Märchenprinz?

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Es war früher Morgen – der letzte für dieses Jahr. Ich stieg unter die Dusche, föhnte dann meine Haare und zog mich an. Als ich hinunter in die Küche ging, um Frühstück für mich und Jensen zu machen, war der Schauspieler bereits dabei Toastscheiben in den Toaster zu schieben. Mit zerzausten Haaren und einem Schlafzimmerblick drehte er sich zu mir um, als er mein fröhliches Summen hörte.
„Morgen.", raunte er mit kratziger, müder Stimme, lächelte aber.
„Morgen.", erwiderte ich. So wirklich konnte ich es nicht glauben, dass ich mit diesem Mann geschlafen hatte. Es kam mir noch so vor wie ein Traum.
„Was bist du denn so gut gelaunt?", fragte er, nahm die Kaffeekanne und goss die dunkelbraune, dampfende Flüssigkeit in zwei Tassen. Er stellte beide auf den Küchentisch, an dem ich mich niedergelassen hatte und den Schauspieler in seiner Schlafkleidung musterte. Er trug ein einfaches, weißes T-Shirt und eine graue Jogginghose, unter der seine nackten Füße hervorlugten.
„Och nichts.", meinte ich und schüttete etwas Zucker in meine Tasse. „Ich wollte nur heute zu Tommy fahren und mit ihm ins neue Jahr feiern.", erklärte ich.
„Richtig. Heute ist ja Silvester.", murmelte Jensen und nahm die fertigen Toastscheiben heraus. Er platzierte sie auf die zwei Teller, die er zuvor aus dem Küchenschrank genommen hatte und stellte sie ebenfalls auf den Tisch. Dann setzte er sich und schmierte sich etwas Honig auf die Toastscheibe.
„Komm doch mit.", meinte ich.
„Hm.", machte Jensen und biss von seinem Toast ab. „Ich weiß nicht. Er hat mich ja nicht eingeladen.".
„Quatsch.", machte ich. „Er freut sich immer über Besuch, glaube mir. Und wenn du willst, kann ich ihn anrufen und fragen, ob du mitkommen kannst.".
„Das ist dein Freund.", erklärte Jensen. „Und ich will mich nicht aufdrängen.".
„Machst du nicht.", versicherte ich ihm. „Ich rufe ihn mal an.". Bevor Jensen noch etwas erwidern konnte, stand ich auf, huschte nach oben, schnappte mir mein Handy und eilte wieder hinunter. Während ich wieder zurück in die Küche schlenderte, scrollte ich in meinen Kontakten nach seinem Namen und tippte dann kurzerhand auf den Anruf-Button. Als ich dann schließlich wieder am Küchentisch ankam, stellte ich das Handy auf laut und setzte mich dann. Keinen Wimpernschlag später nahm ein – wie gewohnt – gut gelaunter Tommy ab.
„Guten Morgen, mein Sonnenscheinchen.", begrüßte er mich.
„Morgen, Tommy.", meinte ich und lächelte über seine Begrüßung. Auch Jensen grinste breit, während er kaute.
„Du willst doch nicht für heute absagen, oder?", fuhr Tommy fort und klang etwas enttäuscht.
„Nein, keine Sorge.", entgegnete ich. „Ich wollte nur fragen, ob es okay für dich ist, wenn ich Jensen mitbringe.".
„Ah, Süße.", schnurrte Tommy. „Natürlich darfst du deinen Märchenprinz mitbringen.".
Sogleich schoss mir eine Röte ins Gesicht. „Ähm.", machte ich und räusperte mich. „Mein Handy ist auf laut, Tommy.".
Jensen schluckte den Bissen herunter. „Hey, Thomas.", sagte er dann locker ohne sein Schmunzeln zu unterbrechen.
„Hallöchen, Mr. Perfect.", trötete Tommy und fuhr dann ungehindert fort. „Selbstverständlich bist du auch eingeladen. Ophilchens Freunde sind auch meine Freunde.".
„Freut mich zu hören.", entgegnete Jensen. „Sollen wir irgendetwas mitbringen?". Er lauschte, während er seine Kaffeetasse nahm und einen Schluck trank.
„Um Gottes Willen, nein.", meinte Tommy. „Ich habe euch doch eingeladen, da müsst ihr doch nichts mitbringen.".
„Okay.", hauchte Jensen und stellte die Tasse wieder hin.
„Bleibt es denn bei einundzwanzig Uhr?", fragte ich meinen alten Freund.
„Ja, natürlich.", antwortete dieser. „Es sei denn, es passt euch nicht.".
„Doch, einundzwanzig Uhr ist gut.", meinte ich.
„Super, dann sehen wir uns später?".
„Ja.", antworteten Jensen und ich gleichzeitig.
„Fantastisch. Dann bis später, ihr Turteltäubchen.". Indem legte er auf und hinterließ eine unangenehme Stille.
Jensen hörte nicht auf zu schmunzeln. Er nahm noch einen Schluck Kaffee und blickte dann gedankenverloren auf das helle Porzellan. „Märchenprinz, hm?", raunte er belustigt und fing sich von mir einen Schlag auf seinen Oberarm ein. Belustigt funkelte er mich mit seinen grünen Augen an.
„Bilde dir bloß nichts darauf ein.", knurrte ich lächelnd. Lustig war es ja schon.
„Niemals.", meinte er voller Ironie und leerte seine Kaffeetasse.

Wie Rome und JuliaWhere stories live. Discover now