Verwandlungen

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Er stürmte über die Weiten der Wiesen. Wenn sie ihn erwischten wäre er dran, das konnte er nicht riskieren. Seine braunen Haare wurden durch den beißenden Wind zerzaust, doch sie saßen ohnehin nie, weswegen es ihn nicht störte. Er vernahm die Stimmen, die durch den Wind zu ihm getragen wurden. Er entdeckte ein Baumgrüppchen und hoffte sie dort abhängen zu können. Keuchend rettete er sich hinter die dicken Stämme der sich im Wind wiegenden Eichen. Seine Hände klammerten sich an die raue Rinde, während er schwer atmete. Er wagte einen vorsichtigen Blick zurück und sah die Horde an wilder Wikinger mit Fackeln und Schwerten in den Händen. Sie jolten und schrien, während er sein rasendes Herz förmlich schlagen hörte. Auf offenem Felde könnte er es nicht wagen, das wäre zu gefährlich. Obwohl, sie wussten ohnehin was er war, da brauchte er sich eigentlich nicht verstecken. Doch noch ehe er weiter darüber nachdenken konnte tauchte ein blauer Nadder auf und packte ihn an den Schultern. Der Junge schrie erschrocken auf und zappelte, als er in die Luft getragen wurde. Die scharfen Klauen des Drachens schnitten durch seine Kleidung und hinterließen rote Striemen auf seiner hellen Haut. Der Junge sah zu Boden, wo die Horde stehen geblieben ist und mit offenen Mündern und zurückgelegtem Kopf zu ihm hoch starrten. Der Nadder gewann weiter an Höhe, doch der Junge wollte das nicht auf sich beruhen lassen. Er hatte keine Ahnung was der Drache von ihm wollte und er wollte keinesfalls als Abendessen enden. Also schlug er mit aller Kraft gegen das Bein des Drachens. Dieser legte den Kopf schief und musterte sein Unterfangen mit dem bernsteinfarbenen Auge, ehe er fester zupackte. Nun gruben sich die Klauen in das Fleisch des schmächtigen Jungen, welcher vor Schmerz aufschrie. "Lass mich los!", rief er, doch der Nadder flog weiter. Ergeben senkte der Junge den Kopf, riss ihn aber sogleich wieder hoch, als er erkannte, dass sie die Insel verließen. Nun war endgültig schluss, mit aller Kraft zappelte er und schlug gegen das Bein, ehe er mit zusammengebissenen Zähnen zu seinem Dolch griff. Der Nadder erkannte ihn allerdings schnell als solchen und ließ den Jungen fallen. Er drehte sich immer und immer wieder im freien Fall, während er mit den Armen ruderte und schrie. Er kam der Wasseroberfläche immer näher, doch er hatte nicht genug Kraft, um sich zu verwandeln. Der Nadder hatte mittlerweile zum Sturzflug angesetzt und dem Jungen wurde klar, dass er etwas unternehmen musste. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf jeden Teil seines Körpers. Er stellte sich vor, wie seine Beine eine andere Gestalt annahmen, genau wie seine Arme. Und tatsächlich spürte er das vertraute Kribbeln, doch ehe es seinen gesamten Körper erreichen konnte schlug er auf der Wasseroberfläche auf. Benommen von dem Aufprall sank er in die Tiefe, während er sich einzig und allein auf seine Verwandlung konzentrierte. Langsam aber sicher nahm sein schmächtiger Körper eine deutlich größere Gestalt an. Er spürte, wie sein Körper nach Luft schrie. Mit der letzten gesammelten Kraft schwamm er an die Wasseroberfläche, mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durchbrach er sie und raste in die Luft. Ächzend und mit den Flügeln schlagend sah der Drache auf den dunkelblauen Ozean. Das Wasser tropfte von seinen Nachtschwarzen Schuppen. Der Junge hatte sich in einen prachtvollen Nachtschatten verwandelt. Doch diese zweite Gestalt von ihm bescherte ihm jede Menge Probleme, die bei den Dorfbewohnern anfingen. Er wurde bei einer seiner Verhandlungen erwischt und seitdem gejagt.

Der Nadder war offenbar keineswegs verwirrt, denn er steuerte auf den Nachtschatten zu und wollte ihn erneut packen, doch dieser sah sich gezwungen den Nadder aufzuhalten. Er feuerte einen Plasmablitz ab, der den Nadder zurückschleuderte, ehe er in rasanten Geschwindigkeiten davonflog.

Doch kaum hatte er die nächste Insel erreicht tauchte der Nadder wieder auf. Er flog weiter, bis er plötzlich ein Netz auf ihn zukommen sah. Er konnte nicht mehr schnell genug reagieren, das Netz schlang sich um ihn und er stürzte ab. Der Drache durchbrach das Blätterdach, zerbarstende Äste kratzten über seine dunklen Schuppen und hinterließen brennende Striemen, dann folgte der Aufprall. Kurzzeitig wurde alles schwarz, doch dann riss er in seiner Panik wieder die Augen auf. Das Netz hielt ihn nach wie vor gefangen, er hätte keine Chance sich daraus zu lösen. Seine Glieder schmerzten von dem Sturz, doch er hatte gerade ganz andere Sorgen. Nachtschatten waren sagenumwoben, begehrt und galten als Gefahr, da sie tödlich, intelligent und unberechenbar waren. Das waren absolut schlechte Aussichten für den Jungen in Nachtschattengestalt.

Durch das Knacken im Unterholz wurde die Gruppe von Jugendlichen verraten, der Nachtschatten kauerte sich zusammen, doch er wusste genau, dass das keinen Zweck hatte. Ein Drache wie er war unübersehbar und schon im nächsten Moment wurde am den Netz gerüttelt. Der Nadder landete gleich neben der Gruppe und zu seiner Überraschung verwandelte er sich in ein blondes Mädchen mit blauem Oberteil, rotem Rock, violetter Strumpfhose und Stiefeln. "Der Schafskopf hat mich abgeschossen!", schimpfte sie sogleich. "Wie er wohl als Mensch aussieht? Bestimmt muskulös und groß!", spekulierte ein korpulenterer Junge mit ebenfalls blonden Haaren. Das Mädchen lachte auf. "Mach dir bloß keine falschen Hoffnungen Fischbein! Er sieht absolut nicht so aus", entgegnete sie und sah den Nachtschatten abfällig an. Dieser verengte die Augen und ließ ein dunkles Knurren hören. Sofort wichen die Anderen zurück. Der Nachtschatten gewann neuen Mut und sprang auf, das Netz hing nur noch halb auf seinem Rücken. Mit energischem Schlagen seines Schwanzes wurde er glücklicherweise auch das los. Als die Menschen sich ihm nähern wollten feuerte er einen Plasmablitz auf den Boden. Sofort blieben sie stehen. Er hatte die Zähne gefletscht und knurrte erneut dunkel, während er angriffsbereit stand.
"Hey, du kannst dich ruhig verwandeln, wir sind auch Menschendrachen!", erklärte Fischbein und lächelte ihn an. "Ich bin ein Gronckel, Astrid", er deutete auf das blonde Mädchen, "ist ein Nadder, Raff und Taff", nun zeigte er auf zwei Zwillinge mit langen zu Zöpfen gebunden blonden Haaren, "sind ein Zipper und Rotzbakke", sein Blick lag auf einem kleinen schwarzhaarigen Jungen, der überheblich grinste, "ist ein Riesenhafter Alptraum. In jeder Hinsicht" Rotzbakke funkelte Fischbein an, was dieser jedoch gekonnt ignorierte. Der Nachtschatten entspannte sich etwas und verwandelte sich tatsächlich in einen Jungen. Die Anderen sahen ihn interessiert an und er schluckte, ehe er zu reden begann. "Ich bin Hicks und wie ihr sehen konntet ein Nachtschatten!"

HTTYD - One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt