Ich durfte mir bloß nicht anmerken lassen, wie peinlich mir das war. Es würde ihn wahrscheinlich mehr ärgern, wenn ich ganz cool darauf reagierte.

"Rose? Willst du dich vielleicht entschuldigen?" drang Davids Stimme durch meine Gedanken. Im Hintergrund hörte man seinen Kumpel nicht wirklich leise lachen.

Ich grinste, als mir eine Idee kam. Vielleicht nicht originell, aber für meine Verhältnisse doch ganz gut.

Meine Hand lag immer noch auf seinem Schritt und ich begann nun sanft darüber zu streichen. "Meinst du dass es sehr verletzt ist? Ich kann dich ja verarzten."

David hatte wohl nicht damit gerechnet, denn er sah mich ungläubig an. "Rose! Lass es jetzt, ja? Ich weiß nicht was dein Problem ist, aber es reicht. Ob das jetzt Absicht war oder nicht ist mir egal. Es tut scheiße weh und wenn du dich schon nicht entschuldigst, könntest du vielleicht damit aufhören, mir einen Ständer zu machen, den ich dann nicht mal mehr losbekomm, wegen den ganzen Schmerzen!" zischte er.

Ich hob abwehrend die Hände, verdrehte die Augen und wandte mich zum Fenster.

Als er mir nicht mehr ins Gesicht sehen konnte, schluckte ich einmal heftig und atmete tief durch. Es war peinlich und hatte sich irgendwie aber auch gut angefühlt ihn da zu berühren. Oh Gott, das klang richtig schräg, aber es war so. Zu wissen, dass er wegen mir fast eine Beule bekam, obwohl ich nur meine Hand auf die Stelle, die noch von seiner Unterhose und Hose bedeckt wurde, legte, war irgendwie gut.

David hatte eindeutig Einfluss auf mich! Einerseits war es ja ganz gut, nicht mehr ganz so verklemmt zu sein, aber ich sollte solche Gedanken vor allem nicht über David hegen.

Er tat mir irgendwie schon leid, aber ich durfte nicht vergessen, was er getan hatte! Er selbst tat ja schon so, als wäre nichts passiert, dabei wusste ich genau, dass er Anabell geküsst hatte. Ich irrte mich nicht, soviel war klar. Und so betrunken, dass er sich nicht dagegen wehren konnte, dass Anabell ihn geküsst hatte (falls es nicht sogar andersrum war!), war er nicht gewesen. Damit, dass er so tat, als sei nichts gewesen, machte er alles nur noch schlimmer.

Während meinen Gedanken, bekam ich mit, wie wir landeten. Immer noch tief in mir selbst versunken, stieg ich aus und tat alles schon fast wie in Trance, dabei dachte ich nur nach.

Eine gute Zeit später, standen wir dann endlich in unser Jugendherberge die etwas am Rand von London war.

Wir standen alle im Eingangsbereich und während unser Englischlehrer und ein anderer Lehrer, den ich bis jetzt noch nie hatte, eincheckten, hatten wir den Auftrag bekommen uns in zweier Pärchen zusammen zu tun, da die Zimmereinteilung dann so wäre.

Ich blieb einfach am Rand stehen und musste dabei zusehen, wie sich alle mit anderen zusammen taten, die für mich infrage gekommen wären. Ich hoffte einfach, dass wir nicht so viel Zeit in unseren Zimmern verbringen würden.

"So, ich verteile jetzt die Schlüssel." meinte unser Englischlehrer und fing an jedem Pärchen einen Schlüssel zu geben.

Anabell und ein anderes Mädchen hatten sich jeweils mit einem Jungen zusammen gestellt, aber damit schien der Lehrer nicht ganz zufrieden zu sein und schickte die zwei Jungen und die zwei Mädchen in jeweils ein Zimmer.

Und ehe ich mich versah, stand ich alleine da.

Fast.

Ein gewisser, von mir gemiedener Typ stand auch noch da. Offenbar ging die Anzahl seiner Freunde nicht auf und er war alleine geblieben. Oder er wollte einfach nur zu mir ins Zimmer, was ich bezweifelte, da ich ihn in letzter Zeit wirklich alles andere als gut behandelt hatte. Außerdem schien unser Lehrer sowieso nicht beide Geschlechter in einem Zimmer zu akzeptieren.

"So, wir haben nur noch ein Zimmer, das ihr euch jetzt wohl oder übel teilen müsst. Ich vertraue dir Rose und David, du lässt sie in Ruhe, ich möchte keine Beschwerden von Rose über dich hören!" sagte er entschieden. Er war zwar irgendwie mehr auf meiner Seite, aber trotzdem tat er mir das hier an. Vielleicht müsste ich einfach mal mehr das schlechte an mir raushängen lassen, denn Anabell war scheinbar nicht brav genug, um sich das Zimmer mit einem Jungen teilen zu dürfen. Ich aber musste mir das Zimmer mit einem Typen teilen.

Aber bevor ich mich beschweren konnte, waren unser Englischlehrer und der andere Lehrer schon verschwunden. David schubste mich kurz in Richtung der Treppen. Er lernte dazu. Offenbar merkte er, dass ich seine Berührungen mied (mal abgesehen von dem vorher). Trotzdem war das nicht so nett gewesen, denn ich stolperte mitsamt meinem Koffer nach vorne und fiel fast um.

Darauf nahm David überhaupt keine Acht und verschwand mit dem Schlüssel und seinem Koffer die Treppen nach oben. Den Koffer trug er wie ein Fliegengewicht nach oben in den zweiten Stock. Einen Aufzug gab es natürlich nicht. Und allen anderen Mädchen hatten die Jungs mit den Koffern geholfen, nur mein Junge war schon weg und kein anderer hilfsbereiter befand sich noch in der Eingangshalle. Toll.

Ich trottete zu den Treppen und hievte den Koffer Stufe für Stufe nach oben. Bei der Mitte der ersten Treppe machte ich meine erste Pause und schnaufte kurz durch. Konnte mein Koffer nicht leichter, die Treppen nicht kürzer oder ich nicht einfach stärker und sportlicher sein? Nein, warum auch?

Ich seufzte. Ich hatte manchmal echt das Gefühl, ich wäre in meinem früheren Leben der meist gesuchte Verbrecher und Mörder gewesen und das wollte mir das Schicksal jetzt heimzahlen.

Oder auch nicht?

Ich war nämlich schon fast mit der ersten Treppe fertig, als mir David entgegen kam.

Nein, das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit mir.

Anstatt dass er mir half, lief er eiskalt an mir vorbei, weswegen ich fast schon schluchzen musste. Scheiße, dass fing ja schon mal gut an!

"David?" rief ich ihm leise hinterher. "David!" wiederholte ich, als er mich nicht hörte.

Daraufhin drehte er sich halb zu mir um und runzelte die Stirn.

"Könntest du mir ... helfen? Bitte." bat ich doch eher leise.

Er schien mit sich zu zögern, kam dann aber doch noch zurück und nahm dabei nur alle zwei Stufen bis er bei mir ankam.

Wortlos nahm er mir den Koffer ab und trug ihn mit einer Leichtigkeit nach oben in den zweiten Stock, während ich ihm nur unbehaglich hinter her ging.

"Fall jetzt nicht in Ohnmacht oder so, ich kann nichts dafür." teilte er mir nüchtern mit.

Ich betrat nach ihm unser kleines Zimmer, gespannt darauf, was er damit meinte.

Ein Doppelbett.

Ohne Witz, er meinte damit ein Doppelbett, was für die nächsten Wochen unser gemeinsames Bett wäre.

Ich hasse dich Schicksal!

My Best Friends BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt