~~~~~~~~~~Lydias Sicht~~~~~~~~~~~

Verdammt, schrie Lydia innerlich. Musste Argus wirklich jetzt in sein Gemach zurückkehren?

"Was habt Ihr in meinem Gemach zu suchen, Lady Lydia?" fragte ein wütend klingender alter Mann, der bedrohlich näher kam.
Lydia musste sich schnell etwas einfallen lassen. Denk nach, denk nach, drängte sie sich. Zwar kam ihr eine Idee, allerdings war sie selber nicht erfreut darüber.

"Ich bin froh euch zu sehen, eure Hoheit. Ich habe bereits auf sie gewartet." versuchte sie verführerisch und nicht panisch zu klingen. Jetzt waren ihre Fähigkeiten als Frau gefragt.

Argus zog seine Augenbrauen in die Höhe. "Weshalb solltet Ihr ausgerechnet hier auf mich warten?"

Lüg um dein Leben, Lydia. Langsam schob sie ihre Haare hinter ihr Ohr und ließ ihre haselnussbraunen Augen leuchten. Durch ihre Bewegung legte sich etwas Haut von ihrem Nacken frei. Wie gewünscht starrte Argus auf die Haut und war abgelenkt.

"Wissen Sie, eure Hoheit, ich wollte..." ließ sie den Satz, welcher für sie jede Überwindung kostete, in der Luft hängen und überließ den Rest seiner Fantasie, hoffte er würde nachsichtig sein. Jedoch war es scheinbar ein Fehler, denn nahezu grob zog er sie an sich und seine Augen zogen sie bereits aus.

Ganz schlechte Idee!, schrie sie ängstlich in ihrem Innern. Sie wollte nur bezwecken, dass er vielleicht nervös würde und sie eventuell gehen ließ. Doch scheinbar hatte er etwas anderes im Sinn. Sie bettete zur Göttin, dass sie irgendwie aus der Situation rauskommen würde.
"Ihr wolltet meine Nähe, nicht wahr?" klang seine Stimme tief und flüsterte in ihr Ohr, was in ihr Übelkeit hervorrief. Argus küsste ihren Hals und Tränen der Angst stiegen ihr in die Augen. Was sollte sie tun?

Edward schritt ohne zu klopfen ins Gemach.
"Vater, ich... Oh." fragte er und schien überrascht über die Situation. Lydia riss sich von Argus los und rannte durch die Tür. Sie war so dankbar, dass Edward gekommen war. Dieser war ihr gefolgt und zog sie in einen uneinsehbaren Gang.

Edward hielt sie fest und fragte direkt: "Weshalb seid Ihr dort hinein gegangen, Lady Lydia? Bestimmt nicht um Argus näherzukommen."

Lydia war noch unter Schock und zitterte am ganzen Körper. Mit ihrer Hand wischte sie sich über die Stelle, welche Argus berührt hatte und krallte ihre Finger hinein. Sie ekelte sich und wollte sich nicht einmal ausmalen, was gewesen wäre wenn Edward nicht erschienen wäre.

Edward nahm Lydia in seine Arme und legte seine Hand auf ihren Kopf. Scheinbar wollte er sie trösten. Jedoch brach Lydia nun erst recht in Tränen aus. Sie war dermaßen dankbar und erleichtert. Immer wieder flüsterte sie: "Danke, danke, danke."

~~~~~~~~~~Emmas Sicht~~~~~~~~~~~

Die letzten Sandkörnchen fielen zu Boden. Endlich, dachte Emma, und drehte sich zur Tür um.

Jedoch brauchte sie nicht mehr durch die Tür zu schreiten, denn Lydia stand direkt davor mit Edward in Begleitung. Erleichtert sagte Emma: "Endlich." und nahm die tapfere, junge Frau in den Arm. Diese zitterte und ließ Emma nicht los.
Andrea, welche sehr verwundert schien, dass Edward bei Lydia war, und Elisa kamen auf Lydia zu und umarmten sie ebenfalls.

"Was ist passiert?" wollte Elisa wissen, die Lydias Hand in ihre nahm und sie in den Raum führte.
Emma sah zu Edward, welcher fürsorglich auf die Blondine blickte. Was zur Hölle war passiert?

"Argus ist zu früh zurück gekommen." sagte Lydia leise. Geschockt sah Emma wie Lydia ihre Fingernägel in ihren Hals krallte und langsam zu bluten schien. In ihrem Kopf machte sich ein Bild breit, welches Emma ganz und gar nicht gefiel.

"Hat er dich angefasst?" kam Emma direkt zum Punkt. Alle im Raum sahen sie geschockt an, wie sie denn darauf kam. Emma hatte genug Frauen gesehen, die in einem solchen Zustand waren. Auch sie kannte das Gefühl als damals der Söldner Stefan sie bedrängt hatte.

Lydia blieb in ihrer Bewegung stehen und das war für Emma als Antwort genug. Ihre animalische Wut kam zum Vorschein. Ihre Nägel krallte sich in ihre Handflächen und sie biss ihr Kiefer zusammen. Schnell stürmte Emma los, wollte dieses Monster, welche Lydia so eingeschüchtert hatte, zu Tode foltern. Sie hatte bereits Menschen getötet, da würde es für sie einfacher werden auch ihn bluten zu lassen.

Adam schlang seine Arme um sie, um sie aufzuhalten.
"Du kannst das nicht tun, Grace!" schrie er, wollte sie wohl zurückhalten und beruhigen.

"LASS MICH LOS!" schlug Emma um sich, wehrte sich mit allen Mitteln, völlig außer sich. Selbst James kam hinzu, um sie im Zaun zu halten.

"Grace, beruhige dich!" schrie James, der ihre Beine zu packen bekam und trug sie mit Adam zum Diwan.

"LOSLASSEN HABE ICH GESAGT!" schlug sie weiter um sich und erwischte mit ihren Fingernägeln Adams Gesicht und zerkratzte es an seiner linken Wange, sodass es zu bluten begann. Doch Adam ließ sie nicht los und drückte sie enger an seine Brust.

Emma war vollkommen in Rage. So oft musste sie ansehen, wie Frauen herabwürdigend und wie Besitz behandelt wurden. So oft hatte sie die Tränen gesehen und konnte nichts tun. Und jetzt trug sie selber die Schuld daran, da sie Lydia hat gehen lassen. Ihre Wut galt nicht nur Argus, sondern auch ihr selbst.

"Grace!" warf sich Lydia um ihre Königin, und ließ sie nicht los.
"Es ist ist nichts schlimmes passiert. Edward hat mich gerettet. Ich wusste doch worauf ich mich eingelassen habe, und ich habe die Briefe, also war es nicht umsonst." versuchte sie Emma zu beruhigen.

Langsam wurde Emma ruhiger.
Ihre Arme lockerten sich und ihre Beine berührten wieder den Boden. Adam und James hatten sie runtergelassen. Äußerlich schien Emma sich beruhigt zu haben und umarmte Lydia. Doch innerlich hatte sich ihre Wut zu einem Feuer gewandelt, welches nicht mehr gelöscht werden konnte. Sie würde Argus in die Knie zwingen für alle seine Taten. Sie würde für alle Frauen im Land und gegen die Diskriminierung kämpfen. Dafür würde sie eine Königin werden müssen, die man verehrte oder fürchtete.

Nachdem Lydia sie losgelassen hatte, drehte Emma sich zu den beiden jungen Männern, welche sie davor bewahrt hatten einen Krieg zu starten. Denn genau das wäre passiert, wenn sie Argus den Kopf abgerissen hätte.

"Danke. Das ihr mich aufgehalten habt." bedankte sie sich und ging dann auf Adam zu. Seine Wange sah furchtbar aus. Eine kleine Menge Blut floß runter. Sie holte ihr Handtuch aus ihrem Ärmel und tupfte es ab. Adam blieb die ganze Zeit still, in seinem Blick war jedoch etwas, was sie nicht verdiente: Verständnis. Ihre Hand zitterte. Weshalb war er nicht wütend auf sie oder enttäuscht?
Sie verstand ihn nicht.
Ungeduldig, temperamentvoll, stur, wild und reizend waren Dinge welche Emma gut beschrieben, während Adam ein Sinnbild für Geduld, Achtsamkeit, Ergeiz, Verantwortungsbewusstsein und Einfühlsamkeit war. Sie waren sich in keinerlei ähnlich, und doch fühlte Emma sich in seiner Nähe so wohl und geborgen.

"Es... es tut mir so..." wollte sie sich entschuldigen, allerdings kam sie nicht weiter, denn Adam zog sie an sich und umarmte sie. Wie auch in der Bibliothek sagte er kein Wort womit er mehr sagte als alles andere.
In diesem Moment wurde ihr eines klar. Sie war dabei sich voll und ganz in Adam zu verlieben.
Und sie hoffte sehr, dass es ihr nicht irgendwann zum Verhängnis werden würde.

♤♤♤
Hallo ihr Lieben,

In diesem Kapitel wird ein etwas schmerzliches und auch todgeschwiegenes Thema angesprochen: sexuelle Belästigung. Es ist etwas was leider noch viel zu oft und viel zu schnell passiert. Bitte gebt auf euch und helft, wenn ihr etwas in der Art mitbekommt.

Jetzt zu etwas weniger bedrückendes. 😊
Wie findet ihr eigentlich den Verlauf der Geschichte bzw. die Entwicklung der Figuren? Würde mich super interessieren.

Eure Goldenela93❤

Blutkrone Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt