Kapitel 19

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Sobald Aiden seine Zimmertür öffnete, wurde ich von irgendjemandem kurz umarmt. Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren, aber wie durch ein Wunder, oder durch Aiden's Hände an meinem Rücken, fiel ich nicht hin. Die Frau, die mich überschwänglich umarmte, machte einen wirklich netten Eindruck. Sie hatte blonde Haare, die sie als hohen Pferdeschwanz trug, und sie roch auch sehr gut. Was mich aber überraschte, war, dass sie weinte.

»Mom, bitte. Meine Mate kann auch allein stehen.«, gab Aiden schmunzelnd von sich.

»Sei still! Es passiert schließlich nicht jeden Tag, dass ich meine zukünftige Schwiegertochter treffe.«, sagte sie und ich riss erschrocken die Augen auf. Schwiegertochter? Als wäre ich verheiratet ... mit Aiden? Ich habe doch nicht an so etwas gedacht, als er von Mates gesprochen hatte. Was war, wenn das mit uns nicht funktionierte? Wenn wir uns trennen sollten? Waren wir dann trotzdem noch zusammen?

Mein Herz fing an zu rasen, weil mich die vielen Fragen verrückt machten, und ich versuchte es zu kontrollieren, da Aiden und seine Mom es bestimmt hören konnten. Warum drehte ich jetzt durch? Ich liebte Aiden, auch wenn er es nicht wusste.

Plötzlich griff seine Mom nach meinem Arm und drehte mich dann zu sich, damit sie mich näher betrachten konnte. Auch ich sah mir ihr hübsches Gesicht genauer an und bemerkte, dass Aiden von ihr die grauen Augen hatte, nur mit dem Unterschied, dass ihre ein wenig heller waren. Waren eigentlich alle Werwölfe so wunderschön? Sofort dachte ich darüber nach, was Aiden wohl an mir fand.

»Sie ist so hübsch, Aiden!«, rief seine Mom glücklich.

»Ich weiß.«, entgegnete er und der liebenswerte Ton in seiner wundervollen Stimme ließ mich leicht rot werden.

»Ich habe eine großartige Idee! Lasst uns doch zusammen essen. Dann kann sie auch gleich das Rudel kennenlernen.«

»I-Ich ... Ehm ... Also ...«, stotterte ich.

»Ich glaube nicht, dass Ellie jetzt schon bereit dafür ist das Rudel zu treffen, Mom. Sie hat das doch erst heute über uns erfahren.«, sagte Aiden.

»Vielleicht nur die Familie?«, schlug sie stattdessen vor, was mich zum Lächeln brachte. Sie schien es wirklich mit allen Mitteln zu wollen, dass ich hierblieb, und ich fühlte mich überschwemmt von den vielen Informationen, aber wie schlimm konnte es schon werden?

»Das würde ich sehr gerne, Mrs Stone.«, antwortete ich.

»O nein, bitte nenn mich doch Abby.«, erwiderte sie lächelnd, bevor sie mich nochmals umarmte und dabei aufgeregt hin und her wippte. »Ich habe schon mit deinem Vater gesprochen und er hat für morgen Abend schon zugesagt.«, sagte sie dann.

»Wie hast du ...«, fragte ich, aber Aiden unterbrach mich, indem er einen Arm um meine Taille legte und meinen Scheitel küsste.

»Ich erkläre es dir später. Jetzt solltest du erst einmal nach Hause gehen.«, sagte er leise. Aiden hielt während der Autofahrt die ganze Zeit meine Hand und als wir vor meinem Haus ankamen, wollte ich nicht hineingehen. Ich blieb also einfach sitzen und für lange Zeit sagte niemand etwas. »Sie machen sich schon Sorgen um dich.«, sagte er, woraufhin ich ihn verwirrt ansah. Was meinte er damit?

Er schmunzelte und zeigte dann auf mein Haus, aber ich konnte zunächst niemanden erkennen.
Irgendwann sah ich dann doch zwei Augenpaare, die uns durch das Wohnzimmerfenster beobachteten. Ryder und mein Dad. Ich hielt mir seufzend eine Hand vors Gesicht, um meine Röte aufgrund dieser peinlichen Situation zu verstecken, aber wahrscheinlich war sie trotzdem zu sehen. Natürlich musste es nach all dem meine Familie sein, die sich Sorgen um mich machte.

»Es tut mir leid, ich ...«

»Du musst dich nicht entschluldigen. Sie haben sich nur Sorgen gemacht.«, sagte er. Er küsste mich auf den Kopf, der danach ziemlich stark kribbelte.

»Ich sollte reingehen, bevor sie zu mir kommen.«, sagte ich und obwohl es ein Witz sein sollte, musste ich sofort darüber nachdenken, was passieren würde, wenn genau das passieren würde. Ich kannte meinen Dad.

»Ich bringe dich noch zur Tür.«, entgegnete Aiden und ich musste über dieses Angebot lächeln.

»Das schaffe ich schon, glaube ich. Danke für heute.« Ich legte meine Hand an seine Wange und er lehnte sich zufrieden dagegen.

»Können wir später noch sprechen?«, flüsterte er.

»Ja.« Er beugte sich zu mir, um mich zu küssen, aber ich drehte mich weg. Er stöhnte leise, bevor er einen Schmollmund zog, aber ich grinste nur, weil mir gerade ein Gedanke kam. Ich ärgerte ihn, obwohl ich noch nie zuvor einen Jungen geärgert hatte, weshalb ich es jetzt einfach ausprobieren musste. Es würde vielleicht ziemlich dumm enden, aber ich wollte es trotzdem versuchen.

Also biss ich mir auf die Unterlippe und sofort hatte ich Aiden's Aufmerksamkeit, denn er lehnte sich konzentriert zu mir herüber. Ich leckte mir über die Lippe und rutschte enger an ihn heran, sodass uns nur noch wenige Millimeter voneinander trennten. Sein Duft vernebelte mir dermaßen die Sinne, dass ich kurz darüber nachdachte meinen Plan hinzuschmeißen und ihn einfach zu küssen. Aber bevor sich unsere Lippen berührten, drehte ich meinen Kopf zur Seite und küsste seine Wange.

»Danke fürs Fahren.«, flüsterte ich. Schnell stieg ich aus dem Auto und schwang wegen seinem bohrenden Blick auf mir extra die Hüften, während ich auf unser Haus zuging. Kurz bevor ich die Tür aufschloss, drehte ich mich noch einmal um und schenkte ihm ein verführerisches Lächeln, von dem ich hoffte, dass es verführerisch aussah.

»Eliya Lynn Parker, wo warst du?«, fragte mich mein Dad, sobald ich das Haus betrat.

»Ich war nach der Schule bei Aiden.« Ryder stand direkt hinter Dad und knutschte dabei mit seiner Hand, um Aiden und mich so nachzumachen. Ich war kurz vor dem Ausrasten, aber ich wollte nicht, dass Dad meine Wut auf Ryder mitbekam.

»Ellie, müssen wir wirklich dieses Gespräch führen?«, fragte Dad, woraufhin ich heftig den Kopf schüttelte.

»Nein ... Was gibt es heute Abend eigentlich zum Essen ... Ich bin wirklich hungrig.«, lenkte ich sofort vom Thema ab. Zum Glück verliefen die nächsten zwei Stunde relativ normal, obwohl mich Ryder immer noch mit Luftküssen aufregte. Mein Dad fragte mich die ganze Zeit über Aiden und seine Absichten aus und zu meinem Erstaunen war Mom dieses Mal meine Retterin.

»Hab etwas Vertrauen in deine Tochter.«, sagte sie. War sie krank? Ich dachte eigentlich, dass ich mich bei ihr auf ein viel schlimmeres Gespräch vorbereiten sollte, denn sie würde endlich ihre perfekte Tochter haben.

»Er ist es, dem ich nicht vertraue.«, murmelte er. Nachdem ich fertig gegessen hatte, ging ich hoch in mein Zimmer und merkte, dass ich nach diesem langen Tag wirklich müde und erschöpft war. Schnell ging ich ins Bad und zog mir danach eine kurze Hose und ein enges Top an, bevor ich mich in mein Bett legte. Ich war natürlich dumm gewesen, als ich dachte, dass ich nicht die ganze Zeit an Aiden denken würde. Was waren wir? War er jetzt mein Freund oder war ich als Mate nur wichtig für die Wölfe?

Seine Mom hatte mich als Schwiegertochter bezeichnet, aber bedeutete es das auch für uns?
Ein Geräusch unterbrach meine Gedanken und ich setzte mich aprupt auf, während ich den Raum nach der Ursache dafür absuchte, aber ich konnte nichts entdecken. Bevor ich mich wieder in meine Kissen fallen lassen konnte, presste auf einmal jemand seine Hand auf meinen Mund.

»Nicht schreien, Süße.« Mein ganzer Körper kribbelte und ich entspannte mich sofort, als ich seine raue Stimme hörte. Er nahm seine Hand weg und lehnte sich dann zurück, während er die Decke um uns legte.

»Was machst du hier?«, flüsterte ich.

»Ich hab dich gefragt, ob wir später noch sprechen können.«, antwortete er und zog mich dann zu sich herunter. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich mich an ihn schmiegte, weil ich noch nie einen Jungen in meinem Bett hatte. Das Geräusch seines Herzschlages war wie Musik in meinen Ohren und vertrieb somit auch die Sorgen und die Gedanken in meinem Kopf.

Ich nahm seine Hand und fuhr über seine langen Finger und Knöchel, während ich das Kribbeln und die Berührung genoss. »Ich dachte, dass du Telefonieren meinst oder so.«, murmelte ich. Aiden schmunzelte nur und fuhr mir durch die Haare, was sich verdammt gut anfühlte.

»Das ist aber besser.«, flüsterte er. Dagegen hatte ich nichts mehr einzuwenden.

The Unnoticed Mate | ✓Where stories live. Discover now