Kapitel 17

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Kaum hatte ich die Tür meines Zimmers hinter mir geschlossen und hörte den Wagen von Marie wegfahren, sank ich zwischen Bett und Kleiderschrank am Boden zusammen und weinte. Ich fuhr mir durch die nassen Haare und zuckte zusammen, als ich die Türklinke klacken hörte.
„Nadja?" Ich presste die Lippen zusammen, als ich seine Stimme hörte und hoffte, er würde einfach wieder gehen. Doch er kam rein und entdeckte mich. Hinter ihm standen Miro, Leo und Noah. Plötzlich fühlte ich mich trotz Handtuch splitternackt.
„Wieso hast du..." Als er mich weinen sah, brach sein Satz ab. Ich wich zurück und saß schon halb in meinem Kleiderschrank.
„Geht doch einfach...", flüsterte ich und versteckte mein Gesicht.
„Wieso kannst du nicht schwimmen?", meinte Taylor fast Vorwurfsvoll.
„Weil ich keinen Vater hatte, der es mir beigebracht hat", flüsterte ich. „Ich sage schon nichts. Ich tauche auch auf der blöden Party auf. Jetzt lasst mich in Ruhe." Als er sich zu mir hockte, schaute ich misstrauisch auf.
„Ich habe meinen Vater längst angerufen und ihm gesagt, was passiert ist. Ich hab versucht ihn davon zu überzeugen, dass es dir gut geht aber er glaubt mir nicht. Er nimmt den nächsten Flieger."
„Warum hast du es getan? Ich wollte nicht, dass er wegen mir seine Reise abbrechen muss..."
„Weil ich meinen Vater schon zu oft belogen habe. Ich hab ihm geschworen, es nie wieder zu tun. Meistens halte ich mich daran. Es war meine Schuld, dass du weggerutscht bist. Jetzt halt still", packte er mich am Fußgelenk. „Das sieht übel aus, dass kannst du nicht so lassen, sonst entzündet es sich", deutete er auf die Schnittwunde an meiner Wade und sah erst jetzt, wo er sich das ganze genauer ansah, die unter meinem Fuß. „Du machst einem nur Ärger." Noah verschwand kurz aus dem Zimmer, um Taylors Strandtasche zu holen und kam wieder, als Miro und Leo es sich auf meinem Bett gemütlich machen wollten. Neugierig rissen sie jede Schublade auf. 

„Was soll denn das werden?"
„Alex hat sich grade gemeldet. Während wir hier waren und dich im Auge behielten, sollte er Silvia und dem schwarzen Van folgen aber er wurde abgehängt", erklärte er. „Weißt du was? Hat deine Mutter eine Affäre?", stand er auf und deutete Leo eine Richtung. „Sucht alles ab, lasst nichts aus! Macht dabei aber keine Unordnung..." Sie wühlten in meinem Zeug aber machten nichts unordentlich, so wie Taylor es ihnen angewiesen hatte. Taylor holte einen nassen Seiflappen aus dem Badezimmer und kam zu mir zurück. Als er den Seiflappen auf die Wunde presste, zuckte ich zusammen. Das tat verdammt weh. Er sah auf und ließ lockerer. Er war deutlich vorsichtiger. „Besser?" Ich nickte irritiert und verstand nicht, was hier vor sich ging. „Also, was weißt du?"
„Gar nichts. Meine Mutter spricht nicht mit mir, falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Sie macht, was sie will. Das macht sie immer."
„Und der schwarze Van?"
„Ich sagte bereits, ich weiß nichts." Jedes Mal, wenn er ihn erwähnte, wurde mir schlecht. Besonders glaubwürdig wirkte ich nicht.
„Setz dich aufs Bett, dann kümmere ich mich darum." Ich dachte gar nicht daran, aber als er mich am Arm packte und aufs Bett stieß, wusste ich, dass Taylor niemand war, der locker ließ. Er glaubte mir kein Wort. Meine Hände zitterten automatisch, ich konnte nichts dagegen tun. Nachdenklich starrte er auf die Verletzung und fuhr mit dem Lappen sachte über meine Haut bis das Blut verschwunden war. Er hockte vor dem Bett und grübelte. „Mal angenommen, du hast mit alle dem vielleicht nichts am Hut,was deine Mutter tut... Wissen wirst du doch, dass sie Schauspielert? Wieso deckst du sie? Wieso lässt du zu, dass sie sowas tut? Was ist, wenn sie Xavier ernsthaft schadet. Würdest du das auch zulassen?" Meine Wangen wurden heiß. Er wusste ganz genau, dass er mir nicht egal war. Xavier war der einzige Mensch, der immer fair und gerecht zu mir war. Jeden Wunsch hätte er mir von den Augen abgelesen und verwirklicht, wenn er es gekonnt hätte. Insgeheim hatte ich eine scheiß Angst davor, was sie diesmal plante. Ich war mir sicher, dass es nicht mehr nur um Geld gehen würde. 

Als Taylor fertig war und den Verband sauber gewickelt hatte, stand er seufzend auf. „Was gefunden?" Seine Brüder schüttelten den Kopf.
„Nichts Mann, sauber wie ein frisch gebadeter Babyarsch", beteuerte Miro und auch die anderen hoben die Schultern. Ich dachte an seine Frage und an das, was meine Mam mit den Vorgängern meines Stiefvaters abgezogen hatte. Manchmal hatte ich keinerlei Ahnung aber der schwarze Van war schon der größte Beweis. Das ahnte Taylor natürlich nicht. Als er gehen wollte, griff ich nach seiner Hand.
„Sie ist meine Mutter. Wie könnte ich sie ans Messer liefern? Ich kenne sie gut genug und wenn sie etwas geplant hat, erfahre ich es erst, wenn es zu spät ist. Selbst wenn ich etwas wüsste, dann könnte ich euch nicht helfen. Sie hört nie auf mich und ich habe mehr Angst vor ihr, als vor jedem anderen sonst. Wenn Silvia etwas plant, dann ist sie nie alleine. Gott weiß, was mit mir passiert, wenn ich etwas sage. Bei einer Ohrfeige bleibt es dann nicht. Wo soll ich dann hin?" Taylor und seine Brüder schauten mich aus kühlen Augen an aber emotionslos waren sie nicht. Im Gegenteil, sie harrten diesmal zu lange an mir. Ich ließ sie ganz eindeutig nicht kalt aber glauben wollten sie mir auch nicht. Man merkte, dass sie hin- und hergerissen waren.
„Und du willst uns weiß machen, du weißt nichts?"
„Nein. Das schwöre ich. Aber, wenn da was ist, müsst ihr an dem Van dran bleiben. Wenn etwas passieren soll, ist er der einzige Hinweis. Ich kann und will mich da nicht reinhängen. Sie würde sofort wissen, wer geredet hat."
„Du Baby... Wenn mein Vater wüsste, was du für ein Feigling bist...", meinte Taylor verächtlich und haute ab. Mein Gewissen nagte sofort an mir. Aber was sollte ich denn machen? Er hatte keine Ahnung wie böse Silvia werden konnte. 

Shy - Deep PainWhere stories live. Discover now