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All die Regeln, Richtlinien, Versuche, es den sensiblen Menschen recht zu machen. Der Schutz hatte auf Konsequenzen gesetzt. Harte Konsequenzen. Maßnahmen. Warum war ihr das nie in den Sinn gekommen?

„S.U.F.F.E.R. ist korrupt. Sie wollen uns zerstören, indem sie uns vorspielen, für alles und jeden Verständnis zu haben. Selbst, wenn es um unsere schlimmsten Feinde geht. Wer dies nicht tut, ist 'BÖSE' und wird aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Dabei lenken sie von dem ab, was wirklich wichtig ist."

Diese Menschen wollten Vollkommenheit. Sie wollten, dass man sich wirklich für was auch immer sie vorhatten interessierte, dass man jeden gefälligst genauso akzeptierte, wie er war, egal wie sehr er einem wehtat. Das man perfekt war. Sie hatten schließlich die Macht: Wer nicht mitspielte, verlor seinen Wert. Und jeder spielte mit.

Dalis wusste es. Eigentlich war es ihr bereits von Anfang an bewusst gewesen. In all den Büchern, die sie bisher in jeder freien Minute gelesen hatte, hatten die Figuren jedes mal freier gewirkt als jeder, ausnahmslos jeder hier in diesem Internat.

Sie konnten selbst entscheiden, wie sie sein wollten und falls dies nicht zutraf, kämpften sie für ihre Freiheit. Vielleicht war das ein weiterer Grund dafür gewesen, dass sich Dalis diesen Charakteren näher gefühlt hatte, als den Leuten ihrer Klasse.

Mit einem Mal wurde ihr all das klar. Es war fast, als hätte sie all die Zeit nach einer Antwort gesucht, einer Bestätigung, dass sie recht hatte. Das hier ziemlich viel falsch lief. Warum es niemand verstand.

Und jetzt stand die Bestätigung genau vor ihr. Mit einem schwarzen Hut auf dem Kopf.

Cecil wischte sich nicht die Tränen aus dem Gesicht. Dalis war so überwältigt, sie musste einfach mehr wissen.

„Warte jetzt - also S.U.F.F.E.R...

...hä?" Das mit dem Artikulieren war wohl doch noch nicht ganz ausgereift. Und das Siezen war ihr völlig entfallen.

„Also Sie wollen damit sagen, dass die Leute des Schutzes von Rellya Mörder sind? "

Cecil lachte auf.

Es war erstaunlich, wie schnell sich seine Emotionen ändern konnten; auf seinem Gesicht bildete sich ein fast irrer Blick.

„Jeden Mord, den sie verschweigen und begehen, macht sie verdrehter. Wir waren diejenigen, die ihre Wahrheit herausbringen wollten. Also, übersetzt in Gefahr, beseitigt zu werden."

Fassungslos vergegenwärtigte Dalis diese Information. Irgendwie.

Wenn das Alles hier stimmte...dann machte das Buch vielleicht einen Sinn. Natürlich.

Wenn die Geschichte von einem Arbeiter S.U.F.F.E.R.s geschrieben worden war, dann hatte er Cecil und die Anderen logischerweise als böse dargestellt. Und sie beseitigen lassen. Weil niemand die Wahrheit wissen sollte.

Es war ja so einfach.

Und so verlogen.

Und es hatte die gesamte Sichtweise der Menschen auf den Kopf gestellt. Irgendwas sagte Dalis, dass sie diesem Kerl glauben musste.

„Ich glaube, das Alles braucht mehr Zeit, als erwartet. Ich muss sagen, ich wundere mich, dass du doch soviel wissen willst", murmelte Cecil flüchtig, als würde er bald aus unerfindlichen Gründen verschwinden müssen.

Dalis nickte mit einem wahrscheinlich komplett bekloppten Gesichtsausdruck.

„Sie müssen mir das erklären. Besonders, weil ich da gerade ein Buch lese und...ja, es verwirrt mich nur noch", stammelte sie ziemlich wahrheitsgemäß.

Das Klischee *on hold*Where stories live. Discover now