Kapitel 48

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Am nächsten Morgen wachte ich mit einem kleinen Muskelkater auf und machte mich im Schneckentempo bereit für die Schule, obwohl ich eh schon eher spät dran war.

Der Muskelkater kam von dem bisschen Joggen, Dehnen und Kraftübungen, die ich gestern gemacht hatte, um mich abzulenken. Das hatte allerdings nicht wirklich gut geklappt, da ich vor allem bei den Kraftübungen ununterbrochen an das eine Mal denken musste, an dem David mit mir diese Übungen gemacht hatte. Vor allem seine Liegestützen mit mir auf dem Rücken und die Massage wollten mir gestern einfach nicht aus dem Kopf gehen. Von dem Kuss natürlich ganz zu schweigen.

Mal wieder fast zu spät eilte ich zur Schule und joggte, trotz meines Muskelkaters, fast schon durch die leeren Schulflure.

Da war ich aber nicht die einzige, denn mich holte ein gewisser Typ ein, den ich am liebsten bis zum Mond schießen würde. Zum einen, da er mich immer so aufregte und zum anderen, um endlich genug Abstand von ihm zu bekommen und den Kuss zu vergessen zu können.

Aber immerhin liefen wir jetzt mit großen Schritten nebeneinander zum Klassenzimmer, ohne, dass wir auch nur einen einzigen Blick miteinander wechselten. So, als wäre jeder in seiner eigenen Welt, in der der jeweils andere gar nicht existierte.

Dass es aber nicht so war, merkte ich, als mich May nach unseren letzten Stunden abfing. Und wie es das Schicksal wollte, stand schräg hinter ihr David, der starr auf sein Handy guckte.

"Jacob hat mich gefragt, ob wir mal zusammen ins Kino gehen wollen, und damit meinte er nicht nur ihn und mich, sondern auch dich und meinen Bruder. Weißt du, David ist zurzeit ziemlich komisch und Jake wollte, dass er mal wieder was richtiges mit uns macht." erklärte sie mir, wobei sie das letzte im Flüsterton sagte.

"Hmm... Ich kann heute aber nicht." Das war glatt gelogen, aber ich wusste jetzt schon, dass man mit den zwei Turteltäubchen May und Jake nichts anfangen konnte, da blieben nur noch David und ich, auf sowas konnte ich zurzeit besonders gut verzichten.

"Ach ja, was hast du denn? Sogar David hat schon zugestimmt! Und wenn du absagst, bringt David am Ende noch eine seiner Partybekanntschaften mit, Claire macht heute nämlich was mit Mason." sagte sie mir.

Ich zog die Augenbrauen nach oben. "Welche Partybekanntschaften denn?" hakte ich, zugegeben etwas interessiert nach.

"Ja, Dienstag- und Mittwochabend ist er Party machen gegangen, obwohl er darauf normalerweise unter der Schulzeit verzichtet. Er kam zwar nicht richtig spät heim und sturzbesoffen war er auch beide Male nicht, aber er hat deutlich nach Frauenparfüm gerochen. Was die da getrieben haben weiß ich nicht, aber herumgemacht hat er allemal mit diesen zwei Schnallen, jeweils vorgestern und gestern. Zumindest hoffe ich, dass er nur zwei insgesamt waren." beantwortete May mir meine Frage, sodass nun auch David hellhörig wurde.

"Ähm, Schwesterchen, kannst du vielleicht aufhören der ganzen Welt von meinem Liebesleben zu erzählen?"

"Liebesleben... Das hatte also was mit Liebe zu tun?" fragte ich ihn ungläubig. Ich redete seit Dienstagnachmittag das erste Mal wieder direkt mit ihm, aber das musste ich einfach loswerden.

"Zumindest mehr Liebe, wie du in dem ganzen letzten Jahr zu spüren bekommen hast." gab er zurück.

Ich funkelte ihn kurz böse an und schaute dann wieder weg. Mir war sehr wohl bewusst, dass er damit auch unseren Kuss mit einbezog. Also keine Gefühle von seiner Seite, mir sollte es Recht sein.

Aber nein, verdammt noch mal, es ärgerte mich schon. Warum erwiderte er, wenn es ihm nichts bedeutete? Okay, ich war auch nicht in ihn verliebt oder so einen Schwachsinn und trotzdem hatte ich ihn geküsst. Aber dennoch, ihm schien das alles egal zu sein, mich hingegen beschäftigte der Kuss mehr als mir lieb war!

"Na gut, ich gehe mit ins Kino." gab ich schließlich nach. Immerhin hatte May meine Lüge von vorher jetzt ganz vergessen bei ihren Erzählungen von Davids Liebesleben. Und das machte ich nur, damit David dachte, der Kuss bedeutete mir genauso wenig wie ihm und, dass mir das alles hinten rum vorbei ging. Das tat es zwar nicht, aber besser so tun, als offen darlegen, dass mich die Sache schlaflos machte. So würde ich mich nur vor ihm blamieren. Ich war einfach keines der Mädchen, mit dem man einfach so seine Spielchen spielen konnte und ich war auch keine der vielen, die in David verknallt waren. Das konnte dieser arrogante Typ ruhig mal zu sehen bekommen!

Zwei Stunden später machte ich mich auf den Weg ins Kino.

Ich hatte mich nicht mehr umgezogen oder nachgeschminkt oder sonst was, für wen sollte ich das denn bitte machen? Für David ganz bestimmt nicht!

So ein Mist aber auch! Wir hatten uns zehn Minuten vor Filmbeginn im Kino verabredet und ich war leider zu spät. Ich hatte ein Buch gelesen und die Zeit völlig vergessen.

Im Laufschritt suchte ich das richtige Kino und hoffte nur, dass der Film noch nicht begonnen hatte, sondern noch die Werbung lief.

Als ich endlich den richtigen Kinosaal fand, schlüpfte ich durch die schwere Tür hindurch. Ich dachte schon, dass es das Schicksal einmal gut mit mir meinte, da sah ich, dass der Film schon angefangen hatte. Zwar noch nicht lange, da man noch die ganzen Schauspielernamen auf dem riesen Bildschirm sehen konnte und es mehr nach Vorspann aussah, aber trotzdem.

Ich ließ meinen Blick durch die Reihen gleiten und entdeckte in der Dunkelheit schließlich meine drei mehr-oder-weniger-Freunde. Nicht sonderlich erfreut auf das Widersehen mit David, huschte ich zu ihnen hinüber.

My Best Friends BrotherWhere stories live. Discover now