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Anders als Sakura, hatte Kakashi nicht von dem Brief gewusst, dem ihm eben ein Anbu in die Hand gedrückt hatte. Er hatte sich in den letzten Tagen wohl ziemlich von allen abgeschottet, seitdem er durch die ihn überrennende Shizune davon erfahren hatte. Wenn er sich recht erinnerte, hatte sie damals eine Menge dieser weißen Briefe auf dem Arm, welche natürlich in Folge des Zusammenstoßes herunterfielen. In Gedanken wanderte er noch einmal an diesen Tag zurück, an dem seine Welt ein weiteres Mal erschüttert wurde:

Kakashi schlenderte durch den Hokageturm, tief in sein Buch vertieft, der neue Band, dem ihm Naruto bei seiner Ankunft mitgebracht hatte. Es war echt das Beste von Jiraiyas Büchern, wenn es nach ihm ging. Auf einmal spürte er, wie jemand in ihn hereinrannte und als er seinen Blick hob, erkannte er Shizune, welche einen Haufen gestapelter Briefe trug und verzweifelt um ihr Gleichgewicht kämpfte. Doch sie schaffte es natürlich nicht, sondern schwankte immer stärker und er konnte gerade noch reagieren, bevor die Braunhaarige selbst auf den Boden geknallt wäre. Aber für die Briefe war es zu spät, sie segelten durch die Luft, wie Blütenblätter, und verteilten sich über den ganzen Flur. „Alles in Ordnung?", fragte er Shizune, welche daraufhin schnell nickte. Kaum hatte er sie losgelassen, kniete sie sich hin und begann damit die Briefe aufzusammeln, wobei sie so etwas vor sich hinmurmelte, wie dass Tsunade sie sicherlich umbringen würde, oder so. Schweren Herzens steckte Kakashi sein Buch in seine Tasche und kniete sich ebenfalls hin, um ihr zu helfen. Er seufzte innerlich, was tat man nicht alles, um ein guter Ninja zu sein. Als sie die Briefe aufgesammelt hatten und er sein Buch natürlich sofort wieder in die Hand genommen hatte, was für einen abwertenden Blick Shizunes führte, welche sich natürlich genau darüber bewusst war, was für eine Natur diese Bücher waren, fiel Kakashi wieder ein, was er eigentlich hier wollte. Wenn er gleich Shizune fragen würde, könnte er sich den Weg zu Tsunade sparen, welche ihm bestimmt immer noch mit dem Bericht von seinen letzten Missionen in den Ohren liegen würde, schließlich war die Braunhaarige die rechte Hand der Hokage. „Ähm was ich fragen wollte Shizune", begann der Jonin, „weißt du, ob das mit Gaara stimmt? Also dass er noch lebt?" Shizune schaute zu ihm auf: „Ja, die gute Nachricht ist heute Morgen angekommen." Kakshi fiel ein großer Stein vom Herzen, der Kazekage lebte. Er war nicht schuldig an seinem Tod. Dies wäre er es wahrscheinlich realistisch gesehen eh nicht, schließlich hatten sie seine Spur verfolgt, die beiden Akatsuki Mitglieder gefunden und sogar eines von den beiden, er glaubte sich zu erinnern, dass sein Name Sasori war, oder so, zur Strecke gebracht. Nur war der andere der beiden, mit den langen blonden Haaren, mit dem Gaara verschwunden. Zwar war die ältere Frau, welche sein Team begleitet hatte und deren Namen er leider vergessen hatte, dem verrückten Nuke-nin hinterher, aber zu dem Zeitpunkt war der Kazekage, wenn man Sasoris Aussagen glauben schenkte, schon nahezu tot. Er und sein Team hatten zwar ihr Bestes gegeben, aber er hatte sich in den letzten Tagen immer wieder Vorwürfe gemacht. „Puh, dann kann ich das ja gleich Naruto erzählen, auch wenn Sakura erledigt dies bestimmt schon, sie ist heute Morgen ziemlich schnell in Richtung Krankenhaus gerannt", lächelte Kakashi, während er sich, wie so häufig, mit der rechten Hand am Hinterkopf kratzte. „Ähm Kakashi", begann Shizune und ließ durch ihren Tonfall Kakashi in seiner Bewegung innehalten. Sie klang so, wie die Ninjas damals, die ihm mitgeteilt hatten, dass Minato und Kushina gestorben sind. Er hatte auf einmal das dringende Bedürfnis sich die Ohren zuzuhalten, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Er konnte sich nicht rühren und musste dabei ziemlich dämlich aussehen, wie ein Kind, welches man bei einer verbotenen Tätigkeit erwischt hatte.

„Naruto ist tot", diese Worte aus Shizunes Mund, ließen seine Welt erstarren. Seine Hand, welche er noch immer an seinem Hinterkopf hatte viel ihm kraftlos herunter, ebenso wie sein Buch, welches er bis eben krampfhaft umklammert hatte. Noch bevor dieses aber den Boden erreicht hatte, war Kakasi aus dem Flur verschwunden. Er wollte sich nicht die Blöße geben vor Shizune zu weinen. Seine Welt drehte sich und auch, wenn er schnell durch das Dorf ließ und jede Begrüßung auf dem Weg schnell erwiderte, bekam er doch nichts von alledem mit. Er lief immer weiter, bis er irgendwann mitten in einem Wald wiederfand. Er brauchte eine Weile, bis er sich wieder orientiert hatte. Er stand mitten im Wald des Trainingsplatz 3. Langsam ging er weiter, bis er auf der großen Kahlfläche ankam, auf dem er Team 7 die Regeln für die Geninprüfung erklärt hatte. Er erinnerte sich noch ganz genau an die vergeblichen Versuche seiner drei Schüler an eines der Glöckchen zu gelangen. Auf einmal fühlte er sich, wie in die Vergangenheit katapultiert. Er sah sich ,völlig genervt, und die drei Genin, welche vom ewig langem Warten nicht weniger verdrossen waren. Er hätte damals niemals gedacht, wie wichtig ihm diese Kinder werden würden, denn er war eigentlich fest entschlossen sie durchfallen zu lassen, aber stattdessen hatte er mit ihnen unvergessliche Abenteuer erlebt. Auf einmal hörte er einen Schrei und als er wieder aus seinen Gedanken aufschreckte, sah er ,wie Naruto zusammen mit seinem Schattendoppelgängern zusammen einen Angriff auf sein damaliges Ich startete. Wie immer hatte der Blondschopf sein breites Grinsen in Gesicht, aus welchem man ablesen konnte, dass er sich seines Sieges sicher war. Doch gerade als Kakashi schmunzelte und darauf wartete, dass Naruto eines Besseren belehrt wurde, hörte er Shizunes Stimme in seinem Kopf: „Naruto ist tot!" Auf einmal löste sich das Bild vor seinen Augen auf und er stand wieder auf dem leeren Trainingsplatz stand. Diesmal konnte er die Tränen nicht zurückhalten und er ließ sich auf den Boden fallen die Welt vor seinen Augen verschwamm. Er wusste nicht, wie lange er dort gesessen hatte, bis sich auf einmal jemand neben ihn setzte. Er brauchte eine ganze Weile, um seine Tränen so weit wegzuwischen, um zu erkennen, wer da gerade in seinem schrecklich grünem Trainingsoutfit mit neonorangenen Stulpen kombiniert neben ihn Platz genommen hatte. Gai legte ihm vorsichtig einen Arm um die Schulter. Eine Zeit lang saßen sie nebeneinander auf dem Boden. „Möchtest du mir vielleicht sagen, was passiert ist?", fragte Gai seinen selbst auserkorenen Rivalen auf Lebzeiten. Kakashi schaute ihn eine Weile stumm an und öffnete dann doch seinen Mund. Doch er konnte es nicht aussprechen, denn er hatte das Gefühl, dass es dann nicht mehr zu ändern geht, so als, ob die Tatsache erst dann zu Realität wurden, wenn er sie aussprach. „Naruto ist tot", krächzte er dann schließlich doch. Er beobachtete, wie sich Gais Augen weiteten und er fühlte sich sehr an seine eigene Reaktion erinnert. Dann begannen dem Ninja mit den buschigen Augenbrauen die Tränen über die Wangen zu laufen. Er schien nicht begreifen zu können, dass Narutos Kraft der Jugend einfach so versiegt war. Sie saßen dort, bis die Sonne untergegangen war und sogar noch länger. Kakashi war in diesen Augenblicken echt dankbar Gai zum Freund zu haben.

Amnesia ReturnWhere stories live. Discover now