Colin Teil 37

15 2 0
                                    

Das Bootshaus verschwamm vor meinen tränennassen Augen, sein Licht ein heller Fleck, weich und schwammig, als hätte man ihn mit zu viel Wasser in der Farbe gemalt. Schwer atmend rannte ich darauf zu, erreichte die Außenwand der Bretterhütte und stützte mich Halt suchend daran ab, den schweren Kopf hängend, die Beine zitternd. So stand ich für ein paar Sekunden da und ermöglichte meinem tapfer schlagenden Herz diese kurze Pause.

In meinem Rücken spürte ich Nathaniel, der ein paar Schritte hinter mir verharrte, als wollte er die Gesamtsituation als sein Kunstwerk betrachten. Ich hatte ihn weit genug von Daphne und Cid weggelockt, mehr Abstand war nicht nötig. Es war an der Zeit, mich diesem Monster zu stellen.

Bitte, dachte ich und es war ein kleines Stoßgebet an die Magie, auf die ich jetzt setzte. Dann drehte ich mich um, zerrte mir mit roten Händen das dreckige Shirt über den Kopf und befreite damit das magische Muster auf meiner Haut. Nathaniel würde keine Chance gegen diese Waffe haben, sie war für die Vernichtung von Captoren bestimmt. 

Ich musste plötzlich an eine Geschichte denken, die Dad mir mal erzählt hatte. Sie sprach von einem Erstgezeichneten, dessen Muster so stark gewesen war, dass sein Feind bei seinem Anblick schreiend zu Boden gefallen war, auf welchem er sich nicht mehr geregt hatte. Tot nur wegen eines Blickes.

Aber Nathaniel schrie nicht. Er betrachtete mein Muster als wäre es ein normales Tattoo, sein Blick folgte gleichgültig den glühenden Linien und um seinen gelassenen Mund spielte ein leichtes Lächeln. Beunruhigt wartete ich auf eine andere Reaktion, aber stattdessen hob er einfach den boshaften Blick.

Das konnte doch nicht sein. Ich spürte die Magie durch die Linien pulsieren, spürte ihre Wärme, ihre Kraft. Sie war in mir, sie gehörte mir und sie sollte meine Waffe sein. Aber Nathaniel starrte mir unbeeindruckt, sogar triumphieren in die Augen, vernichtete meine Zuversicht mit einem harten Schlag. Wie eine plötzliche Sonnenfinsternis in meinem Inneren, die mich erbarmungslos verschluckte, verlor ich den Glauben an meine Fähigkeiten. Ich sollte ein Erstgezeichneter sein, doch es war als wäre ich nichts. 

Ich fiel in ein Loch voller Leere, fassungslos und enttäuscht. Warum?, brüllten meine Gedanken verzweifelt, warum wirkt es nicht? Mein Muster sollte eine Waffe sein, sie sollte mich jetzt und hier beschützen.

Pure Angst löste sich in mir. Ich würde sterben. Der Captor würde mich aufschlitzen wie ein Stofftier, würde mich vielleicht in den See schmeißen, wenn er mit mir fertig war.

Nur nicht meine Schwester, dachte ich noch, als der Captor vortrat, meinen kraftlosen Körper gegen die Holzwand schupste und mir mit einer Hand die Kehle zudrückte. Wieder konnte ich vor lauter Schmerz kaum sehen. Mir fehlte die Kraft für einen Fluchtversuch, also wand ich mich einfach nur erfolglos, während meine luftlosen Lungen brannten. 

Diese Nacht hatte sich in einen Alptraum verwandelt und mein Tod würde das dramatische Ende davon sein. Als der Captor begann, mit seinen Fingernägeln das Muster auf meiner Brust zu zerstören, spürte ich nur meinen ganzen Körper nach Luft schreien. Es war mir egal, wieviel tiefe Wunden er noch in mich hinein riss und wieviel Blut noch daraus strömte, ich wollte einfach nur Luft. Und leben, ich wollte leben.


Gespannt wie es weitergeht? Stay twinned!

Obwohl wir Freunde wurden (Colin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt