1.Kapitel - Der Fremde

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Die kalte und nasse Schnauze von Risika weckte mich. Ich öffnete die Augen und sah als Erstes ihr blaues und ihr braunes Auge. Sie hatte graues Fell, so wie es bei Wölfen eben üblich war. Aber am meisten liebte ich ihre Augen. Sie waren wunderschön und hatten schon viel gesehen. Sie sahen sehr weise aus.

»Morgen, meine Hübsche. Na, was ist los?« Begrüßte ich sie lächelnd.

Zur Antwort schleckte sie mir übers Gesicht. Ich lachte und sie schaute mich mit großen Augen an. Dann drehte sie sich um und rannte in den Technikraum. Oh nein! Technikraum heißt Zombies! Schnell sprang ich von meiner kleinen Pritsche auf. Dann schaute ich aus dem Fenster, aber konnte nichts erkennen, da so viele Blätter und Äste die Sicht verdeckten.
Ich hatte mir nämlich ein Baumhaus im Wald aufgebaut und bis jetzt war es unentdeckt geblieben. Ich hoffte, dass die Beißer nicht meinetwegen da waren und folgte Risika in den Technikraum. Sie stand vor dem Radar und ich sah, dass meine Fallen im Norden am Waldrand Alarm geschlagen hatten.
Plötzlich blinkte es auch in NW-Richtung auf. Oh nein! Das hieß, entweder sie versuchten uns zu umzingeln oder sie waren eine große Horde! Letzteres war wahrscheinlicher, da die Beißer ziemlich dumm waren. Es sei denn ... Nein, unmöglich! Wieso sollten so viele Überlebende ausgerechnet hierher wollen? Außerdem wären sie dann bereits da. Nein, es mussten Beißer sein. Aber wieso wollten sie hier her? Ich hatte weder Licht noch Lärm gemacht ... Sie mussten hinter etwas oder jemanden! Her sein.
Ich packte mein Fernglas und sah aus dem Fenster. Hier konnte man mehr sehen. Oh Gott, waren das viele! Und ... doch! Da rannte jemand weg! Es war ein Junge mit einem Sheriff-Hut und er kam genau in unsere Richtung gerannt. Ich musste mich beeilen, wenn ich ihn mit in den Bunker nehmen wollte. Schnell rannte ich in das Schlafzimmer und löste ein lockeres Brett, so konnte ich in ein Loch im Baum greifen und meinen Notfallrucksack hervorholen. Ich schnallte ihn mir um und rannte zur Leiter nach unten. Risika hüpfte geschickt die Äste nach unten und landete neben mir.
Ich schaute in Richtung der Zombies und da kam auch schon der Junge in Sicht. Er winkte wie wild. Unbeirrt rannte ich ein kleines Stück nach Süden, bis ich meine Markierung fand. Dann begann ich nach der Luke zu suchen. Als ich sie gefunden hatte, riss ich sie mit Schwung auf und deutete Risika herunterzuspringen.

Währenddessen war der Junge immer näher gekommen und schließlich konnte ich ihn rufen hören: »Achtung! Zombies! Schnell renn weg!«

Ich seufzte und antwortete: »Los jetzt! Spring in die Luke! Ich warte nicht ewig.«

Verwundert blieb er vor der Luke und mir stehen. Er wollte gerade etwas sagen, als sich schon die ersten Zombies näherten. Also schubste ich ihn kurzerhand runter, was er mit einem Aufschrei kommentierte. Dann sprang ich selbst und rollte mich neben ihm ab.
Blitzschnell war Risika da und durchtrennte mit ihren scharfen Zähnen das Seil, das die Luke offen gelassen hatte. Keine Sekunde zu früh, denn die Beißer wollten unserem Beispiel gerade folgen. Erleichtert atmete ich auf und ging zu einem kleinen Tisch. Der Junge rappelte sich auf und folgte mir.

»Danke«, sagte er.

»Wofür? Noch sind wir hier drinnen gefangen«, antwortete ich ihm.

Dann deutete ich ihm, sich auf den Bauch in die Ecke zu legen. Er schaute mich verwundert an.

»Wieso?«, fragte er mich.

Ich sah ihn an und sagte: »Vertrau mir einfach.«

Und überraschenderweise legte er sich tatsächlich auf den Boden. Ich nahm eine Fernbedienung (auf der Stand: Nur für den Notfall!) mit einem einzigen Knopf darauf und tat es ihm gleich. Augenblicklich kam Risika an meine Seite und schleckte mich traurig ab.

»Ich weiß, meine kleine ... Aber nur so kommen wir hier raus.« versuchte ich sie zu trösten.

Dann drückte ich den Knopf. Ein ohrenbetäubender Knall ertönte und ich spürte den fremden Jungen neben mir zusammenzucken. Risika fing an zu jaulen, als die Erde über uns zu bröckeln anfing. Bestürzt schaute ich hoch. Hoffentlich würden die Stützen standhalten! Es bebte noch etwas, aber dann blieb alles ruhig. Auch die Geräusche der Zombies waren verschwunden.
Der Junge neben mir regte sich und stand auf.

»Was zur Hölle ...? Hast du gerade alles draußen in die Luft gejagt?«, fragte er mich erstaunt.

Ich stand auf und nickte zur Antwort.

»Wow! Hast du noch mehr Sprengstoff?«, fragte er mich hoffnungsvoll.

»Nein, tut mir leid ... das war alles. Leider ...«, antwortete ich ihm wahrheitsgemäß.

Dann lief ich zur Luke und öffnete sie vorsichtig. Da mir kein Zombie entgegenkam, kletterte ich vorsichtig raus und blickte mich um. Der Anblick war schrecklich.
Überall lagen Reste von Zombies und Blut tränkte den Waldboden. Vereinzelt sah man sogar noch ein paar Bewegungen unter den Leichenteilen. Neben mir fing der Junge an zu würgen, er war mir also einfach so gefolgt, wenigstens war er mutig.

»Scheiße!«, murmelte er, drehte sich um und übergab sich.

Ich kicherte leise. Er hielt einfach wirklich nichts aus, aber ich konnte es ihm nicht verübeln. Selbst mir war das hier zu ekelhaft. Risika rannte zu dem Ort, an dem unser Baum gestanden hatte. Sie fing an, zu jaulen. Wie ich es mir gedacht hatte, war nichts mehr von unserem geliebten Heim übrig. Alles lag zerstört am Boden.

Ich schaute traurig weg, aber der Junge musste meinen Blick bemerkt haben, da er mitfühlend meinte: »Es tut mir leid. Das wollte ich nicht ... Aber vielleicht ... also als Entschädigung für dein Versteck und als Dankeschön für meine Rettung kannst du mit zu meiner Kolonie kommen. Ich denke, sie werden dich gerne aufnehmen.«

Ich sah ihn prüfen an: »Wie viele seid ihr? Und wo ist das Versteck?«.

»Wir sind schätzungsweise 30 Personen und es ist in einem alten Gefängnis«, antwortete er mir.

»Eigentlich bin ich kein Fan von großen Gruppen, aber mir bleibt jawohl nichts anderes übrig«, antwortete ich seufzend.

Er lächelte, aber dann sah er besorgt zu meiner Risika, die immer noch jaulte.

»Was ist mit Risika? Wieso starrst du sie so an?«, fragte ich ihn schnippisch.

»Ich weiß nicht, ob sie dort so begeistert sein werden, noch ein Tier füttern zu müssen«, meinte er besorgt.

»Keine Sorge, sie jagt für sich selbst und für mich. Ihr müsst also niemanden zusätzlich verpflegen«, antwortete ich ihm beleidigt.

»Ach so. Entschuldige, das wusste ich nicht ...«, erklärte er entschuldigend.

Ich holte Risika und gemeinsam machten wir uns Richtung Süden. Ich und Risika in Richtung eines neuen Lebens und der Junge Richtung zu Hause.

1084 Wörter

Der Geruch des Todes                                         The Walking Dead FFWhere stories live. Discover now