Kapitel 46 - Hol mich aus dem Schatten

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Es war ihr Innerstes das schrie. Hol mich hier raus, weck mich auf, bring mich weg von diesem Alptraum. Sie sah Draco in die Augen, diese wunderschönen sturmgrauen Augen, die sie gerade abschätzig musterten. Wieso sah er sie nicht an? Wieso sah er nicht durch ihre Augen und erkannte dass sie feststeckte, in dieser leblosen Hülle völlig ohne Gefühle? Sie war hier, warum sah er sie denn nicht?

Sie war gefangen in ihrem eigenen Körper, hatte sich nicht unter Kontrolle, merkte es nichteinmal wie ihr Innerstes gegen sie protestierte. Sie hatte keine Emotionen mehr, nichts dass sie an irgendetwas hindern würde. Weshalb sie auch die Schale unter Dracos Unterarm gehalten hatte um den Zauber zu vollenden.

Denn nun war es gleich soweit. Der Drache würde den Trank trinken und damit über diese Felswand hinweg fliegen können. Ob er das mit ihr oder ohne sie tat, war ihr gleichgültig. Auch was er dann mit Hogwarts anstellen würde. Wenn er es niederbrennen wollte, dann würde sie nichts dagegen unternehmen. Sie würde einfach nur die Aussicht bewundern.

Doch da war dieser kleine Teil in ihr, den sie nicht bemerkte. Dieser kleine Teil der sie immer wieder dazu brachte Draco anzusehen. Der schrie und kreischte als könnte ihn irgendjemand hören. Hol mich zurück, hauche mir wieder Leben ein, ich kann nicht aufwachen, ich bin in diesem Schatten gefangen!

Draco wich ihrem Blick nicht aus, es war als würde er etwas in ihr sehen und dieses etwas löste Hoffnung in dem kleinen Teil von Hermione aus, der sich wehrte. Hier bin ich, kannst du mich sehen? Ich erfriere hier drin, ohne deine Berührung bin ich tod. Hilf mir! Rette mich! Innerlich schrie sie so laut sie konnte doch in der realen Welt, war nichts davon zu hören.

Da waren nur Hermione, Draco und der Drache der wie gebannt auf das glitzernde Pulver starrte. Er hob seinen mächtigen Kopf, nahm einen großen Atemzug und spie Feuer so heiß, dass es beinahe so aussah als würde die wunderschöne Schale schmelzen. Doch das tat sie nicht, stattdessen verwandelte sich das Pulver in eine glitzernde Flüssigkeit und die Augen des Drachens begannen zu leuchten.

Immer noch starrte Hermione Draco an und es war als hätte ihr Innerstes plötzlich die Kontrolle zurück bekommen, in dem winzigen Moment in dem der Drache abgelenkt war. Denn der Slytherin konnte spüren wie sich der Fluch plötzlich löste. Zuerst bewegte er seine Fingerspitzen, dann wackelte er mit den Zehen. Ohne Zweifel er war frei. Doch er blieb wo er war. Es war die perfekte Ausgangsposition.

Wie eine Marionette bewegte sie sich zu der heißen Schale hin. Es war als hingen ihre Hände an Seilen, als sie sie ausstreckte und das glühende Metall berührte. Doch sie spürte es nicht. Sie konnte deutlich sehen wie ihre Haut unter dem Gold immer röter wurde. Wie sie sich aufschürfte und sich kleine Brandblasen bildeten. Doch es war als wären es nicht ihre Hände, als wäre sie ein Aussenstehender der belanglos zusieht.

Sie nahm die Schale von dem kleinen Podest auf dem sie stand und streckte sie hoch in den Himmel, dem Drachen entgegen. Zufrieden sah dieser auf Hermione hinab. Sie hatte sich am Ende als ein ziemlich nützlicher Diener erwiesen. Wie schade dass er sie nicht weiter benötigte.

Majestätisch neigte er seinen Kopf zu der Schale, er spürte wie das Feuer in ihm immer größer wurde, wie es anfing unkontrollierte Flammen zu schlagen und nur darauf wartete endlich aus ihm heraus zu brechen. In seinem Kopf brannte Hogwarts bereits und jeder Zauberer, jede Hexe darin, ging mit dem Schloss unter.

Draco bewegte seine Hand mit kleinen Bewegungen zu seinem Zauberstab. Es war gleich soweit, hoffentlich würde alles gut gehen. Er merkte wie die Münze in seiner Hosentasche heiß wurde, das war das Zeichen.

Der Drache streckte seine lange Zunge aus dem Maul und berührte die glitzernde Flüssigkeit leicht. Draco sah zu wie er Tropfen für Tropfen genüsslich trank und als er den letzten Rest aus der Schale gesaugt hatte, wurde der dämmernde Himmel plötzlich raabenschwarz. Es war als hätte jemand die Sonne ausgeschaltet, kein Licht war zu sehen, nichteinmal der Mond war da. Es war finster, stock finster und alles war in der erdrückenden Dunkelheit gefangen.

Dramione - Walk into shadow Where stories live. Discover now