Sternenhimmel

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Die Sonne kroch hinter den Hügel langsam hervor. Kieran atmete tief ein während die morgendliche Brise seine rabenschwarzen Haare zerzauste. Heute war einer dieser Tage an denen er am liebsten einfach seine Flügel ausbreiten und weg fliegen würde. Weit nach oben in die Lüfte. Den Sternen hinterher. Die Sterne hatten ihn schon immer fasziniert. Er öffnete seine Flügel hinter sich und ließ die ersten Sonnenstrahlen seine Federn erwärmen. Wie ein funkelnder Sternenhimmel schimmerten sie in der Morgendämmerung. 

Er hörte Cassian's schleichende Schritte bevor der junge Engel einen weiteren Atemzug nehmen konnte. "Da bist du", zwitscherte Cassian amüsiert scheinheilig vor sich hin. Kieran hob eine Augenbraue und warf seinem kleinen Bruder einen skeptischen Seitenblick zu. Er war morgens nie so fröhlich. Irgendetwas führte der Kleine im Schilde. Plötzlich schoss ein stechender Schmerz durch seinen rechten Flügel und er zuckte zusammen. "Cassian", knurrte er wütend, doch der kleine Engel setzte sich neben ihn an den Rand des Daches und ließ seine Beine hinunter baumeln. In seinen Händen hielt Cassian eine große Feder aus Kieran's Flügel. Kieran's Blut pochte wütend durch seine Adern. Dieser kleine Halunke! Doch als er sah wie Cassian grimmig seine Lippen zusammenpresste und auf die Feder starrte, kühlte Kieran's Blut ab. "Was sollte das?", fauchte er nichtsdestotrotz den jungen Engel an. Cassian drehte die Feder in seinen Händen. Er ließ die Sonnenstrahlen auf der glänzenden schwarzen Feder abprallen. Die Lichtstrahlen zersprangen in tausend kleine Funken. Feinste silberne Äderchen durchzogen die Feder. Seine Mutter hatte Kieran immer ihren kleinen Sternenhimmel genannt. Hatte ihm gesagt er sei von der Mutter der Nacht selbst gesegnet indem er ihr Licht selbst in den dunkelsten Zeiten immer bei sich tragen würde. Sein Sternenlicht ein ewiger Funke in der dunkelsten Nacht.

Keiran schüttelte die Erinnerung an seine Mutter aus seinem Kopf. Es ist nun bereits viel zu lange her, dass er seine Mutter Enigma gesehen hat. Er war noch ein junger Sprössling als sie ihn in das Lager brachten. Es waren Momente wie diese in denen er die legendäre Kriegerin vermisste.

"Bald ist es so weit, oder nicht?" Cassian's Stimme war kaum hörbar. Sein Blick auf die Feder fixiert. "Wem wirst du dienen? Werde ich dem gleichen dienen?" Kieran wusste was er meinte. Nach ihrer Ausbildung wurden die auserwählten jungen Engel ihrem Erzengel übergeben. Sie wurden dazu trainiert und ausgebildet ihnen zu dienen und ihre besten Krieger zu sein. Allein für diesen Grund paarten sich die Erzengel mit den besten Krieger unter ihrer Spezies um weitere Krieger für ihre Cadre zu züchten. Es war eine Ehre als junger Engel die Ausbildung zu durchlaufen und von einem Erzengel gewählt zu werden. Doch dies bedeutete auch, dass alles möglich war. Cassian würde nicht zwangsläufig dem gleichen Erzengel den Blutschwur leisten. Kieran legte seinem kleinen Bruder einen Arm auf die Schultern und grinste ihn aufmunternd an. "Der Erzengel würde mit uns beiden gar nicht erst klarkommen, du kleiner Teufel!" Doch tief innen schlummerte der Schmerz seinen Bruder hier lassen zu müssen. Er zerzauste dem Jungen die silbernen Haare und stand auf. "Nun aber schnell zum Training. Wenn du wieder zu spät bist wird der alte Garrison noch ganz lila im Gesicht." Cassian's Augen verengten sich. Seine blauen Flügel, die wie ein Wasserfall aus blau und silber schimmerten, flatterten etwas genervt. 

Das Training war an diesem Tag besonders hart. Garrison, der Waffenmeister und Trainer der Auserwählten, war mal wieder besonders schlecht gelaunt. Da sie momentan nur fünf Auserwählte waren, hatte er einen viel zu guten Überblick. Schweiß rann Kieran's Braue hinunter als er wieder einen Schwerthieb von Izara parierte. Die Schönheit war wie gewetzter Stahl. Ihr muskulöser Körper wie eine Raubkatze. Ihre Augen wie flüssiges Gold glänzten im Sonnenlicht. Hinter ihr flogen ihre offenen Haare wie ein Meer aus reinstem Gold. Kieran hat sie schon immer atemberaubend schön gefunden. Mit ihr zu trainieren lies seinen Körper summen. Ihre Blitze zitterten über ihre Klinge und er wich ihnen gekonnt aus. Jede Bewegung ihres Körpers war ihm vertraut. "Heute Nacht schon etwas vor?", hauchte sie verführerisch in sein Ohr als sie seinem Schwerthieb auswich und an ihm vorbei tanzte. Ihr Atem auf seinem Ohr lenkte Kieran eine Sekunde lang ab und dies war alles was sie brauchte um ihm die Beine wegzutreten und ihn zu Boden zu stoßen. Siegessicher grinste sie ihn an und holte mit ihrem Schwert aus, doch Kieran war schneller, wirbelte sie herum auf ihren Rücken und presste sie mit seinem Körpergewicht zu Boden während er ihr sein Schwert an die Kehle hielt. "Gewonnen", säuselte er süffisant. Wütend knurrte sie. "Du Mistkerl", zischte sie, "Geh runter von mir!" Langsam nahm er sein Schwert von ihrem Hals. "Belüg dich nicht selbst. Unter mir ist genau wo du sein willst", grinste er hämisch. Ihr wütender Aufschrei ließ ihn auflachen und er stand wieder auf. Sie haute ihm mit der Faust halbherzig gegen die Brust während Garrison auf die beiden zukam. "Hört auf herumzuspielen. Izara, achte mehr auf deinen Gegner. Lass ihm keine Chance dich zu übermannen. Kieran, lass dich von Frauen nicht so ablenken." Garrison verzog mürrisch seine Lippen und atmete tief ein. "Ihr ekelt mich an", zischte er angewidert, drehte sich weg und ging. "Cassian gegen Kieran. Izara gegen Ajax", war seine nächste Anordnung. Er hatte ohne Frage die Emotionen zwischen den beiden gerochen. Der Geruch von Izara einer der eher ins Schlafzimmer gehört. Frustriert stampfte sie zu Ajax. Selbst während sie frustriert stampfte schwangen ihre Hüften in einladenden Bewegungen und ihre schneeweißen Flügel ein sündhaftes Versprechen. Ihre Blitze zitterten über ihre Arme auf und ab. Ihre Wut über den verlorenen Kampf lockerte die sonst so eiserne Kontrolle mit der sie ihre Gabe in Schach hielt.

Cassian schlenderte gelassen zu Kieran hinüber und zückte zwei Dolche grinsend. Kieran war einen Atemzug später bereit und die zwei Brüder begannen ihren tödlichen Tanz aus stählernen Klingen. Immer wieder drängte Kieran ihn in die Enge. Immer wieder bewies er wie tödlich er sein konnte. Am Ende atmete Cassian angestrengt und presste seine Lippen noch immer konzentriert auf einander. Hier ein tödlicher Stich. Dort ein tödlicher Stich. Runde nach Runde gewann er. Garrison stand am Rand des Ringes und nickte zustimmend. "Besser. Cassian, merke dir seine Maneuver", befahl der Trainer. Seine grauen Flügel waren hinter seinem Rücken angespannt zusammen an den Rücken gepresst als hätte er Angst einer der Dolche könnte versehentlich in ihnen landen. 

Nach Ende des Trainings stellten sich die fünf Schüler in einer Reihe auf. Garrison gab seine Bemerkungen und Fazits über jede der heutigen Trainingseinheiten ab. Danach schickte er alle bis auf Izara und Kieran fort. Kieran wusste was dies zu bedeuten hatte. Er hat es schon seit Wochen geahnt. Garrison streichelte sich über seinen Bart und räusperte sich. "Ihr seid beide gleich alt. Gute Abstammung und gutes Training. Kieran, du bist bereit für die finale Auswahl. Ich werde heute Abend das Wort versenden. Nächste Woche werden sie dich ansehen kommen. Ich erwarte von dir das Beste. Izara, dein Kampfstil ist noch mangelhaft. Reiß dich zusammen. Du wirst an der Auswahl nächste Woche nicht teilnehmen. Das wäre dann alles. Wir sehen uns morgen wieder zum Training." Seine Ansage wie immer kurz, präzise und mit kühler dunkler Stimme. Er drehte sich um und ließ die zwei jungen Engel zurück. Kieran grinste Izara an, welche ihre Wut kaum im Zaum halten konnte. Ihre Enttäuschung über Garrison's Entscheidung war offensichtlich. "Überraschung", säuselte Kieran süffisant, "Ich bin der Beste." Sein Grinsen zeigte seine schneeweißen Zähne und zeigte seine längeren Eckzähne. Als Antwort flickte Izara einen kleinen Blitz genervt in seine Richtung. "Angeber", zischte sie. Kieran zwang sich nicht zusammenzuzucken und grinste sie weiterhin an während seine Haare sich von der Elektrizität aufstellten. "Trotzdem kannst du einfach nicht genug von mir haben." 

Izara verdrehte genervt die Augen und stolzierte davon.

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