,,Obst also."

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Wie haben endlich wieder Wochenende und bevor ich mich mit Will treffe zum Frühstücken, gehe ich zu Onkel Fred. Er hat mich gerade angerufen und ich muss kein Genie sein, um zu wissen worum es geht. Natürlich wird Cole ihm erzählt haben, dass ich nicht mehr arbeite. Das wird er sicher selber auch angefordert haben. Nur, wen soll Fred nun einsetzen?

Die Tür steht offen und ich gehe laut rein, damit er mich bemerkt. „Hallo!", rufe ich und höre Geschirr poltern. Nur eine Sekunde später sehr ich Coles Gesicht, das aus der Küche schaut.

„Was willst du hier?", fragt er mich grob und in mir breitet sich ein gewisser Schock aus. Keine Ahnung wieso. Vielleicht weil es so komisch ist, Cole nach dem Abend wiederzusehen. Gerade erlebe ich ihn aber genau wie immer. Als Kotzbrocken. „Verkrieche dich wieder in deine Höhle, Prinzessin", fordert er mich auf und geht an mir vorbei. Onkel Fred kommt von dem ersten Stock runter und lacht etwas.

„Lina, du bist ja schon da. Du bist aber schnell. Komm, setz dich zu mir ins Wohnzimmer", bittet er mich und führt mich in das Zimmer, in dem Cole gerade auch ist. Er hat eine Kanne hingestellt, kleine Tassen und Teller mit Besteck.

„Wieso ist sie hier?", fragt er jetzt Onkel Fred und nicht mehr mich. Ich stehe neben ihm, aber er tut so, als wär ich Luft. Ich will nichts anderes, aber immerhin hat er mich geküsst. Nicht er sollte sauer sein, sondern ich. Dieses Recht hat er sich definitiv selber genommen.

„Ich wollte euch beide bei mir haben. Außerdem scheint ihr etwas klären zu müssen. Ich dachte, hier wäre der perfekte Ort und Zeitpunkt", bietet er grinsend an und ich verstehe nichts mehr. Was sollen wir klären? Hat Cole ihm alles erzählt? Wieso? Coles Blick wird finster und das erinnert mich an den Keller. Als er mich so angesehen hat und seine Augen wütend, aber auch so... leidenschaftlich in meine blickten und dann der Kuss. Der mich ins Wanken gebracht hat und verwirrt zurück gelassen hat... Schluss! Lina, reiß dich zusammen! Das hatte für mich keinerlei Bedeutung. Ich liebe Will und daran ändert Cole gar nichts.

„Was ein Kindergarten. Ich komme später wieder, wenn dieser Unsinn verschwunden ist. Denk daran, ich bin alt genug Entscheidungen selber zu treffen", wirft Cole Onkel Fred vor und geht, nicht ohne meine Schulter zu rammen, damit er mich natürlich wie denn auch nicht, zur Seite schubst. Toll. Ich höre die Tür zuknallen und schlussfolgere daraus, dass Cole nun weg ist. Onkel Fred atmet weit aus und ich sehe ihn mir einfach an, wie er sich enttäuscht auf das Sofa setzt.

„Was ist hier los?", frage ich und setze mich ihm gegenüber auf seinen Stuhl. Onkel Fred lächelt mich süß an und schüttelt leicht seinen Kopf.

„Ach, der Junge hat gefragt, ob er sich Urlaub nehmen kann und nachdem ich wieder fit bin, keine Schichten mehr mit dir eingeteilt haben will. Ich dachte, es wär das Beste, wenn ihr euch ausspricht. Vielleicht sehe ich das Falsch, aber ihr seid nicht die besten Freunde und in letzter Zeit geratet ihr oft aneinander. Was ist letztes Mal vorgefallen, dass er so drastisch handelt?", fragt Onkel Fred ratlos und ich senke peinlich berührt meinen Blick. Cole zieht sich aus der Kneipe raus? Glaubt er ohne ihn wär es besser, als ohne mich? Hat er keinen Bock mehr auf den Laden? Braucht er eine Auszeit? Was ist es? Gut, aber ich wollte das Gleiche machen. Da kann ich ihm keinen Vorwurf machen.

„Nichts schlimmes. Wir waren uns nur uneinig, in... ähm, einigen Dingen", weiche ich der Wahrheit aus und eigentlich stimmt es. Nur die Details bleiben verborgen. Onkel Fred schüttelt seinen Kopf.

„Das scheint mir alles eine komische Sache. Ihr Zwei kommt einfach nicht miteinander klar, dabei habe ich euch beide sehr gern. Cole als mein Neffe natürlich, der sich super um den Laden kümmert, während ich abwesend bin und ohne dich kann ich mir den Laden nicht vorstellen. Wieso könnt ihr euch nicht einfach zusammenreißen?" Ich habe Cole nicht einfach geküsst, aber das ist auch nicht der Punkt. Er verhält sich mir gegenüber unfair und widersprüchlich in einem. Er verwirrt mich mehr als vorher und das kann ich Onkel Fred nicht sagen. Das würde er nicht verstehen.

I See You.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt