3. Gift

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Ich erwachte vom regen Murmeln von leisen Stimmen um mich herum, hauptsächlich Männerstimmen, aber hin und wieder meldete sich auch eine mir sehr vertraute Frauenstimme zu Wort.

Zuerst merkte es niemand, dass ich wach war, aber als ich mich dann leise räusperte, um zu fragen, was genau denn nun los war, war Emily sofort an meiner Seite und griff besorgt nach meiner Hand. Sie sah schlaflos und unruhig aus, ihre Augen hektisch.

"Tsukiko! Gott sei Dank bist du wieder bei uns, wie fühlst du dich?" Sie redete auch zu schnell und heiser, ich bemerkte, wie Tristan sofort an ihre Seite trat, um ihr fürsorglich eine Hand auf die angespannte Schulter zu legen.

"Ziemlich normal... Ich weiß nur nicht genau, was passiert ist. Warum bin ich ohnmächtig geworden?", erkundigte ich mich außerordentlich verwirrt und setzte mich dann langsam auf, als noch zwei Männer an das Bett traten. Einer war Lord Jung, der Fremde vom Ballabend und der Zweite war ein großer, blonder Mann, der ihn begleitete. Der Neuling trug einen fast bodenlangen, schwarzen Umhang und wenn er nicht so jung wäre, dann hätte ich ihn wohl mit einem Priester verwechselt.

"Erlaubt mir Euch aufzuklären, Fräulein Hoshikawa. Ihr wurdet gestern in der Frühe vergiftet und habt abends die betäubenden Auswirkungen davon zu spüren bekommen.", sagte er in einer angenehmen Stimme, klang wie als sei er nicht von hier und ratlos musterte ich ihn.

"Das wage ich zu bezweifeln. Ich habe mir kein Gift zugeführt."

Emily war es, die nun behutsam die Hand nach mir ausstreckte und eine Hand an meinen Hals legte, mit den Fingern über eine Stelle strich, die beim Kontakt dumpf zu pochen begann.

"Du wurdest angegriffen. Lysander erzählte uns von deiner eigenartigen Begegnung im Garten, es muss dieser gruselige Mann gewesen sein. Wir haben versucht ihn zu finden, aber..." Sie klang bedauernd und konfus strich auch ich über die betroffene Stelle, konnte nichts ertasten.

"Und was exakt soll das hier nun bedeuten? Ich verstehe nicht..."

Lord Jung trat vorwärts.

"Nun, das ist die Stelle, in der wir beide" er deutete auf seinen Freund und sich "in's Spiel kommen. Wir sind Mitglieder des lokalen A.D.G.F und haben gestern nicht nur die Quelle Eurer rätselhaften Flammen ausfindig gemacht, sondern außerdem den Befehl erhalten Euch ein Gegengift ausfindig zu machen. Sollte uns dies nicht gelingen, so werdet ihr binnen wenigen Monaten sterben."

Emily sah bedrückt aus, aber nicht überrascht, anders als ich, die den Mann mit offenem Mund anstarrte.

"Einen Moment, also schwebe ich in diesem Moment in Lebensgefahr?", versicherte ich mich überrascht, nie war einer meiner seltsamen Besucher so weit gegangen mich tatsächlich in Lebensgefahr zu bringen.

"Ja, tut uns außerordentlich leid. Ihr werdet dazu angehalten unser Hauptquartier aufzusuchen und Euch dort alles erklären zu lassen, da dieser Fall nun doch etwas, hmm, übersinnlich ist. Sobald Ihr Euch dazu bereit fühlt, können wir Euch hin begleiten.", redete er wie ein Wasserfall und ich sah skeptisch von ihm zu seinem Freund und dann zur besorgten Emily.

"Stimmt es, was er sagt?", erkundigte ich mich gedämpft und sie nickte zaghaft, griff wieder nach meiner Hand.

"Tristan hat nun seit einiger Zeit Kontakte mit ihnen. Am Anfang waren sie mir auch suspekt, aber inzwischen weiß ich, dass ich ihnen trauen kann. Ich fürchte, sie sind unsere einzige Hoffnung."

Es war nicht nachzuvollziehen in Lebensgefahr zu schweben. Nichts fühlte sich anders an, aber dennoch schien es das zu sein.

"Ich bin bereit, wenn Ihr es seid."

Ich konnte es kaum erwarten all den Hirngespinsten auf den Grund zu gehen und Emily wieder zum Lächeln zu bringen.

-

Emily fürchtete noch immer um meine Gesundheit, aber nach langem Reden schaffte ich es sie zu überzeugen, dass es mir gut ging und ich ja immerhin diese beiden Gentlemen hatte, die mir den Weg weisen konnten. Der Zweite hatte sich als ein Lord Choi herausgestellt und wirkte so vollkommen unterschiedlich von Lord Jung, obwohl sie sehr vertraut miteinander schienen.

Ich kletterte gemeinsam mit ihnen in die Kutsche und konnte es kaum erwarten endlich Antworten zu bekommen.

"Also... Was ist das, wie war es, A.E.G.F?", war meine erste Frage und die Mundwinkel des jungen Lords zuckten nach oben, verleihten seinen vollen Lippen eine hübsche Form.

"A.D.G.F. ist kurz für Aufräum-Dienst für göttliche Fehltritte. Es ist sehr komplex und schwer zu durchblicken, aber in Kurzform sind wir etwas wie Monsterjäger.", berichtete er mir und beobachtete mich dann aufmerksam auf meine Reaktionen, während die Kutsche sanft ruckelte.

"Monsterjäger, hm?" Es war vergleichsweise einfach für mich ihnen das abzukaufen, war mein Leben doch selbst etwas unglaublich. Dennoch brauchte ich natürlich mehr Anhaltspunkte.

"Wir schützen die Menschen vor allerlei Gefahren und sind deswegen verpflichtet Euer Leben zu retten. Der Angriff wurde von einem der Monster verursacht, um die wir uns kümmern.", hängte er weiter an und ich sah von ihm zu dem sehr leisen Choi-Jungen, der bloß aus dem Fenster hinaus sah und übermäßig oft blinzelte.

"Und die Flammen?"

"Auch die Flammen. Während wir beide uns gestern so gut unterhalten haben, hat Junhongie sich um die Flammen gekümmert. Sie werden Euch nicht mehr belästigen."

Es war interessant, faszinierend sogar, aber dennoch etwas schwer zu glauben. Wie hatte ich nie von ihnen gehört?

"Wenn wir im Hauptquartier sind, wird Euch unser Chef mehr darüber erzählen können. Ihr kennt ihn bereits. Er ist der gnädige Prinz des östlichen Reiches."

Natürlich kannte ich ihn, ja. Auch wenn ich bisher nie davon gehört hatte, dass er in derartige Organisationen verstrickt war. Es erschien sinnvoll in Anbetracht dessen, dass die Regierungsoberhäupte natürlich auch damit zu tun hatten und sich um das Wohl ihrer Untertanen sorgten.

"Wir sind derzeit sechs Leute dort. Es ist keine gigantische Sache, aber darüber wird er Euch mehr erzählen können. Sagt mir nun, was wünscht Ihr Euch zum Abendmahl? Wenn ich ein paar Vorschläge machen dürfte..."

Damit redete er weiter und weiter, sprang von einem Thema zum nächsten, bis wir dort waren. Lord Choi blieb still an unserer Seite und lauschte uns bloß, ab und zu tanzte ein kleines Lächeln um seine Mundwinkel, aber ansonsten war er ein vollkommenes Gegenteil von dem leicht aufgebrachten Lord Jung.

Ich fand mich schnell ein und fand sogar eine gemeinsame Leidenschaft für Hunde mit dem gesprächigen Lord, wusste mir meine Zeit zu vertreiben.

Es wurde schnell klar, dass sollte ich mehr Zeit in ihrer Nähe verbringen müssen, um nach einem Gegengift zu forschen, mussten wir die Wohnbedingungen anpassen. Die lange Kutschfahrt ließ meinen Rücken steif werden.

KawaakariWhere stories live. Discover now