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»Guten Morgen Dornröschen«, lächelte meine Mum und stellte einen Teller vor mir auf dem Tisch ab. Doch selbst der verführerische Anblick von Rührei mit Speck und Toast konnte meine Laune nicht aus dem Krater ziehen, in den sie gefallen war, sodass ich nur ein undeutliches 'morgen' murmelte und die Tasse mit Kakao entgegennahm, die mein Bruder mir hin schob, als wäre ich eine nicht entschärfte Bombe.

Misstrauisch spähte auch nun mein Dad über den Rand seiner Zeitung zu mir herüber. »Schlecht geschlafen oder Mädchenprobleme?«

»Mädfenprobleme«, sagte ich mit vollem Mund und finsterem Blick, was meinem Dad mehr als genug sagte. Tja, mit einem schlecht gelaunten Drachen fackelte man nicht lang.

»Dann rede mit deiner Mutter oder Mira darüber«, meinte er, faltete die Zeitung zusammen und diskutierte mit meinem Bruder und Dallas über das letzte Footballspiel von Texas gegen Toronto (die Texaner hatten gewonnen).

So schnell ich konnte vernichtete ich mein Frühstück und wollte mich gerade schon wieder nach oben in mein Zimmer verdücken, als meine Mum eingriff: »Sophia, Schatz, Cal wollte Dallas grade die Farm zeigen.«

Übersetzung: Wenn du jetzt auch nur einen Fuß auf die Treppe setzt, Töchterchen, hagelt es mehrere Wochen -nein Monate- Putzdienst. Allein.

Ich lächelte leicht, okay, ich versuchte es, aber meine Augen mussten meine Laune wiederspiegeln. »Klar Mum; Cal, ich warte draußen.«

In meinen Converse stapfte ich auf den Pferdestall zu, aus dem mir schon, kaum dass ich die großen Türen geöffnet hatte, Wiehren entgegen kam. »Ladies und Gentlemen«, ich rieb meine Hände aneinander, »guten Morgen.«

Für viele Mädchen die Qual der Wahl - für mich nicht. Zielstrebig steuerte ich auf die Box meines Lieblingspferdes zu; unruhig warf das Tier seinen Kopf in die Höhe, als ich es fertig machte. Kaum saß ich auf der blau verzierten Decke auf dem Rücken meines Pferdes, fand meine Hand ihren Weg in die helle Mähne, die lang und leicht wellig war. Das Fell war kurz, weich und warm, beige mit hellbraunen Punkten, die aussahen, als hätte man sie von Hand auf sein Fell gemalt. Wache Augen, zügiger Gang, ruhig aber niemals still - sie war wie für mich gemacht. Mira scherzte immer, dass sie aussah wie ein 'waschechtes Indianerpferd', was ich nicht leugnete.

»Hey Soph hast du-«, Cal kam auf mich zu, sodass ich mein Pferd vor dem Stall anhielt.

»Zwei Pferde für euch fertig gemacht? Ja, hab ich. Weil ich die beste Schwester der Welt bin« ich zwinkerte ihm zu und hoffte, dass ich dann einfach, während Cal und Dallas was auch immer machten, meine Ruhe hatte und diesen... etwas ungünstigen Zwischenfall von heute morgen zumindest etwas vergessen konnte.

Cal atmete erleichtert aus und warf mir einen Luftkuss zu. »Du bist einfach super.«

Gerade als ich mit einem etwas überheblichen Kommentar antworten wollte, bemerkte ich Dallas, der neben uns zum stehen kam und ungefähr zwei Meter Abstand zu meinem Pferd hielt, als es den Kopf hoch warf und mit einem Huf auf dem trockenen Boden scharrte.

Und als ich ihn so sah; Marken Shirt, Denim Jeans und die neuesten Air Jordan's, lachte ich und warf meinen Kopf in den Nacken. Ja, ich lachte. Laut und so heftig, dass ich fast vom Pferd gefallen wäre.

Verwirrt musterte Dallas mich. »Ist was?«

Mit letzter Kraft wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel, bevor ich überhaupt in der Lage dazu war, Callen's gigantisches Grinsen zu bemerken und Dallas zu antworten: »Was- was zur Hölle hast du da an?«

»Äh... na ja, ist das hier nicht normal?« so blöd wie er sich gerade anstellte, war noch nicht mal ich wenn Jason direkt neben mir stehen würde.

Ich kicherte als ich ihn so sah. »Du bist hier in Texas, auf einer Farm. Staub, Sonne, Tiere - und du tanzt hier in Designer-Klamotten an? Also was denkst du, ist das normal?« mag sein dass meine Art, ihm klar zu machen wie lächerlich er sich gerade machte, etwas schroff und arrogant klang, aber ich wollte ihn nur vor sich selbst retten.

Denn so lief das hier eben; wenn irgendwer von unseren Nachbarn ihn so, in diesen Klamotten, sehen würde, wäre Dallas innerhalb von drei Minuten das Gespött der texanischen Farmer und der überaus gute Ruf meines Dad's bekäme einen tiefen Kratzer.

Ich bemerkte seinen düsteren Blick, der mir wohl klarmachen sollte, dass ich ja nicht so vorlaut und unhöflich sein sollte. »Bruder, wenn du dir nicht deine makellosen Air Jordans versauen willst, kriegst du was von mir zum anziehen. Deinen Schuhen zuliebe«, grinste Callen und schob Dallas zurück zum Haus, zeitgleich nahm ich einen Anruf von Mira entgegen.

»Was gibt's M?«

»Wie sieht er aus?«

Etwas unsicher rückte ich den Cowboyhut auf meinem Kopf zurecht. »Du sprichst von Dallas, oder?«

Die Antwort schrie sie mir keine Sekunde später ins Ohr: »Ja natürlich spreche ich von ihm! Wegen was glaubst du, würde ich sonst anrufen?«

»Weil du mich magst?«, stellte ich eine Gegenfrage, was ihr ein Seufzen entlockte.

»Auch deswegen; sagen wir... dreißig Prozent?«

Empört schnappte ich nach Luft. »Nur dreißig? Ich will fünfzig!«

»Einigen wir uns auf siebenundvierzig und sofortige Informationen?«

Sie war eine schwere Verhandlungspartnerin, aber damit wurde ich fertig. »Gut, siebenundvierzig. Mira er sieht unbeschreiblich-«

»Grässlich aus? Grauenhaft?«, ratterte Mira schon ohne jede Skrupel herunter.

»Was?«, fuhr ich sie an. »Nein! Mira das ist es ja grade, er sieht aus wie... wie ein verdammter Engel. Ein heißer, britischer Engel.«

»Dann muss er sterben«, beschloss sie schlicht, was mich aber fast zu einem Herzstillstand brachte.

»Mira nein! Warum? Das ist... krank«, warf ich ihr vor.

»Er bringt den Plan, Sophia und Jason für immer und ewig, in Gefahr, also muss er aus dem Weg geräumt werden. Und, na ja, das ist der schnellste Weg«, räumte sie schlicht ein. Langsam ließ ich mein Handy sinken und drückte Mira einfach weg. Mein Gefühl sagte mir, dass das alles, die ganze Idee mit dem Auslandsjahr, wohl doch keine so gute Idee gewesen war. Ich hatte mich blamiert und meinen Stolz quasi mit einer Abrissbirne die Treppe herunter gekickt und meine beste Freundin wollte Dallas umbringen. Wahrlich rosige Aussichten für die nahe und ferne Zukunft.

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Puh, endlich geht's mal weiter... ja ja, blamieren tun wir uns doch alle mal, oder nicht? Sophia hat's jedenfalls voll drauf in solche Situationen zu kommen, nicht?

Und auf wessen Seite steht ihr? Sophia oder Mira?

PS: Merry Christmas! ❄🎄💙
~May&Bae

Dallas - Just one Year Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt