Kapitel 7

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Noch nie war ich so ein Mädchen gewesen. Ich meinte diese Art Mädchen, die sich immer für einen Jungen hübsch machten, um ihm zu gefallen. Um ehrlich zu sein stand noch nie ein Junge auf mich, aber trotzdem.

Bei Ryder hatte ich schon oft gesehen wie er mit aufgetakelten Mädchen ausging, die ihm nur schöne Augen machten. Aber es endete immer gleich, mit einem gebrochenen Herzen. Ich sagte immer wieder zu mir selbst, dass er mich eigentlich nicht mochte, aber in Wirklichkeit war ich mir da nicht mehr so sicher.

Weil ich nicht verletzt werden wollte, ließ ich ihn nicht nah an mich heran. Warum wollte ich dann trotzdem in seiner Nähe sein? Und warum brachte ich mich selbst immer mehr in diese Lage, damit er mir irgendwann wehtun konnte? Diese Gedanken kreisten in meinem Kopf herum, als ich in meinem Bett lag und auf die Zimmerdecke starrte.

Seit meiner Mittagspause mit Aiden war ich mit meinen Gedanken nur bei ihm. So viele Dinge schwirrten in meinem Kopf herum und immer wenn ich ihm im Schulflur begegnete, lächelte er mich überglücklich an und winkte mir zu. Und jedes Mal fühlte es sich an als würde mein Herz für einen Moment aufhören zu schlagen. Wie war er so leicht in meinen Kopf eingedrungen?

Er hatte noch nie zuvor versucht mit mir zu reden und jetzt konnte ich schon nach einem Tag nicht aufhören an ihn zu denken. Ich wollte doch nur wissen, was er vorhatte, damit er mich nicht verletzen konnte. Stöhnend rappelte ich mich von meinem Bett auf und ging in die Küche. Leise machte ich mir einen Tee, um dann vielleicht endlich einschlafen zu können.

Als ich gerade den ersten Schluck von meinem Tee trinken wollte, hatte ich irgendwie das Gefühl, dass mich jemand beobachtet. Im Haus herrschte Stille und wegen der Dunkelheit konnte ich niemanden erkennen, aber dieses Gefühl ließ sich einfach nicht abschütteln.

Als ich mit dem Tee in der Hand in mein Zimmer ging, schloss ich die Tür hinter mir ab. Nach einer gefühlten Ewigkeit wirkte der Tee endlich und ich wurde schließlich müde. Mein letzter Gedanke, bevor ich die Augen schloss, war, dass ich nicht mehr an Aiden Stone denken würde, auch wenn das hieß, dass ich ihn ignorieren musste.

***

Seit zwei Tagen ignorierte ich ihn nun. Wenn Aiden in meine Richtung kam, ging ich immer in die entgegengesetzte Richtung von ihm. Wenn er in der ersten Stunde versuchte mit mir zu reden, zeigte ich stumm auf den Lehrer und versuchte den Rest der Stunde beschäftigt auszusehen.

Ich konnte seine Trauer beinahe spüren und manchmal wurden seine Augen dunkler, wenn er sah, dass ich ihm aus dem Weg ging. Seufzend saß ich unter dem Baum, während ich den anderen Schülern beim Essen zusah. Die letzten Tage hatte ich kaum gelesen, weil ich Angst hatte, dass Aiden sich dann vielleicht an mich heranschlich und ich es dann nicht merken würde. Aber den anderen beim Reden, Lachen und Spielen zuzusehen, lenkte genauso gut ab.

Ich wunderte mich, wenn irgendjemand von ihnen mich bemerkte oder sich fragte, warum ich hier allein saß. Nicht, dass es mir egal wäre. Meine Neugier war einfach zu groß.

»Warum gehst du mir aus dem Weg? Was habe ich getan?«, fragte Aiden frustriert. Erschrocken sprang ich auf, weil ich nicht bemerkt hatte, dass er gekommen war. Was hat er hinter dem Baum gemacht?

»Was zur Hölle? Du hast mich erschreckt.«, sagte ich, während ich meine Tasche nahm und wegging. Doch er hielt mich am Handgelenk fest und meine Haut kribbelte leicht unter seiner Hand. Vor Schreck ziehe ich meine Hand weg.

»Bitte.«, flüsterte er, während seine grauen Augen mich anflehten nicht wegzugehen.

»Du hast mich nur erschreckt.«, sagte ich leise.

»Tut mir leid. Ich kann nichts für die Chemie zwischen uns.«, entgegnete er grinsend, weshalb ich lachend die Augen verdrehte. »Also warum ignorierst du mich? Wenn ich irgendetwas Falsches gesagt oder gemacht habe, dann tut es mir leid.«, sagte er plötzlich wieder ernst.

»Ich ignoriere dich nicht.«, antwortete ich. Ich gehe dir nur aus dem Weg, das ist ein Unterschied, dachte ich.

»Wirklich? Ich habe versucht dich auf dem Schulflur anzusprechen und du bist in die Mädchentoilette gerannt. Oder in der ersten Stunde hast du so getan als würdest du dir Notizen machen, obwohl du eigentlich nur nicht mit mir reden wolltest.«, sagte er. Verdammt, er war aufmerksam.

»Das nennt man Stalken.«, sagte ich lachend.

»Es ist nicht Stalken. Ich will nur mit dir reden und dich kennenlernen.« Mein Herz machte einen Satz bei seinen Worten. Was sollte ich denn jetzt sagen? Er kam mir näher, sodass unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.

»Würdest du ...«

»Aiden!«, schrie Ashley und unterbrach ihn bei dem, was auch immer er mir sagen wollte. Kurz begegneten sich unsere Blicke, bevor ich meine Aufmerksamkeit Ashley widmete, die schon wieder an Aiden's Arm hing.

Wieso tat es so weh die beiden so zu sehen? Ich schaute immer wieder von Ashley zu Aiden, aber er hatte nur Augen für mich.

»Ich habe schon überall nach dir gesucht.«, säuselte Ashley und wollte ihn dann küssen, aber er drehte den Kopf zur Seite. Kurz schien sie verwirrt zu sein, aber machte dann unbeirrt weiter. »Also was machen wir heute Abend? Ich hoffe, dass es irgendetwas Romantisches ist.«, sagte sie und fuhr dabei mit dem Finger über seinen Arm.

Ich war versucht sie zu packen und sie von Aiden wegzuzerren. Normalerweise war ich nicht so drauf, aber die Situation überforderte mich gerade wirklich. Aiden schob ihren Arm bewusst weg und entfernte sich zwei Schritte von ihr, wofür ich ihm gerade dankbar war.

»Natürlich.«, antwortete er grinsend und es fühlte sich so an, als würde er auf meinem Herzen herumtrampeln.

Er wollte mich kennenlernen, aber ging trotzdem noch mit Ashley aus? Es war so absurd, dass ich es kaum glauben konnte. Er drehte sich wieder zu mir und grinste mich an.

»Denn eigentlich war ich gerade dabei, Ellie zu fragen, wann ich sie zu unserem Date abholen soll.«, sagte er und sein Grinsen verstärkte sich. Warte mal, wollte er mich das gerade wirklich fragen oder wollte er nur Ashley loswerden? Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber es kamen keine Worte heraus. Ashley wandte ihre Aufmerksamkeit mir zu und starrte mich dann verwirrt an.

»Sie?«, rief sie und wenn Bicke töten könnten, dann würde ich jetzt nicht mehr hier stehen. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie mich gerade indirekt beleidigt hatte, aber ich war immer noch so perplex wegen dem, was Aiden gesagt hatte. Mit einem letzten abschätzigen Blick stapfte sie davon und murmelte dabei unverständliche Dinge.

Aiden kam mir wieder näher, sodass wir uns fast berührten. Mein Herz klopfte wie verrückt und ich hatte das Gefühl, dass er es hören konnte. Sein Duft vernebelte mir die Sinne und mein Atem stockte. Worüber hatten wir noch einmal geredet?

»Ich hol dich dann um sieben ab.«, sagte er und bevor ich reagieren konnte, beugte er sich zu mir herab und küsste mich sanft auf die Wange. Nach einem letzten Lächeln drehte er sich um und ging zurück zur Schule.

Meine Haut kribbelte wieder an der Stelle, an der er er mich geküsst hatte und ich konnte nichts gegen meine plötzlichen Gefühle machen. Was war da gerade passiert?

The Unnoticed Mate | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt