20. Artgenossen

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Es war nicht außergewöhnlich schwer an Wooyoung heran zu kommen. Schwerer würde es werden ihn in seinem begrenzten und vergessenen Englisch zu erklären, was mein Problem war und nach wem ich genau suchte.

Ich glaubte auch nicht, dass er mich erkannte, auch wenn sich ein großes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete, als er bemerkte, dass ich direkt auf ihn zu hielt.

Zumindest Yeosang wusste von unserer gemeinsamen Kindheit und hatte mich ermuntert auf den anderen Mann zu zu gehen, mich so gut wie möglich zu verständigen und nach Kräften auch zu lernen.

Hongjoong hatte zwar auch angefangen mir abends gelegentlich spanische Wörter beizubringen, aber viel erreichte ich mit diesen noch nicht.

"Hallo... Wooyoung.", grüßte ich den Mann also normal, er war der Chef der Kanonen und Ausbilder für die Schützen an Bord, weswegen es um ihn stets nach Schießpulver roch und meistens hatte er auch schwarze Spuren davon im Gesicht.

So auch heute, sein zart violettes Haar, das beinahe silbern wirkte, ein scharfer Kontrast zu dem Kogl um seine Augen und den schwarzen Schmieren auf seiner Haut.

Die Begrüßung bekam er noch zusammen, ab dann wurde es etwas komplizierter. Ich versuchte ihm zuerst zu erklären, dass wir uns bereits kannten und er kam irgendwann durch Youngjaes Namen darauf, aber alles weitere begriff er nicht. Es war auch durchaus nachvollziehbar und abends erkundigte ich mich sofort bei Hongjoong, wann wir die nächste Insel erreichen würden, damit ich für den anderen im Sand malen konnte.

Etwas in mir sträubte sich danach einen der anderen zu fragen mir zu übersetzen, ich bekam das Gefühl, dass ich damit als Hexe gebrandmarkt werden und die ohnehin unruhige Crew weiter erzürnen würde.

Honjoong versicherte mir allerdings, dass Seonghwas Heimatinsel nahe war und sie dort vor Anker gehen würden, damit der Mann seine Familie besuchen konnte und sie neuen Proviant auftreiben konnten.

Ich war zufrieden mit dieser Antwort und saß noch bis zum Morgengrauen an Hongjoongs Schulter gelehnt mit ihm unter einer Decke an Deck und sah in die Sterne.

-

Am nächsten Morgen war ein weiterer Zentimeter meiner Haare weiß und ich spielte mit dem Gedanken sie abzuschneiden, war mir aber sicher, dass ich damit nicht viel bezwecken würde.

Wir gingen bald schon an der Westküste der Insel vor Anker und die Crew verstreute sich, Mingi begleitete Seonghwa und Yeosang in die Stadt, während der Kapitän schlafen ging und der Rest der Generäle Wache hielt, die übrigen Männer gingen spielen, sollte sich allerdings gesittet benehmen.

Wooyoung und ich fanden ein schattiges Plätzchen am Strand und ich nahm einen Stock, um ihm alles zu erklären.

Ich zeichnete mich mit Akuma in unserem Haus, Youngjaes Affinität mit mir, den Vorfall mit dem Angriff und schließlich meine unglaubliche Reise mit den Götterfängern. Danach wartete ich geduldig, während sich Wooyoung aufmerksam das Bild besah, sich nachdenklich das gebräunte Kinn rieb.

Als er sich dann rührte, war es, um nach dem Stock zu greifen und neben meine Figur eine weitere zu zeichnen, klein, höchstens halb so groß wie die meine und mit einem Strich im Gesicht. Von dieser Figur aus gab es auch einen Pfeil, der auf mich deutete. Ein Pfeil, über dem ein großes Herz schwebte.

Fragend deutete ich darauf und Wooyoung grinste mir eckig zu, ließ ein hohes Kichern hören.

"Hongjoong.", war alles, was er sagte und ich warf mich dramatisch auf ihm, versuchte ihn so gut wir möglich mit Sand zu ersticken, während sein schrilles Lachen über den Strand perlte.

Wir schreckten damit San auf, der im Krähennest ein Nickerchen gemacht hatte, und der binnen Sekunden bei uns unten war, um sich ins Getümmel zu stürzen, kaum weniger hoch als Wooyoung zu lachen.

Ich wurde irgendwann besiegt und ergab mich lachend, nachdem San versucht hatte mir einen Seestern unter das Oberteil zu stecken.

Während ich noch schwer atmend am Boden lag und mit Wooyungs Haaren spielte, die an meinem Oberschenkel ruhten, wurde nun auch der eigenartige Mann auf das teils verwischte Bild im Sand aufmerksam.

"Ah, es ist nichts, ich wollte im bloß eine Geschichte erzählen.", spielte ich es schluckend herunter und setzte mich auf, um die Hand nach dem Bild auszustrecken, es zu verwischen.

San fing mich allerdings ab und brachte mich mit einem Blick zu schweigen, dann erteilte er Wooyoung einen Befehl und der Mann rannte zum Schiff hin davon.

"Ich bin keine Hexe, versprochen."

"Ein Werwolf vielleicht?"

Er grinste mich wieder so seltsam an und hob dann den Blick, als der Kapitän vom Schiff herab kam, sich gähnend streckte.

"San, bitte.", versuchte ich es leise, aber er schüttelte stur den Kopf, ließ mein Handgelenk nicht los.

"Ich will es ihm nur zeigen."

"Was wollt ihr mir zeigen?", erkundigte Hongjoong sich in einem perfekten Französisch und mir fiel die Kinnlade herab, als er neugierig neben uns in die Hocke ging und unwirsch Sans Hand weg schlug.

Die Wunde in seinem Gesicht war wieder so gut wie verheilt und hob sich kaum noch von seiner Narbe ab, momentan tanzte nur das Sonnenlicht durch die Schatten der Bäume über seine feinen Züge, glänzte in seinen meerhaften Augen.

Mein Herz hüpfte ein Stückchen in seine Richtung und ich riss mich zusammen, wartete angespannt auf seine Reaktion, während er bloß analysierte. Leider Gottes hatten wir den Teil, den Wooyoung gemalt hatte, nicht verwischen können und San machte nur weiter darauf aufmerksam, indem er nun kichernd auch einen Pfeil von mir aus zu Hongjoong hinzufügte.

Ich kickte ihn.

"Was denkst du, Cap?"

"Ich denke Yunho hatte Recht... Du warst auch dort, warum ist dir das nicht aufgefallen?", schalt Hongjoong sofort seinen Mann und der hob abwahrend die Hände.

"Hey! Ich war dort, um Jongho zu retten, nicht um die Jungfer in Nöten zu befreien. Also ich meine doch, schon irgendwie, aber nicht diese hier!"

Hongjoong grinste ihn schmutzig an.

"Wer will mir erklären, was hier gerade vor sich geht?", machte ich leise auf mich aufmerksam und lächelte verlegen, als die beiden mich sofort fokussierten.

"Vorab eine Frage und ich hätte gerne eine ehrliche Antwort darauf."

Gespannt sah ich Hongjoong an, meine Nervosität gemischt mit Aufregung unter seinem Blick und unruhig verknotete ich meine Finger ineinander.

"Aber natürlich."

Die Welt verschwand, als er etwas näher rutschte, vor mir kniete, um seine Hände sanft auf meine Schultern zu legen, behutsam zuzudrücken.

"Warum ist meine Figur so klein, hast du sie gemalt? Auf meinem Schiff respektiert mich ohnehin niemand, aber ich dachte, dass ich zumindest bei dir-"

"Es war Wooyoung.", fiel ich lachend ein und sein ernstes Gesicht verzog sich sofort zu maßloser Enttäuschung, bevor er wie ein wütender Zwerg aufsprang und losrannte, um wild nach Wooyoung zu rufen, die wüsten Verwünschungen ließen nicht lange auf sich warten.

"Ich dachte er wollte mir erklären, was hier los war..."

San rutschte charmant etwas näher, stemmte eine Hand direkt auf unser Kunstwerk und verwischte damit die Götterfänger um mich, während er mir abermals die zweite Hand hin streckte.

"Gut, dass ich noch da bin. Er wollte dir sagen, dass wir von der gleichen Sorte sind. Ich bin Loki, freut mich."

KawaakariWhere stories live. Discover now