Kapitel 8

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Näher. Und noch näher.
Panisch starrte ich auf die rot goldene Wand aus Blättern vor mir.
Alles sah friedlich aus.
Die Hufschläge stoppten.
Stille.
Es war so still, dass ich das leise Gezwitscher über mir hören konnte. Die Vögel, oder was auch immer hier herum flog, schienen sich nicht im Geringsten bedroht zu fühlen.

Mit einem Mal wünschte ich, ich könnte fliegen. Irgendwie entkommen. Aber in dem Moment erschien eine Gestalt zwischen den Bäumen.
Ein Mann.
Groß, auf jeden Fall größer als ich.
Das dunkle Leder seiner Rüstung glänzte im Abendlicht der immer schwächer werdenden Sonne.
Und sein Helm...

Mir stockte der Atem.

Der Helm bestand aus demselben rötlichen Metall wie das lange Schwert, das hinter seinem Rücken hervorblitzte. Und der Dolch an seiner Seite.
Doch die Waffen schienen mir in diesem Moment nur halb so bedrohlich wie die durch den Helm verzerrten Gesichtszüge.
Die Lippen waren zu einem schmalen Strich gepresst und die goldenen Augen funkelten mich wütend an.

Der Lord!
Lord Lorcan war gekommen, um mich zurück zu holen.

Oder um mich umzubringen.
Eher letzteres, der Wut in seinen Augen nach zu urteilen.

Mein Herz pochte so heftig, dass es beinahe schmerzte.

Aber er tat nichts, griff nicht nach mir, zog keine seiner Waffen.
Er sah mich nur an.
Ich starrte zurück.
Je länger wir uns anstarrten, abwartend, eindringlich, umso mehr glaubte ich, in seinem Gesicht lesen zu können.

Anspannung.
Wut.
Aber auch ... Sorge?
Um mich?
Nein, ganz bestimmt nicht.
Um wen dann?
Um seine Untertanen?
Schon wahrscheinlicher.

Seine Stimme zog mich aus meinen Gedanken.
Ich verstand die Worte nicht, aber es war eindeutig eine Aufforderung.

Wozu?

Er wiederholte sich. Seine Stimme klang ungeduldig.

Ich zuckte nur mit den Schultern.

Der Lord stieß einen genervten Seufzer aus. Dann spürte ich ich etwas, auf das ich überhaupt nicht vorbereitet war.

Die Berührung war fast sanft. Es fühlte sich an, als würde jemand an den Rändern meines Bewusstseins entlang streichen.
Er versuchte, in meine Gedanken zu dringen!
Panik flutete durch meine Adern.
Wenn er mich einmal unter seiner Kontrolle hatte, könnte er alles mit mir tun.
Mich zurück schleifen.
Mich töten.
Der nächste Gedanke brachte meinen Magen dazu, sich zusammen zu ziehen. Galle stieg meine Kehle hoch.

Fruchtbarkeit. Das Land hatte mich möglicherweise für meine Fruchtbarkeit ausgewählt. Man erwartete von mir ...
Ich musste schlucken, um mich nicht vor ihm zu übergeben. Der bittere Geschmack blieb dennoch in meinem Mund zurück.
Was, wenn er nicht mehr warten wollte?
Meine Atemzüge waren zu kurz, zu schnell.
Meine Gedanken wirbelten wie in einem Karussell.

Hätte ich das Ganze logisch überdacht, hätte ich vermutlich anders gehandelt.
Aber so tat ich das erste, was mir in den Kopf kam.
Das, wozu jeder Muskel in meinem Körper mich drängte.
Ich drehte mich um und rannte in die entgegen gesetzte Richtung.
Weg von ihm.

Etwas in meinem Kopf schrie mich an, ich hätte meine Schilde aufbauen sollen, so wie ich es die letzten Tage Stunde für Stunde geübt hatte.
Aber der Drang, einfach zu laufen, war stärker.

Und so lief ich.
Und lief.
Und lief.
Hinter mir konnte ich immer noch seine Schritte hören.

Er war schnell, aber das war ich auch.
Die jahrelangen Tanzstunden hatten mir Ausdauer und Schnelligkeit geschenkt.
Aber ich war es nicht gewohnt, panisch durch das Unterholz zu rennen.
Mein ganzer Körper protestierte.
Die Schritte hinter mir wurden lauter.
Panisch sah ich mich um.

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