Colin Teil 24

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Ich trommelte ungeduldig auf das fleckige Lenkrad meines Pick-Ups.

Daphne durchsuchte wie jeden Morgen die Radiosender nach guter Musik. Ich fand das immer überflüssig, weil unsere Fahrt zur Schule sowieso nie länger als zehn Minuten brauchte. Aber Daphne hörte immer und überall Musik. Es störte sie auch nicht, dass ihr Walkman über zehn Jahre alt war und sie damit nur CDs hören konnte. Ich kannte niemanden, der mehr CDs besaß als sie. Überhaupt war sie anders als andere Mädchen in ihrem Alter. Sie trug Latzhosen, wie man sie aus den 80ern kannte und bunte Plastikboots mit dicken Sohlen. Es machte mich jedesmal stolz zu sehen, wie selbstbestimmt sie war und dass sie sich nicht von anderen Mädchen beeinflussen ließ.

„Du hast gestern das College geschwänzt, stimmt's?", fragte sie, nachdem sie sich für einen Sender entschieden hatte. Alternative Music füllte das Fahrerhäuschen mit stürmischen E-Gitarren und einem Sänger, der klang als wäre er stoned.

Anders als mein Vater hatte sie gemerkt, dass ich mit der Pizza viel zu früh dran gewesen war. „Ich hatte meine Gründe", verteidigte ich mich. Sie hob ihre dunklen Augenbrauen und ich wusste sofort was sie dachte.

„Damit liegst du falsch", schlug ich ihr den Gedanken aus.

„Du hast schon lange keine Freundin mehr", sagte sie und tippte zum Takt der Musik mit den Fingern auf ihr Knie. Den rechten Fuß hatte sie an das Armaturenbrett gestützt.

„Ich weiß nicht was es dich kümmern soll", erwiderte ich, richtete den Blick zurück auf die Straße wo die Ampel gerade grün wurde und gab Gas.

„Dann wärst du vielleicht weniger angespannt."

Ich lachte. „Glaub mir, das hat überhaupt nichts damit zu tun."

„Mit was denn dann?"

„Royce, dem Zirkel. Du weißt schon." Tatsächlich hatte ich die halbe Nacht kein Auge zugetan, so sehr hatte mich die ganze Sache beschäftigt. Ich wusste, Royce würde die Jagd nach dem Captor nicht aufgeben. Sein Versprechen war hohl gewesen, reiner Bluff. Selbst wenn der Captor tatsächlich nur eine Familie wollte, er würde sterben.

„Bla bla bla", machte sie und wackelte dabei mit dem Kopf hin und her, „du hast noch ein anderes Leben."

Ach ja?, dachte ich wenig überzeugt, welches denn?

Sie deutete mein Schweigen als genau das, was es war.

„Du brauchst eine Freundin, Bruderherz."

„Bla bla bla", machte ich jetzt und lenkte das Auto an den Straßenrand, wo ich vor einem kleinen Café im Halteverbot abbremste. Florence Aleman, das College It-Girl, kam gerade zur Türe heraus. Es war das erste Mal, dass ich sie zu dieser Zeit hier sah. Ihr kurzer, enger Rock betonte ihre langen Beine. Ich konnte nicht anders als auf ihren heißen Hintern zu starren, als sie zu ihrem Porsche ging.

„Hey, die ist doch aus deinem Kurs, oder?" Daphne hatte sie auch gesehen. „Wie wäre es mit ihr? Sie ist wirklich mega hübsch."

Augenverdrehend sah ich meine Schwester an, die mit den Augenbrauen wackelte. „Na los, spring schon raus."

Sie schmunzelte, öffnete die Beifahrertür und hüpfte hinaus auf den Gehweg. Ich sah zu wie sie hinein eilte, um unseren alltäglichen Coffee To Go zu holen.

Mein Blick huschte zurück zu Florence, die gerade in ihren Porsche einstieg. Sie war wirklich unglaublich hübsch und besaß die Figur einer Tänzerin. Keine andere verdrehte so vielen Studenten den Kopf  wie sie.

Aber wie viele andere auch sah ich keine Chance bei ihr. Die letzten zwei Jahre auf dem College hatte sie mich kein einziges Mal angeguckt. Sicher war es das Muster auf meinem Körper, das sie abschreckte. Kerle, die ihren Körper komplett tätowierten, besaßen meistens ein bestimmtes Image. Drogen, Schlägereien, Knastgeschichten. Ganz bestimmt brodelte die Gerüchteküche heftig, was mich anging. Nur ein Mädchen hatte mich bisher geliebt und jede Linie meiner Haut bewundert.

Durch die große Scheibe des Cafés beobachtete ich, wie Daphne an der Theke überschwänglich begrüßt wurde und breit lächelnd das Übliche bestellte. Einen Caramel-Latte für sie und einen großen Kaffee für mich. Ohne Zucker. Ich freute mich schon auf die heiße, cremige Flüssigkeit, die meinen Tag mit einem ordentlichen Koffeinschub erträglicher machen sollte.

Die Anspannung von dem gestrigen Tag war gerade erst von mir abgefallen, als ich das Spiegelbild des Fahrzeugs erblickte. Der schwarze Sportwagen des Captors parkte nur zwei Lücken weiter vorne. Mein Blick huschte zurück in das gut gefüllte Café, in dem Menschen nichtsahnend ihren Tag begannen.

Meine Schwester war gerade dabei zu bezahlen.


Der Mörder unter Menschen... seid gespannt was passiert!    Stay twinned!

Obwohl wir Freunde wurden (Colin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt