern haben mich beim ersten Anzeichen meiner Begabung bei ihm abgegeben. Vermutlich war ich zu schön. Glaub mir, dieses Gesicht ist ein Fluch. Seitdem habe ich die Schule nur für Außeneinsätze verlassen."
Skeptisch biss er ebenfalls von dem Gebäck ab.

Hillow ging nicht darauf ein. Wenn das die Geschichte war, mit der er leben wollte, fein. Sie würde sich ihm nicht aufdrängen.

Eine Gruppe Mädchen am Straßenrand kicherten, als sie ihn mit der Milch kämpfen sahen.
Hillow verdrehte die Augen. Als ob dieser Kerl noch mehr Verehrerinnen brauchte. Auch jetzt winkte er ihnen zu, als sei er der König persönlich.

Jagd der Nebelflüsterer - Der WunschdompteurWhere stories live. Discover now