Kapitel 4

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Seit zwei Wochen war ich nun in Malibu. Fast 24 Stunden vom Tag, verbrachte ich in meinem Zimmer. Meine Mutter war ständig unterwegs und so war ich mit Xavier meistens alleine. Bisher fand ich nichts an ihm auszusetzen. Was vermutlich daran lag, dass ich ihm erst gar nicht über den Weg lief.
Ich vermied die gemeinsamen Essen und saß meistens auf dem Balkon. Hing an dem Anblick des Strandes und beobachtete die Menschen aus der Ferne. Beobachtete die Bauarbeiter die Richtung Touristenstrand an einer Strandbar arbeiteten. Ich sah den Surfern zu, wie sie die Wellen jagten aber mein Zimmer verließ ich nur, wenn ich es musste.

Aus Albträumen, wachte ich am Abend durch ein Klopfen, an der Tür auf. Erschrocken und perplex, schaute ich mich in dem fremden Zimmer um, während mir langsam bewusst wurde, wo ich mich befand. Zuhause. Komisches Gefühl. Hier fühlte sich für mich noch nichts nach Zuhause an. Die Haushälterin öffnete die Doppeltür und kam in den Raum.
„Wir Essen bald, möchten Sie dazu kommen?", fragte sie, wie jeden Tag. Ich war noch nicht ganz bei mir und schüttelte deshalb nur mit dem Kopf. „Sie sind sehr blass, geht es Ihnen nicht gut?" Ehrliche Sorge schwang in ihrer warmen Stimme mit.
„Nur etwas Übelkeit. Nichts schlimmes."
„Dann bringe ich Ihnen später einen Tee. Ruhen Sie sich aus, ich werde Xavier ausrichten, dass Sie schon müde sind und zu Bett gehen."
„Danke."

Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, starrte ich auf das große, runde Bett mit der weißen Wäsche. Ich streifte die Vorhänge des Baldachin. Der Stoff war wunderschön und weich. Seufzend ließ ich mich zurückfallen und fasste nach einem der Kissen. Ich fühlte mich nicht, als hätte ich geschlafen. Noch immer war ich müde und erschöpfter als zuvor. Mein Hals schmerzte und ein schweres Gefühl lag auf meiner Brust. Ich drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange bis die unheimlichen Bilder und die Albträume zurückkehrten.
Da ich nicht beim Abendessen war, wachte ich in der Nacht immer wieder auch vor Hunger auf und bekam mit, wie Xavier abreiste, als ich mit eine Flasche Wasser aus der Speisekammer kam.
Ich stand im Wintergarten und beobachtete, wie er die Auffahrt verließ. Das Gefühl auf meiner Brust wurde schwerer. Ich hing noch einen Moment an den Pflanzen, die Blumen auf dem Beistelltisch des Sessels dufteten im ganzen Raum. Weiße Lilien. Ich strich über die weißen Blüten ehe ich wieder raufging und mich im Bett verkrümelte. 

Meine Mutter war erst früh am Morgen verschwunden und hatte sich nicht einmal verabschiedet. Sie und Xavier hatten sich wegen irgendwas gestritten. Worum es ging, hatte ich allerdings nicht verstehen können.
Den Vormittag verbrachte ich so unruhig, wie die Nacht. Es war eine innere Unruhe, die mich nicht mehr los ließ. Deshalb drehte ich die Musik auf meinen Kopfhörern so laut ich konnte. Bis sie die Unruhe unterdrückte. Seit ich angekommen war, hatte ich das Zimmer so gut wie gar nicht verlassen. Es war nicht schwer sich hier einzuigeln und so saß ich den halben Vormittag auf dem Sofa in meinem Zimmer und starrte vor mich hin, zeichnete ein paar Entwürfe für Kerzen, sortierte alte Fotos und machte mir die Fuß- und Fingernägel. Als auch das nicht mehr half und mein Blick wieder und wieder zur Uhr glitt, stand ich auf und schaute zu dem Fenster raus, das zur Auffahrt zeigte. Sie war immer noch leer und ich stand Minuten einfach nur wartend da. Nur Marie, konnte ich sehen, wie sie das Grundstück verließ. 

Da ich gegen Nachmittag allein im Haus war und mich die Stille langsam begann aufzufressen, schaute ich zur Zimmertür. Ich öffnete sie und lauschte. Vielleicht war er mit dem Taxi zurückgekommen, das wäre nicht das erste Mal. Doch es war nichts zu hören. Also lief ich auf den Flur und sah mich zum ersten Mal, etwas genauer um. Das Haus war ein Wunderwerk mit all den Pflanzen, die den edlen, kalten Marmor unter meinen nackten Füßen- und die weißen Wände aufwerteten. Als ich eine Runde im Haus gedreht hatte, setzte ich mich mit einem iPod und Musik eine Weile in den Wintergarten und schaute in die Ferne zu den Surfern am Strand. Ich fühlte mich am Anfang ganz Okay damit, einfach drin zu bleiben aber je länger ich hier drin saß, umso mehr merkte ich den Wunsch aufkeimen, nach draußen zu gehen. Aber die Angst hielt mich fest. Ich musste indessen immer öfter an den Albtraum denken. Ich fühlte mich down und sank tiefer in den Sessel. Ständig war da diese schwarze Schattengestalt, die mich nieder warf und mich zerriss. Ich kauerte mich in dem Sessel zusammen und kuschelte mein Gesicht in ein Kissen. Der Ort eignete sich, um ein wenig auszuruhen und sich an einer Portion Schlaf zu versuchen. Der Wintergarten war ein Paradies und ein paar Hinweise gab es schon darauf, dass Xavier sich um ihn kümmerte. Die Schürze mit seinen Initialen drauf zum Beispiel. Ich starrte schon wieder vom Strand, zum Tor und seufzte. 

Shy - Deep PainWhere stories live. Discover now