Kapitel 23

42.8K 1.4K 98
                                    

Ich wusste nicht mehr, wann ich aufgehört hatte zu rennen oder warum um alles in der Welt ich in den Wald gerannt war, aber ich verirrte mich ziemlich schnell. Meine Sicht war von den vielen Tränen immer noch verschwommen, weshalb ich nicht wirklich sah, wohin ich hinlief.

Ich lehnte mich mit dem Rücken an einen großen kühlen Baum und schaute dann nach oben in den Himmel, während eine Träne über meine Wange kullerte. Ich hatte mir geschworen, dass ich nicht auf Aiden und seinen Charme hereinfallen würde und was hatte ich gemacht? Ich hatte mich in ihn verliebt.

Der Schmerz in meiner Brust erinnerte mich daran wie dumm ich war. Ich war verletzt und das nur wegen ihm. Weil er mich für einen Moment glauben ließ, dass ich dieser Niemand war, in den sich der beliebteste Junge der Schule verlieben konnte.

»Ellie?« Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der die weiche Stimme gekommen war und sah Sam, die auf mich zukam. Ich lächelte sie leicht an, als sie vor mir stehenblieb.

»Wie hast du mich gefunden?«, krächzte ich. Meine Stimme hörte sich sogar noch schlimmer an, als ich dachte, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.

»Also erstens, wir sind Werwölfe.«, sagte sie.

»Wir sind Werwölfe?«

»Dachtest du wirklich, dass Aiden dich einfach mal so in den Wald rennen lässt, noch dazu bei Sonnenuntergang? Er wollte gleich mit dir sprechen, aber ich habe ihn davon überzeugt mich das machen zu lassen, damit wir zuerst unter Mädchen reden können. Aber ich spüre, dass er in unserer Nähe ist.«, erklärte sie kichernd. Aiden war mir gefolgt? Wieso sollte er das tun? Ich hatte ihm doch gesagt, dass er mich nun ablehnen und dann glücklich werden sollte. Wieso konnte er nicht erkennen, dass ich bloß das Beste für uns beide wollte?

»Was braucht er denn, um mich abzulehnen?«, fragte ich und warf dabei frustriert die Hände nach oben.

»Was? Er hat dich abgelehnt?«, schrie Sam, aber ein Knurren unterbrach sie. Das Knurren machte mir keine Angst, im Gegenteil, es gab mir Sicherheit und Geborgenheit.

»Ich habe es ihm gesagt.«, fügte ich schüchtern hinzu.

»Warum solltest du so etwas sagen? Es hat so ausgesehen, als wärt ihr beide so in einander verliebt.«, sagte Sam ehrlich. Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich an diese Zeit zurückdachte. An unser erstes Date, unseren ersten Kuss und an die Art und Weise wie ich mich gefühlt hatte, als er mir gesagt hatte, dass er mich liebte.

»Er liebt mich nur, weil ich seine Mate bin.«, flüsterte ich.

»Ellie, ich verstehe gar nichts. Was ist passiert?«, sagte sie, während sie mir mit jedem Satz näher kam, aber ich sah sie nur ausdruckslos an. Ich atmete tief durch, aber da das nicht brachte, versteckte ich peinlich berührt mein Gesicht in meinen Händen, um ihr nicht mehr in die Augen sehen zu müssen.

»Vor ein paar Tagen bin ich in Aiden hineingelaufen, als er gerade mit seinen Freunden gesprochen hat. Er hat sich nicht einmal umgedreht oder mich angesehen.«, sagte ich. Sam öffnete den Mund, um irgendetwas zu sagen, aber sie schloss ihn gleich darauf wieder. »Wir leben in derselben Stadt und gehen auf dieselbe Schule, aber er hat noch nie mit mir gesprochen. Bis zu diesem Tag, als er dachte, ich wäre eine neue Schülerin. Erst dann hat er mich gesehen. Und dann erfahre ich von dieser Seelenverwandschaft und von einer gewissen Verbindung.«, redete ich weiter.

»Ihr seid ja auch Seelenpartner.«

»Das kann sein, aber er war doch auch mit den ganzen anderen Mädchen glücklich, die er vor mir hatte bis er herausgefunden hat, dass ich seine Mate bin.« Allein der Gedanke an die Mädchen, die ihm bis vor ein paar Tagen noch Sachen ins Ohr geflüstert hatten und ihm hinterhergegangen waren, ließ mich traurig werden.

»Darum geht es also? Dass mich die anderen Mädchen nicht mehr interessieren, seitdem ich dich getroffen habe?«, rief Aiden, der auf einmal vor mir stand und nur eine kurze Shorts trug. Vergeblich versuchte ich nicht daran zu denken wie gut er aussah, denn ich wusste, dass es nur die Verbindung war, die mich zu ihm zog. Als ich von seinem Körper in seine Augen sah, merkte ich, dass sie viel dunkler wirkten als sonst.

»Nein, es geht darum, dass uns nur diese Verbindung zusammenhält. Es ist einfach das Beste für uns, wenn du mich ablehnst und mit jemandem zusammenkommst, den du wirklich liebst.« Seine Augen wirkten jetzt schon fast schwarz und ein Knurren entfuhr seinen Lippen. Er kam mir bedrohlich einen Schritt nahe und starrte mich aus seinen stahlgrauen Augen an, während ich versuchte meine Atmung in den Griff zu bekommen.

»Ich werde dich nicht ablehnen. Und ich werde auch nicht deine Ablehnung akzeptieren.«, sagte er langsam. Seine Augen zogen mich so stark in den Bann, dass ich nicht bemerkte wie nah er mir gerade war bis er mich an meiner Taille an sich zog. Erschrocken keuchte ich auf, als ich seine harte Brust spürte und seinen schnellen Herzschlag. »Du. Bist. Mein. Und die Verbindung ist nicht der Grund für meine Liebe zu dir. Ja, es wird dich weiterhin zu deinem Partner bringen, aber es kann Liebe nicht erzwingen. Also lehne mich ab, wenn du willst, aber ich werde nicht aufgeben, weil ich dich liebe.« Sprachlos sah ich ihn an.

Aiden hatte wieder gesagt, dass ich ihm gehörte und dass er mich liebte, und ich wusste wieder nicht, was ich sagen sollte. Seine Fingerspitzen hinterließen ein brennendes Gefühl auf meiner Wange, als er mir eine Haarsträhne hinters Ohr schob. Mir fehlten immer noch die Worte, weshalb ich ihn nur anstarrte. Aiden atmete tief durch und streichelte dabei meine Wange.

»Ich weiß, dass ich nicht der beste Mate war. Ich hätte dir die Dinge besser erklären müssen und ich hätte dir mehr zuhören müssen. In der Minute, in der ich wusste, dass du mir gehört, war ich in dich verliebt. Du bist perekt, weißt du das? Ich war so aufgeregt, weil du wirklich mir gehörst, dass ich vergessen habe, dass das alles so neu für dich war.«, fügte er hinzu. Schuldbewusst sah er mich an, während er mein Gesicht in seine Hände nahm. »Es tut mir leid, Eliya. Aber ich verspreche dir, dass ich für den Rest meines Lebens nicht mehr von deiner Seite weichen werde.«, sagte er leise.

Seine Worte wiederholten sich immer und immer wieder in meinem Kopf, während ich alles außer Aiden ausblendete. Liebe konnte man nicht erzwingen und er liebte mich. Alles, was wir erlebt hatten, spielte sich noch einmal in meinem Kopf ab. Unser erstes Date und wie sicher ich mich bei ihm gefühlt hatte, obwohl wir noch nicht viel miteinander gesprochen hatten. Jeden Kuss, den wir hatten. Es hatte bestimmt über fünf Sekunden gebraucht bis ich realisierte, was ich wirklich wollte.

»Es tut mir so leid! Ich liebe dich! Es tut mir so leid.«, rief ich und zog ihn dabei zu mir herunter. Dann sprang ich halb auf ihn drauf und schlang meine Arme um seinen Hals. Aiden schob mich etwas weg und setzte mich dann wieder auf meine Füße ab, aber er ließ mich dabei nicht los.

»Sag es noch einmal.« Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und legte meine Stirn an seine.
Seine grauen Augen bohrten sich in meine, was mein Herz zum Stolpern brachte.

»Ich liebe dich.«, sagte ich, bevor ich meine Lippen auf seine presste.

The Unnoticed Mate | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt