Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)

6. Kapitel

8 Monate später

Die nächsten Monate schleppten sich quälend langsam dahin. Der Sommer wurde zum Herbst, welcher dem Winter weichen musste und welcher schließlich vom Frühling vertrieben wurde. In dieser Zeit konnte man beobachten wie die lebenslustige und stets gutgelaunte Lona sich immer mehr zurück zog. Sie wurde immer stiller, aß kaum noch und man sah sie oft nachdenklich ins Leere starren. Alle die ihr nahe standen, machten sich Sorgen. Die Zwillinge und Elrond hatte schließlich überhaupt keine Ahnung was mit ihr los war und Arwen machte sich sorgen gerade weil sie es wusste. Sie hatte Angst, dass sie an ihren Gefühlen zu Thorin zerbrechen würde. Zwar war sie auch noch nach Thorins Abreise für jeden Spaß zu haben, doch je mehr Zeit verstrich, desto seltener hatte sie Lust dazu. Immer wieder wies sie Elladan und Elrohir ab, wenn sie zu ihr kamen und sie fragten ob sie bei einem Streich mitmachen wolle. Nach jeder Abfuhr sah man die beiden mit langen Gesichtern davonschleichen. Sie spielten zwar immer noch ihre kleinen und großen Streiche, doch bei weitem nicht mehr mit so viel Enthusiasmus wie sonst.

An einem wunderschönen Frühlingsmorgen saßen alle beim gemeinsamen Frühstück. Durch die Fenster sah man hinaus in den Garten, in welchem die Vögel um die Wette sangen und die Blumen in ihrer ganzen Pracht blühten und den ganzen Garten und auch das Haus mit ihrem süßen Duft erfüllten. Schweigend saß Lona beim Essen. Sie hatte keine Lust sich bei irgendeinem Gespräch zu beteiligen sondern schaufelte mechanisch Essen in ihren Mund. Nachdem Elrond sie eines Tages zur Seite genommen hatte und meinte, dass wenn sie nicht von alleine mehr essen würde, man einen anderen Weg finden müsste sie zum Essen zu bringen, würgte sie nun bei jeder Mahlzeit etwas runter. Gerade so viel, dass niemand sich beschweren konnte. Sie war so in Gedanken, dass sie nicht einmal bemerkte, als ein Diener den Saal betrat und schnellen Schrittes auf Elrond zuging.

„Mein Herr, dies kam gerade aus dem Erebor an", sagte er leise, um die Gespräche nicht zu stören, verneigte sich und eilte aus dem Saal.

Bei dem Wort 'Erebor' hielt Lona ruckartig in ihrer Bewegung inne, ließ jedoch den Kopf gesenkt. Sie hatte in den letzten Monaten keine Nachricht von Thorin erhalten, dies wäre viel zu auffällig gewesen, doch sie sog alle Neuigkeiten in sich auf, die aus dem Erebor kamen, wie ein Schwamm das Wasser.

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Elrond aufmerksam, wie er mit ernstem Blick und gerunzelter Stirn den Brief las.

„Was hat er geschrieben Adar? Du siehst besorgt aus", fragte Arwen auch sofort, nachdem er den Brief zur Seite gelegt hatte.

„Ich bin etwas beunruhigt. Anscheinend müssen einige Rahmenbedingungen des Vertrages zwischen uns und den Zwergen neu ausgehandelt werden. Einige der Zwerge haben angefangen den ursprünglichen Vertrag neu auszulegen und dabei ist es zu einige Ungereimtheiten gekommen welche die Elfen als begünstigte hinstellen. Ich werde gebeten zum Erebor zu reisen oder einen Abgesandten zu schicken für erneute Verhandlungen", antwortete er.

„Wirst du hinreisen?", fragte Arwen. Lona hörte angestrengt zu, um ja nichts zu verpassen. Dies könnte ihre Chance sein Thorin wiederzusehen, wenn Elrond sie nur mitnehmen würde.

„Nein ich kann nicht, ich habe hier momentan zu viel zu tun", antwortete Elrond und zerschlug damit Lonas Hoffnungen. Wen auch immer er schicken würde, Lona wäre für diese Person wahrscheinlich eine Last, egal was sie früher geleistet hatte. Selbst das zählte nicht. Sie und Lorion waren damals von vielen Elfen als launenhaft und unverantwortlich dargestellt worden, weil sie bloß ihr plötzliches Verschwinden und die Gefahren in die sie geraten waren, gesehen hatten. Alles andere war egal gewesen.

„Aber wer soll dann mit den Zwergen verhandeln?", fragte Arwen. Elrond überlegte lange, ehe er ihr antwortete.

"Ich hätte gerne Erestor geschickt, doch dieser ist zusammen mit Glorfindel auf der Jagd nach Orks, die sich zu nah an unsere Grenzen gewagt haben. Lindir zu schicken wäre vermutlich keine gute Idee, da er nicht viel von Zwergen hält. Für ihn waren die Verhandlungen von Anfang an reine Zeitverschwendung." Elrond verstummte und überlegte wieder. Dann wandte er sich an seine Söhne.