4. Der A.D.G.F.

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Das Anwesen, auf das wir zu hielten, war meinem nicht unähnlich, bloß ohne den gewohnten japanischen Garten. Wie viele Anwesen hatte es hübsche Ziertürme und Säulen, wie auch Treppen, wie vor wenigen Anwesen allerdings erwartete uns ein riesiger Wolf in der Auffahrt.

"Ah, das ist Fenris, er gehört zu Jongup.", erklärte Lord Jung mir auf meinen entsetzten Blick hin, als der Wolf auf die Kutsche zu gesprungen kam, in grauen Rauch überzugehen schien, wenn er sich abstieß. Ich hatte Respekt davor, wie er mir vermutlich bis zur Schulter ging und nur aus spitzen Zähnen zu bestehen schien.

"Er... Er ist ein Wolf?", stellte ich nochmal klar, weniger um mich davon zu überzeugen, sondern um sie hoffentlich auf die potenzielle Gefahr aufmerksam zu machen.

"Er ist ganz zahm. Und nicht so viel größer, als Euer eigener Wolfshund, Mylady. Sorgt Euch nicht."

Ich tat es dennoch, beobachtete besorgt, wie der Wolf neben der Gruppe einher trabte, ab und zu absolut mörderisch und wild meinen Blick traf.

Ich presste mich mit einem Schaudern enger an die gegenüberliegende Kutschwand und fokussierte schluckend Lord Chois Gesicht, seine jungen Augen beruhigten mich und ließen mich wenigstens etwas sicherer fühlen.

Dann hielten wir allerdings an und es wurde Zeit auszusteigen.

Lord Jung kletterte uns voraus und empfing sofort den Wolf, ließ sich lachend das Gesicht abschlecken, während ich noch zögerte.

Mit einem mitfühlenden Lächeln ging Lord Choi ebenfalls und reichte mir von draußen seine behandschuhte Hand, half mir die Stufen hinab. Hin und her gerissen meine Balance zu halten und den grauenhaften Wolf im Auge zu behalten, hielt ich mich nah bei seiner Seite.

"Ich sagte Euch doch er tut nichts.", grinste Lord Jung mich strahlend an, sein ganzes Gesicht reagierte faltenreich auf die Geste und im nächsten Moment bereits schrie er auf, als die Pfoten des Wolfes auf seinen Schultern landeten und er ihn zu Boden drückte.

Immerhin trug er ohnehin schon Ocker, der Staub der Straße fiel nicht großartig auf.

"H-Hey, junger Freund, du musst mich schon gehen lassen, die Lady braucht eine Eskorte!", protestierte er dann schon lachend und ich war einfach froh, dass ich in Ruhe gelassen wurde.

"Lass dich nicht stören, Dae. Ich bringe sie hinein.", lächelte dann allerdings der Mann an meiner Seite frech, während Daehyun noch lachend mit dem grollenden Wolf rang, sich weder vom Boden noch tödlichen Zähnen dabei stören ließ.

Es war ein zutiefst verstörender Anblick.

Ich verdeckte meinen Schock mit der Hand und vertraute dann Lord Choi, der mich ohne weiteres Zögern davon führte, sich auch nicht noch einmal nach dem anderen Mann umsah.

"Das war eine seltsame Begegnung.", bemerkte ich schwach, während wir die Stufen zum Haus erklommen, der weiße Marmor sich gut mit dem hellen Braun meines Reisekleides vertrug.

"Ihr werdet sie noch öfter zu sehen bekommen, fürchte ich.", lächelte er entschuldigend und mir fiel ein Grübchen in seiner rechten Wange auf und meine Hand zuckte beinahe hoch, als ich von der sich öffnenden Tür abgelenkt wurde.

Sie war doppelflüglig und der Mann, der sie mit Schwung öffnete und hinaus trat sah nicht aus wie ein Diener.

"Willkommen zurück, Junhong. Lady Hoshikawa, es ist mir eine Freude Euch in unserem bescheidenen Quartier begrüßen zu dürfen.", verkündete er laut und verbeugte sich dann überschwänglich, wie ein städtischer Tänzer, nur hielt er den Arm dabei falsch.

"Wer ist das?", flüsterte ich konfus Lord Choi zu, der bestimmt anderthalb Köpfe mehr maß als ich und der schüttelte bloß seufzend das Haupt.

Der Mann vor uns richtete sich wieder auf und ich zuckte zurück, als ich seinen Blick traf, kannte diese verschlagenen, fuchsartigen Augen und vollen Wangen bestens.

"Oh... Welch Überraschung Euch hier zu sehen, Lord Yoo." Ich löste meinen Arm aus Junhongs, um artig zu knicksen, ließ es dann zu, dass der Dunkelhaarige meine Hand küsste.

"Die Freude ist ganz meinerseits. Welch Zufall einander hier wiederzutreffen, nicht? Habt Ihr bereits über mein Angebot nachgedacht?" Er grinste von über meiner Hand zu mir auf und ich beeilte mich den Kontakt zu beenden und wieder einen Schritt zurück zu treten.

"Wir sollten das privat besprechen. Ich bin nicht deswegen hier.", stellte ich errötend klar und er grinste nur schief, bevor er mir seinen Arm bot.

"Junhong, geh bitte Daehyun einsammeln, er soll anwesend sein. Ich übernehme diese Schönheit hier."

Der große Mann gehorchte sofort und wandte sich um, während ich noch etwas zögerte nach dem Arm des jungen Mannes zu greifen.

"Ich werde Euch nicht beißen, aber Fenris könnte es tun, wenn wir hier zu lange verweilen.", grinste er mir schief zu und auch wenn ich wusste, dass es nicht stimmte, so legte ich es nicht darauf an und ergriff seufzend seinen gebotenen Arm. Er war gekleidet in ein weißes Hemd und schwarze Hosen, hätte vermutlich attraktiv gewirkt, würde ich ihn nicht kennen.

Er war ein berüchtigter Weiberheld und tendierte dazu die unerfahrenen Mädchen im Dorf zu verführen, der Adel sah ihn weniger gern.

"Ich hörte, dass Prinz Bang diese Organisation leitet? Darf ich fragen, welcher von beiden?"

Die Bang Familie war das Königsgeschlecht im Osten. Die Thronfolgerin war deren älteste Tochter und dann gab es noch ein Zwillingspaar, wie es unterschiedlicher nicht sein konnte. Yongnam war der ältere, sozial und immerzu dabei die Öffentlichkeit mit seinem Charme zu betören. Yongguk war der jüngere von beiden und trotz dem gleichen Gesicht das elementare Gegenteil. Er zog es vor alleine daheim zu bleiben, der Kunst und Musik nach zu gehen und zu lesen. Ich war mir sicher, dass die Hälfte der alten, königlichen Bibliothek nur wegen ihm dort war.

"Ihr habt drei Versuche das zu erraten.", bemerkte Lord Yoo trocken und natürlich, es konnte wohl kaum Yongnam sein.

"Er ist momentan leider nicht im Haus, also wird sein Stellvertreter Euch alles erklären. Nächstes Mal werdet Ihr dann miteinander vertraut gemacht."

Er führte mich durch eine elegante Eingangshalle und eine T-Treppe nach links hin hoch. Wir passierten zwei Türen, bevor er an der Dritten klopfte.

"Nach oben wäre dann Yongguk." Er nickte zu der Wendeltreppe im Zentrum der nächsten Wand hin, die symmetrisch zu der anderen Treppe nach oben verschwand. Von hier aus konnte man über die Eingangshalle und den pompösen Kronleuchter hinaus sehen.

Ich nickte, sah mich weiter nach dem Buntglasfenster über dem T um, bewunderte die roten Teppiche und das dunkle Holz des Bodens.

Erst, als vor uns die Tür auf ging, schnappte meine Aufmerksamkeit wieder zurück und ich traf den Blick eines großen, dunkelhaarigen Mannes, der aus kalkulierenden Augen auf mich hinab sah.

Ich knickste höflich, während unten nun auch die beiden anderen Lords plaudernd die Halle betraten.

"Himchan, das hier ist Lady Hoshikawa. Mylady, das hier ist Fürst Kim, unser Stellvertreter.", machte Lord Yoo uns schnell vertraut, der Fürst nickte mir vorsichtig zu, während der letzte im Bunde sich den beiden Plaudertaschen zuwandte.

"Wo habt ihr denn- Ah, ist Jongup überhaupt hier?", erkundigte er sich konfus bei ihnen, während Himchan mich in seine Räumlichkeiten hinein winkte, es stellte sich als deren Salon heraus.

"Negativ, er und Bbang werden morgen dann mit all dem aufholen.", hörte ich Lord Jung sagen, bevor er sich prompt nach dem Abendessen erkundigte.

Ich nahm graziös gegenüber von dem Fürsten Platz.

"Nun denn, warum bin ich hier?"

KawaakariWhere stories live. Discover now