22. Kapitel

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Wie betäubt stolperten die Gefährten aus den Minen. Nach so vielen Tagen in den dunklen Tunneln blendete sie die Sonne, sodass sie in den ersten Minuten nur wenig sahen. Auf die Gesichter aller war tiefe Trauer zu sehen. Wie sollte ihre Reise nun ohne den Zauberer weiter gehen? Wie konnte sie sich nun gegen Saruman zur Wehr setzten? Sie waren dem bösen Zauberer nun hilflos ausgesetzt. Wenn er noch einmal beschließen würde einen Berg zum Einsturz bringen zu wollen, könnte sie nichts tun um ihn aufzuhalten. Doch viel Zeit zum Trauern blieb ihnen jetzt nicht.

„Wir müssen weiter!", forderte Aragorn die Gefährten auf.

„Jetzt lass ihnen doch einen Augenblick Zeit!", widersprach Boromir und sah dabei zu den Hobbits hinüber, die auf dem Boden saßen und völlig verstört zu den Minen sahen. Sie konnten immer noch nicht glauben, dass Gandalf fort war.

„Wenn die Nacht hereinbricht wimmelt es hier nur so von Orks! Wir müssen die Wälder Lothlóriens erreichen!", erklärte Aragorn und fing an alle anzutreiben, „Komm Boromir. Legolas, Gimli, helft ihnen auf. Steh auf Sam! Frodo?" Doch Lona hatte andere Pläne.

„Jetzt warte doch", hielt sie ihn auf. Der Waldläufer sah sie fragend an.

„Der Orkpfeil steckt tief in meiner Schulter. Bis wir in Sicherheit sind, hat sich die Wunde bereits entzündet. Jemand soll schnell den Pfeil heraus schneiden und die Wunde ausbrennen. Das dauert nicht lange und die Kleinen können sich noch einen Augenblick ausruhen." Aragorn sah nicht überzeugt aus, also sprach Lona schnell weiter. „Ich werde euch eher eine Last anstatt nützlich sein, wenn ich meinen Arm wegen einer Entzündung nicht benutzen kann. Wenn wir das jetzt machen, ist bis morgen früh alles wieder gut."

„So schnell?", fragte Pippin erstaunt.

„Elben heilen eben schnell."

„Also schön, wir bleiben noch kurz hier", beschloss Aragorn schließlich und Lona atmete erleichtert auf. Der Pfeil in ihrem Rücken tat höllisch weh. Was nun folgte war zwar schlimmer, aber danach würde es endlich besser werden.

„Gimli, mach bitte ein kleines Feuer oder entzünde eine Fackel", bat Lorion, während er zu Lona trat. Sie legte sich flach auf den Bauch und versuchte sich zu entspannen, was ihr allerdings nur mäßig gelang. Nach kurzer Zeit kam Gimli mit einer Fackel zu ihnen und einer mit Leder umwickeltem Stück Holz auf das Lona drauf beißen konnte. Dankbar schob sie es sich zwischen die Zähne. Aus dem Augenwinkel sah Lona, wie Lorion ein Messer aus seinem Stiefel zog und es in die Flammen hielt. Schließlich schloss sie einfach die Augen und wartete. Mit einem Mal bohrte sich der glühend heiße Stahl in ihren Rücken bohrte. Das Holz unterdrückte ihr gequältes Stöhnen, sodass nur noch ein zischen nach außen drang.

Es dauerte nicht lange bis Lorion fertig war, nur ein paar Minuten, doch das reichte schon um die Elbe mehrere Male fast in die Ohnmacht zu treiben und der Geruch von verbranntem Fleisch machte es auch nicht besser. Sie blieb noch kurz liegen um sich wieder zu fangen, ehe sie sich aufsetzte und zuließ, dass man ihre Schulter verband. Währenddessen brachte Legolas ihr einen Wasserschlauch.

„Geht es?", fragte er besorgt und musterte sie. Selbst Elben waren nach so einer Tortur schwach auf den Beinen.

„Es muss gehen." Mit diesen Worten rappelte Lona sich auf. Sie schwankte zwar etwas, als sie auf die Füße kam, doch sie fing sich wieder.

„Wir können los", verkündete sie. Die Gefährten schulterten ihre Beutel und Lona spürte die besorgten Seitenblicke ihrer Freunde. Bevor sie aufbrachen, zupfte Merry an Aragorns Umhang.

„Wo gehen wir jetzt hin?", fragte er den Waldläufer.

„Wir gehen nach Lórien", antwortete er. Dann deutete er über die weite Ebene auf einen dunklen Schatten am Horizont.

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt