Die Böse der Geschichte

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"Wir müssen ihn sofort finden!", rief Snow panisch.

"Ich werde zu ihr gehen", erwiderte Emma entschlossen. Sie hatten keine Zeit, um zu diskutieren.

"Nicht alleine. Das ist viel zu gefährlich." Snow sah hilfesuchend zu David.

Emma jedoch schnappte sich ihre Jacke. "Sie wird Henry nichts tun. Da bin ich mir absolut sicher. Sie ist immer noch Regina."

"Aber dir wird sie etwas tun, Emma! Du hast es doch gehört. Sie ist nicht gut auf irgendeinen von uns zu sprechen."

Emma hatte ihre Mom schon lange nicht mehr so angsterfüllt erlebt. Aber sie konnte da keine Rücksicht drauf nehmen. Auch wenn sie sich sicher war, dass Regina Henry niemals verletzten würde, konnte sie ihn dennoch keine Sekunde länger bei ihr lassen.

Also teleportierte sich Emma direkt in Reginas Anwesen.

Regina saß an ihrem Esstisch mit einem Glas Apfelwein in der Hand und grinste zufrieden, als hätte sie Emma erwartet.

"Wo ist Henry?", fragte Emma und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.

"In seinem Zimmer." Das Grinsen wich nicht aus ihrem Gesicht.

Unwillkürlich fragte Emma sich, warum Regina ihr Anwesen nicht mit einem Zauber vor Eindringlingen geschützt hatte. Es sei denn... Regina hatte Emma wirklich erwartet. War das eine Falle?

Emma hob ihre Hand, um sich in Henrys Zimmer zu teleportieren. Sie fühlte wie die Magie durch ihre Adern floss, doch es geschah nichts. Irgendetwas blockierte ihre Magie. Snow hatte recht gehabt, dass es unklug war, sich alleine in die Höhle des Löwen zu begeben.

Regina sah Emmas unsicheren Gesichtsausdruck und lachte schadenfroh. "Er ist mein Sohn. Denkst du etwa, ich würde ihn kampflos aufgeben?"

"Willst du ihn zwingen, bei dir zu bleiben? Denn das wirst du wohl tun müssen."

"Das wird nicht nötig sein. Warte ab, bald wird er hier gar nicht mehr fort wollen." Wieder schlich sich dieses siegessichere Lächeln in ihr Gesicht.

Emma wusste, dass Regina damals als böse Königin und auch in Storybrooke verzweifelt versucht hatte, Menschen an sich zu binden und sie dazu zu bringen, Regina zu lieben. Emma hatte die Geschichte von Owen beziehungsweise Greg erfahren und sie hatte es bei Henry selbst miterlebt. Aber mittlerweile müsste Regina doch gelernt haben, dass es so nicht funktionieren kann.

"Mit Magie?", fragte Emma, um zu erfahren, was genau sie vor hatte.

"Oh nein." Regina stand in einer geschmeidigen Bewegung auf. "Das habe ich nicht nötig. Du unterschätzt mich, Emma." Sie ging einige Schritte bis sie kurz vor Emma stehen blieb.

"Was hast du geplant?" Emma sah ihr direkt in die kalten dunklen Augen.

"Geplant?" Regina lachte. "Du glaubst, das hier wäre eine Falle, nicht wahr? Dass ich dein armseliges kleines Leben zerstören will? Oder denkst du, dass ich dich töten werde?"

Emma verschränkte die Arme. "Ich glaube, dass du dich rächen willst, weil ich deinen Fluch gebrochen habe und damit deinen ganzen wahnsinnigen Plan durchkreuzt habe." Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie wegen ihrer eigenen Worten ein schlechtes Gewissen bekam. "Sicherlich willst du Snow und alle, die zu ihr gehören, umbringen. Also, warum solltest du mich nicht töten wollen?"

"Snow White?", knurrte Regina. "Im Moment ist sie mir egal, so lange sie mir nicht in die Quere kommt. Und ja, du hast meinen Fluch gebrochen und mir meinen Sohn genommen."
Sie rollte gespielt mit den Augen. "Aber na ja, weißt du, das ist lange her und in der Zwischenzeit ist viel passiert." Sie zuckte mit den Schulter, womit Emma nicht gerechnet hätte, da es so... nicht königinnenhaft wirkte.

Regina fuhr fort: "Ich will nicht sagen, dass ich dir vergeben hätte, denn das habe ich nicht." Ihr Lächeln erstarb und Emma hatte das Gefühl, Reginas Augen würden sich in ihre Seele bohren. "Aber töten werde ich dich nicht."

"Was willst du dann?", fragte Emma nicht mehr so selbstsicher, sondern einfach nur verwirrt.

"Denkst du, ich hätte bereits genügend Zeit gehabt, mir irgendeinen 'raffinierten Plan' auszudenken? Was ich will, ist simpel." Wieder breitete sich dieses süffisante Grinsen auf ihrem Gesicht aus.

Ohne darüber nachzudenken, lachte Emma. "Hattest du jemals einen 'raffinierten Plan?'"

Erst nachdem sie gesprochen hatte, realisierte Emma, was sie da gerade getan hatte. Sie musste sich daran erinnern, dass es nicht ihre Regina war, die vor ihr stand, sondern die verdammte böse Königin! Sie konnte doch nicht einfach so mit ihr sprechen, wie sie es mit Regina getan hätte. Emma war sich sicher, dass die böse Königin keinen Spaß verstand. Auch wenn sie gesagt hatte, dass sie Emma nicht töten wird, hieß das noch lange nicht, dass es der Wahrheit entsprach.

Regina betrachtete Emma einen Augenblick lang, Gesichtsausdruck unverändert. Wobei ein Leuchten in ihre Augen trat, dass Emma nicht zu interpretieren wusste.

"Hmm, ehrlich wie immer. Du kannst froh sein, dass du mein Lieblingsspielzeug bist." Regina drehte sich um und ging wieder zurück zu ihrem Esstisch. "Du kannst gehen. Ich muss nach meinem Sohn schauen."

Oh. Fast hätte Emma vergessen, weshalb sie hier war. "Ich gehe nicht ohne Henry."

Regina drehte sich wieder abrupt zu ihr um. "Du hast kein Recht mir zu widersprechen. Du kannst froh sein, dass ich dir all deine Respektlosigkeiten nicht übel nehme, aber Henry bleibt bei mir. Wenn du auch nur den Versuch wagen solltest, ihn mitzunehmen, muss ich dich wohl oder übel aus dem Weg schaffen, auch wenn ich es ungern tun würde", zischte sie drohend. "Das kannst du auch den anderen ausrichten. Hast du mich verstanden?"

Emma nickte. Sich mit der bösen Königin anzulegen war noch mal etwas ganz anderes, als sich mit der Regina anzulegen. Emma wollte einen Kampf um jeden Preis verhindern. Sie würde Henry wohl auf anderem Weg holen müssen.

Emma ging Richtung Haustür, blieb aber noch einmal stehen. "Regina, warum... warum ist das mit dir passiert? Ist es ein Fluch?"

Emma könnte es sich auch nur einbilden, aber sie hätte schwören können, dass Reginas Blick weicher wurde. "Ich sehe die Dinge einfach klarer. Es war naiv von mir zu glauben, ich könnte glücklich werden, wenn ich Gutes tue. Das hier", sie wies mit den Händen zu ihrem Kopf bis zu den Füßen, "bin ich. Die Böse der Geschichte."

Emma kannte Regina lange genug, um das Flackern von Trauer in ihrem Blick zu erkennen, jedoch traute sie sich nicht, ihr zu widersprechen, da Emma wohl eher einen Feuerball abbekommen würde, als wirklich zu Regina durchzudringen zu können.

Bevor Regina es sich anders überlegen konnte, verließ Emma ihr Anwesen.

Once Upon A Time There Was A Queen...Where stories live. Discover now