Bonuskapitel 1/2

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Kaelan

Der Wind zog und zerrte an meinem heiß geliebten Haar, das niemals das tat, was es tun sollte - weniger wie ein Vogelnest aussehen zum Beispiel - und brachte es noch mehr durcheinander, als es ohnehin schon war, was ich mit einem Seufzen quittierte. An manche Dinge gewöhnte man sich. An andere nicht. Zu diesen anderen Dingen gehörte Alexandra Capshaw, deren bloße Anwesenheit mich in einen zappeligen vierzehnjährigen Jungen verwandelte und unglaublich nervös machte.

Ich schüttelte diesen beschämenden Gedanken ab und bewegte mich zielstrebig über die mit Steinplatten ausgelegte Terrasse, die über ganz Rushworth thronte und einen unberührten, geheimen Ort darstellte, zu dem nur meine wunderbaren Gestaltwandler Zugang hatten.

Und Alexandra, was sich seltsamerweise völlig natürlich anfühlte. Die Gegenwart ihres Freundes trug jedoch nicht gerade zu meiner guten Stimmung bei.

Ich mochte ihn nicht. Aber ich arrangierte mich mit ihm. Vorerst.

Unmittelbar vor einer meiner größten Gestaltwandlerinnen kam ich zum Stehen und legte ihr vorsichtig eine Hand auf den gewaltigen Kopf. Sie reagierte, wie erwartet, mit einem sanften Schnurren, das sich im Wind verlor, und schmiegte sich in meine Handfläche.

Ich hätte einiges gegeben, um Alexandras Gesicht in jenem Moment zu sehen.

War sie beeindruckt? Hatte sie Angst? Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.

„Ginessa", murmelte ich leise und drehte mich dann zu den beiden Wartenden um. Ich hoffte, den Wind übertönen zu können. „Wollt ihr euch nicht zu uns gesellen?"

„Ich weiß nicht!", brüllte Alexandra zurück. Sie sah schockiert aus. Süß. „Als ich so einem Tier zum letzten Mal begegnet bin, hat es fast den Hals meiner Freundin aufgerissen." Oh. Das hatte ich nicht gewusst.

Trotzdem musste ich breit grinsen. „Das war bestimmt Brianda", erklärte ich. „Sie ist manchmal...ein bisschen wild." Ich tätschelte den Kopf der Gestaltwandlerin, worauf sie wieder schnurrte. Diesmal laut genug, dass Alexandra und Jeremia es hören konnten. Wunderbar.

Der dunkelhaarige Mann mit den immerzu traurigen Augen wurde blass, blickte hin und her und wisperte ein ungläubiges: „Was geht in diesem Königreich vor sich?", das ich mit einem Schnauben beantwortete. Nichts, das dich irgendetwas anginge, Kleiner...

Alexandra erwiderte etwas darauf, das ihn zum Schmunzeln brachte.

Und mich zum Kochen. Was hatte sie bloß zu ihm gesagt?

Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken, weil sie sich urplötzlich in Bewegung setzte und auf mich zukam. Ich blickte sie herausfordernd an, provokant - zumindest hoffte ich das - und verfolgte jede ihrer Bewegungen mit Argusaugen. Mir war warm. Sehr warm. Was amüsant war, wenn man bedachte, dass ich der Herr über das ewige Eis war. Aber sie bewegte sich mit einer solchen Anmut, einer solchen Geschmeidigkeit, die mir die Luft aus der Lunge presste. Sie war so schön.

Verdammt, dachte ich immer wieder. Verdammt.

Sie wurde nicht langsamer, bis sie vor Ginessa und mir stand. In ihren braunen Augen konnte ich lesen, was sie sich wünschte. Ihr dunkles Haar flatterte im Wind und die gleißende Morgensonne ließ es auf faszinierende Weise glänzen.

Ich lächelte schief und ignorierte mein rasendes Herz. „Traust du dir das zu?", fragte ich.

„Wenn sie mir nicht die Hand abbeißt", erwiderte sie unbekümmert, doch das Zittern in ihrer Stimme entging mir nicht. Sie blickte Ginessa in die grünen Augen. Vermutlich fragte sie sich, ob es sich bei dieser Gestaltwandlerin um Brianda handelte.

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now