Kapitel 63

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Gerade eben standen wir vor der nächsten Sehenswürdigkeit Westminster Abbey und hörten uns einen abnormal langweiligen Vortrag unseres Geschichtslehrers darüber an.

Währenddessen hatte ich endlich Zeit das von vorher nochmal zu verarbeiten.

Zuerst war ich mir nicht ganz sicher gewesen, ob es wirklich mein Ex war, da es bestimmt mehrere Typen gab, die auf die Entfernung so aussahen. Trotzdem war dieser hier mir vertraut vorgekommen, als hätte ich spüren können, dass er es ist.

Ich hatte nicht gewusst, was ich machen sollte.

Einfach hinlaufen wäre eine Möglichkeit gewesen, aber nicht bevor ich mir hundertprozentig sicher war. Ich hätte auch David darauf ansprechen können, was er dazu meinte, hatte diese Idee aber schnell wieder verworfen.

David und mein Ex Luke kannten sich nicht wirklich. Aber ich war für längere Zeit mit Luke zusammen gewesen, während ich David schon im Kindergarten kannte, da war es selbstverständlich, dass sie sich hin und wieder mal über den Weg gelaufen waren. Ich wusste nicht mal warum und wahrscheinlich gab es auch keinen richtigen Grund, aber es war schnell klar gewesen, dass die beiden niemals beste Freunde werden würden. Damals fand ich das ganz gut, da ich David ja auch nicht hatte leiden können, aber das hatte sich geändert. Dafür wollte ich jetzt definitiv nichts mehr von Luke, trotzdem freute ich mich ihn gesehen zu haben. Falls er es denn war.

Deswegen hatte ich es für besser gehalten David hier raus zu halten und ihm zu verschweigen, um wen es sich womöglich handelte.

Nach einem Gedankenblitz hatte ich zu meinem Handy gegriffen und Luke auf WhatsApp kontaktiert. Ich war selbst darüber erstaunt, dass ich seine Nummer noch hatte. Sein Name, der von einem Herzchen mittlerweile zu Luke gewechselt war, wurde aber auch ganz unten bei meinen Chats angezeigt.

Wäre Luke nicht gezwungen worden wegzuziehen, könnte es sein, dass wir heute noch zusammen wären. Ich bezweifelte es zwar, aber wissen konnte ich es nicht. Jedenfalls hatten wir uns im guten getrennt und ich hatte ihm aus diesem Grund schließlich auch tatsächlich eine Nachricht geschickt.

So entstand ein ziemlich oberflächliches Gespräch per WhatsApp. Da mich der blonde Kerl alias Luke mittlerweile schon angelächelt und mir seine Identität bestätigt hatte, war ich mir sicher, dass er es war.

Die Jungs hatten gemerkt, dass wir wieder gehen mussten, was wir dann auch getan hatten.

Dabei liefen wir an Luke vorbei und ich blieb kurz stehen und wechselte wenigen Smalltalk mit ihm. Außerdem hatte er mich ziemlich verwirrt, als er meine Hand kurz in seine genommen hatte. Ich hatte aber einfach so getan als wäre das nicht passiert.

Ich hatte mich beeilt die Jungs einzuholen und war dann letztendlich unter dem verwirrten und nicht wirklich erfreuten Blicks von David zu dem vereinbarten Treffpunkt gegangen.

Während all diesen Gedanken wurde der Vortrag endlich beendet. Besichtigt hatten wir das ganze schon davor, mehr würden wir heute nicht mehr machen.

Im Dämmern ging der chaotische Haufen wieder zurück zur Herberge.

Meine Füße taten jetzt schon am ersten Tag ziemlich weh, weswegen ich auch froh war, als wir endlich ankamen und jeder in seinem Zimmer verschwinden durfte und konnte.

Nachdem ich mich als eine der letzten die Treppe hochgeschleppt und unser Zimmer erreicht hatte, schlüpfte ich aus meinen Schuhen und schmiss mich dann aufs Bett.

"Bist du jetzt schon so überanstrengt?" fragte mich David, der gerade netterweise die Tür zu machte, die ich einfach aufgelassen hatte.

"Hmm, ich brauch erstmal eine Pause. Willst du mir die Füße massieren?" antwortete ich und schielte im Liegen zu ihm.

"Nein danke." wehrte David ab, wobei sich seine Mundwinkel minimal hoben.

Ich erwiderte nichts darauf, sondern versuchte mich nur zu entspannen.

David erbarmte sich zwar immer noch nicht meine Füße zu massieren, dafür räumte er endlich mal seine Klamotten in den Schrank, die bis jetzt nur im Weg standen.

Ich schreckte auf, als mein Handy zu Vibrieren begann. Scheinbar hatte ich eine neue Nachricht. Mein Handy war aber in meiner Tasche und die lag auf dem Boden, ich hingegen auf dem Bett.

"David...?" murmelte ich und zog seinen Namen bittend in die Länge.

Er stöhnte auf und drehte sich zu mir. "Was willst du denn jetzt schon wieder?" fragte er mich und zog die Augenbrauen fragend nach oben.

"Uhm, mein Handy hat gerade vibriert und..." versuchte ich das eigentliche zu umschreiben.

"Und da dachtest du dir fragen wir mal lieber mich, statt dass wir uns selber aufrichten und zum Handy greifen. Wenn du dich strecken würdest, müsstest du wahrscheinlich nicht mal das Bett verlassen." Er verdrehte die Augen, doch ich merkte genau, dass er leicht grinsen musste.

Obwohl ich es nicht mehr erwartet hätte, holte er mein Handy aus der Tasche, sah auf den Display und warf es mir dann zu mir aufs Bett.

"Solange du nachher beim Duschen immer noch so faul bist und ich dir beim Abtrocken helfen soll..." David würde sich wohl nie ändern. "Ist übrigens Luke."

Ich überhörte es zwar fast, aber da lag ein bisschen Verächtlichkeit bei der Aussprache dieses Namens.

Ich hatte meine Nachrichten bei WhatsApp so eingestellt, dass sie immer aufploppten, wenn der Bildschirm aus war, was auch erklärte, warum David es wusste.

Luke hatte mir geschrieben, dass ich zu dem Haupteingang der Herberge kommen sollte.

Warum...?

Ich hatte zwar alles andere als Lust da jetzt runter zu gehen, rappelte mich aber trotzdem auf und machte mich auf den Weg den Auftrag zu erfüllen.

David musterte mich argwöhnisch dabei. Ausnahmsweise verstand ich ihn. Ich war zu faul mein Handy zu holen und bat ihn mir zu helfen, aber sobald Luke mir schrieb, sprang ich auf. Ich war aber auch neugierig was er wollte.

Nur mit Socken öffnete ich die Haupteingangstüre der Herberge und sofort schlug mir der kalten Nachtwind entgegen. Dennoch trat ich ganz hinaus und sah mich suchend - nach was auch immer - um. Es dämmerte zwar schon, wenn nicht sogar mehr als das, aber richtig dunkel war es noch nicht.

"Da bist du ja schon." Das war eindeutig Luke's Stimme. Doch was machte er hier?

Irgendwie war die Situation äußerst merkwürdig. Es war so still hier draußen, schon dunkel und ich wusste nicht ganz, was ich jetzt mit meinem Ex-Freund hier machen sollte.

Aber diese Entscheidung wurde mir abgenommen und das folgende machte die Situation noch unglaublicher.

Luke drückte mich gegen die Hauswand der Herberge. Nicht feste, aber in meiner Verwirrung hatte ich keine Chance mich dagegen zu wehren.

Was tat er da?

Also es war eindeutig was er tat, aber warum?

Zwischen uns war nichts mehr und das schien er vergessen zu haben, denn auf einmal lagen Lukes Lippen gegen meinen Willen auf den meinen.

My Best Friends BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt