Mein erster Gedanke war meine Schwester anzurufen und das tat ich auch.

Es dauerte auch eine Weile, bis sie dran ging – was daran lag, dass es noch recht früh war. Und als sie es tat, klang sie nicht gerade begeistert von dem Weckruf.

>>Was stimmt nicht mit dir, Joy?<<, fragte sie mit rauer und schläfriger Stimme.

>>Stanley ist draußen.<< Gleich mit der Tür ins Haus.

Plötzlich wurde es still am anderen Ende der Leitung. Sehr still. >>Debra?<<, fragte ich vorsichtig nach und es dauerte wieder eine Weile, bis sie mir überhaupt antwortete.

>>Das ist nicht lustig.<< Sie klang mit einem mal viel wacher und ernster.

>>Glaubst du darüber würde ich Witze machen?!<<, rief ich hysterisch aus. Wieso stand er ausgerechnet vor meiner Tür?! Konnte er sich nicht einfach gleich ganz weit weg verziehen? Am besten auf den Grund des Ozeans?

>>Aber.. Aber wieso?<<

>>Wegen guter Führung, hat er gesagt.<<

>>Du hast den Vampir in dein Haus reingelassen?! Hast du den Verstand verloren?!<<, schrie sie ins Telefon, sodass ich dieses gleich weiter weg von mir halten musste. Jetzt war ich noch wacher als wach.

>>Nein, bist du bescheuert? Er steht vor meiner Tür und macht Theater.<<

>>Gut. Verscheuche ihn. Soll er sich jemanden anderen suchen, den er nerven kann.<<

Das würde nicht so einfach werden. Und außerdem wäre die andere Person, die Stan nerven würde, ohnehin Debbie.

>>Ich komm zu dir. Lass ihn bloß nicht rein!<< Sie beendete das Gespräch und ließ mich ratlos zurück, während der Nichtsnutz von Vater noch immer vor meinem Haus stand und einen Aufstand begann. Die Nachbarn würden mich dafür hassen. Klasse. Wirklich toll.

>>Joy! Joyce! Meine geliebte Tochter, lass deinen verarmten Vater in dein bescheidenes Haus.<<

Mir kam gleich die Galle hoch, als ich ihn hörte. Von wegen verarmt. Der verdammte Dealer hatte mehr Kohle gebunkert, als ich selbst in einem Jahr verdienen würde.

>>Verschwinde!<<, rief ich wütend aus und ballte die Fäuste. Konnte mein Leben nicht wenigstens ein mal gut verlaufen?

>>Oh, Mrs. Santos. Wie geht es Ihnen? Erinnern Sie sich noch an mich? Wie geht es den Kindern? Ist ihr Mann noch immer bei dieser Kleinen vom Supermarkt?<<

Verdammte Scheiße! Das kann nicht sein verfluchter Ernst sein!

Noch bevor ich richtig überlegen konnte, riss ich die Tür wieder auf, packte den alten Mann am Kragen und zog ihn grob über die Schwelle ins Haus hinein. >>Lass den Scheiß! Hör auf meine Nachbarn zu belästigen.<<

Selbstgefällig sah er mich an und grinste breit. Dieser alte Sack.

>>Was willst du hier?<<, fragte ich und versuchte nicht gleich über ihn herzufallen und ihn lebendig im Garten zu vergraben.

>>Nun ja, ich bin entlassen worden und wollte meiner jüngsten Tochter zeigen, was für ein guter Vater ich doch geworden bin.<<

Aufmerksam sah ich ihn an. Wenn er glaubte, dass ich auf diesen Schwachsinn reinfallen würde, dann hatte er sich dafür das falsche Haus ausgesucht. >>Du hast noch einen Versuch, bevor ich dich wegen Ruhestörung und Belästigung anzeige.<<

Midnight Games - Begierde ✔️Where stories live. Discover now