✒ "Finn, smile for a picture!"

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Das Rätsel war in meinem Fall Finn's Vergangenheit und der Schatz war sein Vertrauen.

Ich wusste nicht was es wahr, doch irgendetwas sagte mir, dass Finn etwas schreckliches erlebt hatte. Ein Schauer überzog mich, als ich daran dachte, was er erleiden musste und was für Schmerzen er bis zu diesem Tag mit sich trug. Eine Last, von der er sich nicht zu lösen traute. Schmerzen und Wunden, die nicht geheilt werden konnten. Narben, die viel zu tief lagen, um sie zu erkennen. Und Gedankenvorgänge, die niemand verstehen könnte.

Ich schüttelte die grausamen Gedanken aus meinem Kopf, versuchte mich irgendwie abzulenken, versuchte weder an Finn's Krankheit, noch an meine Mutter zu denken. Denn langsam hatte ich Angst, dass meine vielen Gedanken mich ersticken würden.

Also seufzte ich laut und widmete mich wieder dem Regal vor mir zu, überhuschte die vielen Titel.

Ich bin Legende.

Ein halbes ganzes Jahr.

Wer die Nachtigall stört.

Mein Gott, sogar Harry Potter war vorhanden.

So viele Bücher. So viele Gedanken, so viel Poesie, Philosophie und Gefühle an einem Ort versammelt. Ich respektierte Mike dafür, dass er las. Man begegnet heutzutage nicht vielen Jungs, die sich Zeit nahmen, um diese vielen Buchstaben zu entziffern. Leider.

Und wieder einmal, faszinierte mich die Krankheit, auch wenn es dies nicht sollte. Mike passte perfekt in dieses Image. In dieses Image eines guten Jungen, der gerne Bücher las. Er war mitfühlend, scheuchte nicht davor zurück, Gefühle zu zeigen. Er war schüchtern auf eine sonderbare Art und Weise, die einen nur dahinschmelzen lies. Wenn ich mir jedoch vorstellte, wie Richie dort saß und ein Harry Potter Buch in den Händen hielt, musste ich schmunzeln. Es war unerdenklich.

Ich wollte gerade nach einem Buch greifen, das mich besonders ansprach, als etwas anderes meine Augmerksamkeit auf sich zog. Ich bückte mich auf die letzte Reihe des Regales und betrachtete die Bücher, die hier untergebracht waren.

3 besondere Bücher jedoch, hatten mich besonders angezogen.

"Dissoziative Identitätsstörung", las ich laut vor und strich dabei über die in weiß abgedruckte Schrift, die sich von dem schwarzen Einband etwas hervorhebte.

Ich atmete zitternd ein, meine Augen begannen zu flattern und meine Brust hebte sich schmerzvoll, als ich bemerkte, um was es sich hierbei eigentlich handelte. Finn hatte sich wirklich mit diesem Thema beschäftigt. Und das sehr tiefgründig. Es war naiv von mir zu denken, dass er dies nicht getan hatte.

Ich zog eines der drei Bücher hervor und bewegte mich auf die Couch zu, setzte mich verkrampft auf den Stoff des braunen Ledersofas und schnappte mir ein Kissen. Ich versuchte es mir, so gut wie es im Moment eben möglich war, gemütlich zu machen, ehe ich die erste Seite aufschlug und begann zu lesen.

Ich erinnerte mich an Jack's Worte, wie er mir zum Ersten mal über die Krankheit berichtete. Schon damals, hatte es mich in einen Schockzustand versetzt und ich wollte nicht glauben, dass so etwas grausames existierte. Doch dieses Buch und dessen Inhalt, waren auf einem ganz anderen Niveu.

Es beschrieb den Allatag, die Gefühle der betroffenen Menschen. Es klärte mich auf die Therapie auf und ich wunderte mich, wieso Finn solch eine Maßnahme nicht ergriff. Es war besser, als gar nichts dagegen zu unternehmen und ich war mir sicher, dass es helfen würde. Wenn auch nur sehr langsam.

Als ich schließlich an der 18. Seite angekommen war, hielt ich es nicht mehr aus und klappte mit rasendem Herz das Buch zu. Die Seiten schlugen mit einem lauten Geräusch aufeinander und mir kam der bekannte Geruch von Buchseiten entgegen.

Nachdem ich mich beruhigt hatte, beschloss ich mich weiter zu informieren. Ich setzte meine Hände wieder auf das Buch und öffnete eine beliebige Seite. Mir offenbarten sich mehr Buchstaben und ich begann, zu lesen.

Als ich umblätterte, fiel etwas schwungvoll heraus und landete direkt vor meinen Füßen.

"Was zum-"

Ich beugte mich verwirrt und nahm das Stück Papier zwischen meine Finger, setzte mich wieder auf und betrachtete den Inhalt. Es stellte sich als ein Foto hervor.

Meine Augen fuhren über die Personen die abgebildet waren und ich versuchte, deren Identität zu entziffern. Jedoch war es ein altes Bild und die Personen hatte ich auch nich nie zu Gesicht bekommen. Ohne lange nachdenken zu müssen, kam ich zu dem Ergebnis, dass der kleine Junge hinter dem Geburtstagskuchen Finn war und die Personen um ihn, seine Eltern.

Mein Blick viel auf die Kerze, mit der 5 und ich musste lächeln. Er war schon damals so süß gewesen. Bei vielen Jungen, kamen die Locken erst nach einem bestimmten Alter hervor, doch er schien seine schwarzen Locken schon immer zu haben. Seine Eltern blickten glücklich in die Kamera, während Finn nur Augen für seine Torte hatte.

Weiterhin lächelnd, drehte ich das Foto in meinen Händen und erkannte einen Schriftzug auf der Rückseite.

"23. Dezember 2005", flüsterte ich. "Der Tod hinterlässt mit jedem Schritt seine Spuren."

Meine Augen wurden groß und ich erinnerte mich daran, dass seine Eltern nicht mehr am Leben waren. Hatte der Tod dieser beiden Personen etwas mit seiner Krankheit zu tun? Und wieso würde er dieses Foto an einem solch seltsamen Ort aufbewaren?

Ich lehnte mich zurück, mein Blick an die Decke des Raumes gerichtet, in der Hoffnung, dort vielleicht Antworten auf meine Fragen zu finden.

Vergeblich.

Shades ➳ Finn WolfhardWhere stories live. Discover now