Fliegende Klingen

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Dieses Weib würde ihn noch Kopf und Kragen kosten! Genervt fuhr Keiran sich mit beiden Händen übers Gesicht und lehnte sich an die Tür zum Reich von Altheia. Er kannte sie nicht und dennoch schien sie ihn zu kennen. Egal wie gut sie ihn kannte, dank ihrem Heiler Geschwafel hatte er eine Gefangene, welche nicht im Kerker verrottete, sondern im Hotel Oma Altheia bequem und liebevoll hauste. Das alte Glühwürmchen war viel zu nett zu dem kleinen hitzigen Teufel.

Frauen. Nichts als Ärger. Er dachte zurück an weiße sinnliche Schwingen und dieses Lächeln, welches ihm damals die süßesten Träume versprach. Izara. Bei den Göttern war sie schön gewesen! Wie teuflisch hatte er sich doch die Finger an ihr verbrannt. Frauen waren komplizierte, falsche Schlangen. Er hoffte, dass Cassian nicht auf ihre verführenden Versprechen hereinfallen würde. Hoffte seinem Bruder gehe es gut. Er würde seinem Bruder einen Brief verfassen, so viel war sicher, doch vorher müsste er dieses Chaos überleben.

Die Gedanken an die sinnliche Engelsdame und seinen Bruder verblassten während er ins Leere schaute und tief durchatmete. Doch seine Gedanken wollte ihm keine Ruhe gewähren.

Zwei unnatürlich rote Augen schwirrten in seinen Gedanken herum und Keiran seufzte erneut. Er bekam sie nicht aus dem Kopf. Geschweige denn davon, dass er überhaupt irgendetwas über den kleinen Feuerteufel verstand. Nichtmal die Sterne wussten ihren Namen!

Wieder zog sich Keiran die Hände durchs Gesicht und blieb etwas an seinen unteren Augenlidern hängen. Genervt knurrte er in den leeren Flur. Dieser erste Auftrag würde ihn noch wahnsinnig machen. Er wollte endlich raus hier. Kein Wächter sein. Keine Verpflichtungen. Nur der Himmel und er. Endlose Nächte und unendliche Freiheit. Frustriert öffnete und schloss er seine Fäuste. Er wollte am liebsten zurück in die Engelsstadt, Cassian schnappen und verschwinden. Er hatte es satt keine wirkliche Freiheit genießen zu dürfen. Hatte es satt, dass sein Leben von früh an bereits für ihn entschieden wurde. Nichtmal sein eigenes schlechtes Benehmen hatte Akira davon abschrecken können ihn zu wählen. Frei sein. Das wollte er. Der Nachthimmel schrie förmlich nach ihm. 

Aber den Himmel würde er lange nicht besuchen können, wenn Ajax herausfand, dass eine gewisse Zelle im Kerker leer war. Ajax würde ihm Feder für Feder seine Flügel ausreißen. Am liebsten würde er zurück in den Saal stürmen, die junge Frau über die Schulter schmeißen und sie dann im Kerker abladen. Andererseits war die junge Frau brav dort geblieben wo er sie hinterlassen hatte. War das nicht eigentlich sowieso egal, wo sie den kleinen Vulkan verstauten, solange er nicht ausbrach? 

Vulkan. So ein passendes Wort für die mysteriöse Frau. Ihre Augen wie Glut, ihre Haare wie Blut. Einerseits war sie furchteinlösend und andererseits war sie... Nun, das wusste er selbst nicht so ganz genau. Irgendetwas faszinierendes. Die Gefahr reizte ihn. Lockte ihn an. Machte ihn neugierig was genau sie - nein, wer genau sie war. Seine Neugier juckte danach des Rätsels Lösung zu finden. Wieso war sie so kratzbürstig? Wo hatte sie gelernt so zu kämpfen? Was genau war sie? Sie hatte keine Flügel, aber Fähigkeiten. Eine Art Halbengel, aber das war eben der springende Punkt - sie war kein wirkliches Mischblut. Irgendetwas an ihr war anders. 

Keiran schüttelte seinen Kopf im Versuch die endlosen Gedanken zum Schweigen zu bringen. Es war zu laut in seinem Kopf und er sehnte sich nach etwas Stille. Etwas Frieden in diesem ganzen Chaos der letzten Tage wäre ganz nett. Er war noch nichtmal zwei Wochen hier und schon hatte er die Nase gestrichen voll. Nicht das er überhaupt mit Freude je hergekommen wäre, aber das war irrelevant. Fakt war, dass seine Motivation weniger vorhanden war als der kleine Vulkan im Kerker. 

Keiran schmunzelte. Kleiner Vulkan. Ja, für die weitere Zeit würde er sie so nennen. Ein kleiner Spitzname für den kleinen Feuerteufel mit den roten Haaren und den glühenden Augen. Etwas selbstzufriedener stoß er sich von der Wand ab und machte sich auf den Weg zu seinem Zimmer. 

Midnight WhispersWhere stories live. Discover now