Ich suchte meinen Namen unter den ganzen Chats und entdeckte ihn erst nicht, doch dann fand ich ihn ungefähr in der Mitte. Es war auch schon einige Zeit her, dass wir geschrieben hatten. Mein Name war allerdings nicht mein Name (also Rose Evans), sondern tatsächlich Mein Engel <3. Der Junge hatte auch Probleme. So hatte er mich noch nie genannt, allerdings musste ich zugeben, dass es mir besser als Baby, Babe, Häschen, Süße, Kleine oder sonst was gefiel. Die letzten beiden gingen ja noch, aber die ersten drei mochte ich nicht, das klang alles so, als wäre ich sein Betthäschen.

Jedenfalls ließ ich mir jede Menge Zeit mich über den Namen zu wundern, ging irgendwann aber doch in den Chat und klickte das Symbol an, mit dem ich mir Fotos aus seiner Galerie schicken konnte.

Er hatte mehrer Ordner mit Bildern, dich ich erst alle nicht beachtete, bis ich einen mitmeinem Namen fand.

Meine Kinnlade klappte sichtlich ein Stück weit nach unten, als ich die Bilder in dem Ordner sah. Es waren nicht total viele, aber dreizehn Bilder von mir genügten, um kurzzeitig die Luft anzuhalten und die Augen ein bisschen aufzureißen. Nicht mal ich hatte Bilder von David und das obwohl ich ihn wirklich mochte und am liebsten stundenlang ansehen würde. Aber bis jetzt war ich nie auf die Idee gekommen heimlich Bilder von ihm zu machen, um ehrlich zu sein gefiel mir sein Anblick in real viel besser, als es auf einem Foto sein könnte, dafür konnte ich ihn nicht so lange betrachten wie auf einem Foto.

Das kam vielleicht sehr Stalker-mäßig rüber, aber allein sieben Bilder davon waren welche, wo ich bewusst vor den Sehenswürdigkeiten posiert hatte. Das erste Bild in dem Ordner war das, welches er einmal auf Facebook gepostet hatte und ich diese seltsame Grimasse zog. Sogar drei andere waren, während ich seelenruhig schlief (eins von der jetzigen Klassenfahrt, eins aus dem Flugzeug bei der Hinreise und das letzte von damals, als ich sturzbesoffen mit Handschellen bei ihm übernachtet hatte). Eines der übrigen war das, welches May mal auf Instagram gepostet hatte, auf dem David und ich ziemlich umschlungen auf dem Motorrad saßen. Dann gab es noch eines, das er unbemerkt von mir geschossen hatte, als wir am See waren und ich gerade mit komplett durchnässten Klamotten aus dem eiskalten See lief, in den er mich geworfen hatte. Und das letzte, welches mir am besten gefiel, war eines, das er von uns beiden gemacht hatte. Mal wieder schlief ich und er drückte mir seine Lippen halb auf den Mund, halb auf die Wange, dabei hatte er seine Augen geschlossen. Das Bild war etwas verrutscht, was auch logisch war, da er es ja mit der Frontkamera selbst geschossen hatte und dabei seine Augen geschlossen hielt.

Es war zwar etwas gruselig, dass er mich so oft (vor allem beim schlafen) fotografierte, aber irgendwie gefiel es mir auch. Ich musste ihm wirklich etwas bedeuten.

Ich klickte die sieben Bilder von mir vor den Sehenswürdigkeiten an und fügte kurzfristig auch noch das hinzu, wo er mich im Schlaf küsste, es war einfach zu schön. Ich löschte die Nachrichten mit den Bildern dann aber wieder aus seinem Chatverlauf, nachdem sie bei meinem Handy angekommen waren. Er musste ja nicht wissen, dass ich an seinem Handy war. Vielleicht würde ich es ihm aber doch noch irgendwann sagen, um mein sich unwohl fühlendes Gewissen zu beruhigen.

Ich konnte es nicht lassen und scrollte durch seine Kontakte bei WhatsApp durch. Viele Namen kannte ich gar nicht. Seine Kumpels, die er größtenteils mit irgendwelchen Insider Namen eingespeichert hatte, erkannte ich nur an ihren Profilbildern. May trug den Namen Schwesterherz. Claire fand ich unter ihrem normalen Vornamen. Ansonsten fand ich erstaunlicherweise nicht mal so viele Mädchen. Und die Mehrheit davon war unter ihrem normalen Vornamen eingespeichert, was mich ziemlich erleichterte. Ganz am Ende seiner Kontakte fand ich noch mal zwei Mädchen, mit denen er schon ewig nicht mehr geschrieben hatte, anhand ihrer Profilbilder und deren Namen Nicht rangehen und Nicht rangehen 1 fand ich heraus, dass es seine Ex-Freundinnen waren. Ich war mir sicher, dass er schon um die vier Stück gehabt hatte, aber vielleicht hatte der die Nummern der anderen ja gar nicht mehr oder er verstand sich noch so gut mit ihnen, dass sie netterweise unter ihrem normalen Vornamen gespeichert waren - auf die Mädchen mit den Vornamen hatte ich nicht wirklich geachtet. Ich hatte nur bemerkt, dass keine Anabell bei ihm existierte, scheinbar schien er ja wirklich nichts mit ihr zu tun zu haben bis auf den Kuss.

Seine längste Beziehung - soweit ich das wusste - war ein knappes dreiviertel Jahr gewesen. Die anderen waren nie länger als ein halbes gewesen, wenn überhaupt. Er schien auch nicht wirklich Glück in der Liebe zu haben - umso besser für mich. Das brachte mich auf den Gedanken, dass er auch nicht ewig Single sein wird. Ich sollte meine Chance besser nutzen, nur wusste ich noch nicht ganz wie.

Ich bedeutete ihm eindeutig was und zwar mehr als auf freundschaftlicher Basis. Sonst hätte er keine Bilder von mir und ich wäre nicht die einzige mit so einem Kontaktnamen bei WhatsApp. Trotzdem wusste ich nicht, ob er auf eine Beziehung aus war.

Ich fand, dass ich genug in seinen Sachen gewühlt hatte und legte das Handy mit immer noch etwas schlechtem Gewissen an seinen Platz zurück. Dann nahm ich mir das bisher unberührte Buch wieder und las es solange, bis ich irgendwann zu müde wurde und es gerade noch beiseite legen konnte, bevor ich mit dem Gedanken an David einschlief.

My Best Friends BrotherWhere stories live. Discover now