Acht

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Kierans Sicht || 》01.12.17《 ||

Die Jungs sind nun endlich weg, da sie einen Auftrag hatten. Auch Damien ist mit ihnen gegangen.

Ich ging die Treppen hoch und öffnete die Tür zu Damiens Zimmer.
Ich hatte seinen Schlüssel nachmachen lassen, somit kam ich ohne Probleme rein. Ich hatte ihn vorgewarnt, dass er mich nicht unterschätzen soll.

Ich fing an sein Zimmer zu durchsuchen und begann mit seinem Nachttisch, musste nach einigen Minuten aber feststellen, dass er dort kein Buch versteckt hatte.
Danach durchwühlte ich seinen Schrank und als letztes sein Bett.
Unter dem Bett war nichts, genauso wenig befand sich etwas unter seinem Kissen oder seiner Matratze.

Frustriert ging ich mir durch die Haare und fing an sein Bett wieder ordentlich zu machen. Als ich zum Kissen griff und es wieder etwas in Form bringen wollte, fiel ein schwarzes Buch aus dem Bezug. Mit einem Lächeln griff ich nach dem Buch und fotografierte die Seiten. Würde ich das Buch mitnehmen oder es in seinem Zimmer anfangen zu lesen, wäre das dumm von mir, da ich sonst zu lange brauchen würde.
Nachdem ich fertig damit war, die Seiten zu fotografieren, legte ich es wieder in Damiens Kissenbezug, stellte alles so hin, wie am Anfang und verließ sein Zimmer.
Ich schloss die Tür wieder zu und ging in mein eigenes Zimmer und druckte die ganzen Seiten aus.

68 beschriebene Seiten hatte das Tagebuch.
Die ausgedruckten Seiten lochte ich mit einem Locher und band die Papiere zu eine Art Buch.

"So, dann wollen wir mal beginnen", sprach ich zu mir selbst und setzte mich in meinen Sessel.

Ich durchblätterte die ganzen Seiten und stoppte dann auf einer Seite, die mir schon beim fotografieren aufgefallen war.
Die Seite war mit dunkelroten Flecken übersät und war mit mehreren Sprüchen beschriftet, die mit einem dicken schwarzen Stift geschrieben wurden.

》Wozu Leben, wenn es nichts gibt, wofür es sich zu leben lohnt?《, dieser Spruch war umrandet worden.
Ich rollte mit meinen Augen.

'War ja klar, dass Damien auf nichts normales stoßen kann und zu allem Überfluss ist das Mädel auch noch depressiv', dachte ich mir.
Ich blätterte weiter durch die Seiten, bis ich irgendwann am Ende ankam.

Wow, muss ich das jetzt ernsthaft lesen, um zu verstehen, was mein Bruder so besonders daran findet?

Ich seufzte und ging wieder zurück auf die erste Seite. Ich überflog den Text und musste währenddessen einige Male die Stirn runzeln.
Danach ging es weiter mit der zweiten Seite und danach mit der dritten. Irgendwann kam ich auf Seite 10 an und bemerkte, dass das Datum hier in rot geschrieben wurde.
Bisher hatte sie nur darüber geschrieben, auf welche Art und Weise sie von ihren Eltern fertig gemacht wird, wann es mit den Schlägen angefangen hat und weitere Dinge, die so dazu gehörten. Sie verglich viele ihrer Gefühle mit ihrem zweiten Ich, also die Seite von ihr, die ihre Freunde tagtäglich zu Gesicht bekamen.
Ich verstand allmählich was sie mit diesem Buch erreichen wollte. Das war wohl ihre Art, mit den Geschehnissen fertig zu werden und erstaunlicherweise faszinierte es mich, wie sie ihre Gefühle auf dem Papier verewigte.

Sie selbst hatte relativ am Anfang geschrieben, dass sie anstatt ihres Körpers, dieses Buch als ihre "Leinwand" benutzen wird und dass jeder Eintrag, jede darin enthaltene Emotion, sie entweder ein Stück tiefer in den Abgrund oder sie auf die Seite der Hoffnung ziehen wird.

AmnesiaWhere stories live. Discover now