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Dina saß noch am Tisch, als die anderen schon unterwegs waren und Beatrice und die Kinder zum Frühstück kamen. Am Wochenende schliefen sie immer lang, ein Konzept, das Dina völlig unbegreiflich war. Nach sechs hielt sie es einfach nicht mehr im Bett aus, selbst wenn sie dann noch Kaffee brauchte, um funktionstüchtig zu sein.

Die Hunde waren versorgt, die erste Gassirunde war die zur Bäckerei gewesen, und jetzt saß sie hier und wartete. Es war vollkommen unsinnig, aber sie wollte, dass Jodie anrief und vorschlug, sich im Park zu treffen, oder auf der Langen Wiese, und war sich sicher, dass das genau dann passieren würde, wenn sie jetzt irgendetwas anfing.

«Ich hab geträumt, ich wäre tauchen», erzählte Sofia. «Gestern im Museum haben wir nämlich einen Fischsaurier gesehen und der war sooo groß. Hey, mach mal mit.» Mit dem Ellenbogen stieß sie ihren Bruder an, der ihr assistierte. «Na, ja, noch größer, eigentlich. Aber du warst ja bestimmt auch schon da, oder?»

«Ich kenne den Fischsaurier. Und ich war schon sehr, sehr oft im Museum, schon, als ich so alt war wie ihr.» Wie sie das sagte, fühlte sie sich alt, dabei war das doch erst knapp zwanzig Jahre her. «War der Fischsaurier denn auch in deinem Traum?»

Sofia nickte. «Wir sind zusammen getaucht, ganz, ganz tief. Dann bin ich durch ein Loch im Meeresboden gefallen und aufgewacht.»

«Klar, weil du aus deinem Traum in dein Bett gefallen bist.» Antonio sah sie überrascht an. «Genau wie ich! Ich war nämlich in einem alten Tempel und dann war da plötzlich eine Fallgrube, über die ich springen wollte. Aber die ist dann immer größer geworden und war unendlich tief. Meinst du, ich träume heute Nacht weiter?»

«Ganz bestimmt nicht, wenn du wieder so lange liest, obwohl wir eigentlich schon das Licht ausgemacht haben», tadelte Beatrice liebevoll. «Dann hast du ja gar keine Zeit.»

«Aber Mama! Ich konnte so lange überhaupt noch nicht lesen, das muss ich ja alles irgendwann nachholen!»

«Dafür haben wir euch ja vorgelesen.» Dina sprang Beatrice nicht bewusst bei. Sie erinnerte sich nur sehr gern daran, wie unter Kindern und Erwachsenen immer darüber debattiert wurde, wer dran war, weil alle wollten und sollten. Wobei natürlich völlig außer Frage stand, dass Oma die beste Vorleserin war. Immer gewesen.

«Das war auch schön», gab der Junge zu. «Was hast du eigentlich geträumt, Dina?»

Die ehrliche Antwort, dass sie sich kaum erinnerte, wann sie überhaupt geschlafen hatte, war ziemlich langweilig. «Von einem gemütlichen Tag mit Kuschelpullover», war also ihre halb ehrliche Antwort. Denn dass es Wachträume waren und sie den Pullover nicht selbst getragen hatte, tat nichts zur Sache.

«Wie gut, dass du noch da bist, Dina!» Aus dem Salon kam Tante Fernanda in die Küche, wühlte in ihrer Tasche. «Ich hab doch gestern ein paar Broschüren eingesteckt, weil ich dachte, dich interessiert vielleicht was davon.» Sie reichte ihr einen ganzen Stapel Papier.

«Danke.» Dina schob ihren leeren Teller zur Seite, um die Beute vor sich ausbreiten zu können. Manchmal, wenn sie schon eine Weile da war, vergaß man leicht, dass Tante Fernanda auch sehr lieb sein konnte.

Traditionell endete der Sonntagsspaziergang im Café an der Strandpromenade. Im Sommer konnte man sich hier kaum vor Touristen retten, im Winter war viel weniger los als in den anderen Standorten. Nur echte Genießer, Freunde der Familie und Leute mit Hunden interessierten sich bei diesen Außentemperaturen für Eis.

Und Jodie, wie es aussah, die an dem Tisch saß, der normalerweise Luigi, Leonardo oder ihr vorbehalten war. Dina erkannte sie an dem Schal, der nachlässig hingeworfen über der Stuhllehne hing. Er fiel fast herunter, als sie sich auf ein Zeichen von Rudolpho an der Theke hin umwandte. «Hi!», rief sie halblaut und hob zögerlich die Hand, um zu winken.

Kinder ihrer ElternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt