Kapitel 4

2.8K 170 27
                                    

Sophia

»Nein, wir nehmen ein Mädchen!« böse warf ich das Küchenhandtuch nach Callen, den ich jedoch weit verfehlte und stattdessen meine Mum traf, die erschrocken zusammenzuckte. »Hört auf ihr beiden, oder ihr putzt morgen beide das gesamte Haus«, drohte sie und legte das Handtuch weg, was Cal und mich sofort zum stillsitzen motivierte.

»Also gut«, sie hielt eine Ein-Dollar Münze hoch, »Sophia ist Bild und Callen ist Zahl, ein Wurf.«

Angespannt trommelte ich mit meinen Fingernägeln auf der Tischplatte herum und Cal spannte seinen Kiefer an - jetzt kam die Entscheidung wer von uns beiden seinen Willen durchkriegen würde; der große Bruder oder die kleine Schwester?
Doch so einfach sollte es nicht werden, denn meine Mum versuchte jetzt bestimmt schon zum zwanzigsten Mal die Münze richtig zu werfen - was ihr aber immer noch nicht gelang. »Kleines Drecksding«, fluchte sie leise und Dad strich sich leicht genervt über die Stirn. »Schatz, gib mir die Münze.«

»Nein«, fauchte sie und probierte es stur weiter, doch diesmal regte sie sich so sehr darüber auf, dass sie den Dollar kurzerhand aus dem weit geöffneten Fenster warf, was alle Anwesenden zu schocken schien, und drehte sich mit einem gwinnerischen Grinsen zu uns. »Na, was sagt ihr jetzt?«

Mein Dad fand als erster seine Sprache wieder und schüttelte kurz ungläubig seinen Kopf. »Emma, wie sollen wir jetzt bitte sehen wer gewonnen hat?«

»Ich geh schon...«, murmelte ich und erhob mich um aus dem Haus zu laufen und unter dem Küchenfenster nach dem Dollar zu suchen.

Frustriert stöhnte ich auf, als ich die Münze fand und schrie: »Cal, du hast gewonnen.«
Während ich zurück ins Haus stapfte hörte ich meinen Bruder lachen, wahrscheinlich saß er schon über den Anmeldungen und freute sich diebisch, dass er mich abgezogen hatte.

Aber das war mir egal. Denn wer hatte nächste Woche ein Date mit Jason Hughes -unglaublich süß, unglaublich gutaussehend und unglaublich, aber wahr, ohne Freundin-? Genau, ich. Und da kann mich Callen mal, denn das würde mir niemand vermiesen können.

Erstaunt musterte ich meinen Bruder, der völlig entspannt auf unserer großen Couch lag und Bilder von sich selbst auf Snapchat postete. »Schon fertig? So schnell?«, wollte ich irritiert wie belustigt wissen und lehnte mich mit verschränkten Armen an eine Wand.

»Yup, glaub mir Soph die Wahl war schwer.«

Ich kicherte kurz, bevor ich ihm den Rücken zudrehte und die Treppe nach oben zu Mira zurückging, die mit hochkonzentriertem Blick ihr Handy anstarrte. »Mira, ist alles-«

»Schht!«, wies sie mich an die Klappe zu halten, weshalb ich sofort abwehrend meine Hände hob und mich an das bodentiefe Fenster setzte, um hinauszusehen. »Ich stalke grade Shawn Mendes also unterbrich mich ja nicht!«

Ich lachte nur und ließ mich neben sie fallen.

***

Tief atmete ich durch, zog meinen Zopf fest und blickte ein letztes Mal prüfend in den Spiegel. Ich hatte Mira's Rat befolgt und den weißen Jumpsuit angezogen, denn heute war einer der bedeutensten Tage in meinem gesamten Leben; mein erstes (nicht wirklich) Date mit Jason Hughes.

»Du siehst toll aus Soph«, kommentierte Mira, schnappte mich am Arm und zerrte mich aus dem Mädchenklo, »aber jetzt los sonst wartet Jason noch stundenlang auf dich.«

Die Sonne schien angenehm warm, als wir zusammen mit einigen anderen Schülern die Schule verließen. Ungeduldig überblickte ich den gesamten Platz vor der Schule, in der Hoffnung Jason irgendwo zu entdecken. Und tatsächlich. »Mira, Mira, Mira, Mira oh mein Gott er sieht so umwerfend gut aus«, flüsterte ich ihr hysterisch zu, als ich ihn entdeckte wie er auf der Treppe saß und über den Witz eines Freundes lachte. Gerade wollte ich mich umdrehen und aus dem Staub machen, da meine Füße im Augenblick mehr als kalt waren -und das bei 32 Grad-, doch da machte mir mein kalifornischer Traumprinz einen Strich durch die Rechnung, indem er mich entdeckte, sich von seinen Freunden verabschiedete und mir ein so umwerfendes Lächeln zuwarf, dass mein Vorhaben wie eine Seifenblase in der Luft zerplatzte.

»Oh Gott Mira ich- Mira?« doch sie war weg. Sie hatte mich eiskalt im Stich gelassen. Diese-

»Hi Sophia«, mein Lächeln kehrte zurück und setzte sich in meinem Gesicht fest, »also... wo willst du hin?«

»Ähm... wohin?« ich war so sehr damit beschäftigt, ihn anzustarren, dass ich überhaupt nicht auf seine Frage geachtet hatte. Zu meinem Glück hielt er mich jedoch nicht für total bekloppt, sondern grinste nur. »Sophia, wir wollten uns heute auf einen Kaffee treffen.«

Oh. Achso.

Nervös lachte ich. »Ups, mein Fehler. Wie wär's mit Cultivar Coffee

***

»Und wie war euer 'kein Date'-Date?« gespannt riss Mira mich aus meinen Gedanken, als sie plötzlich neben mir stand während ich gerade ein paar Sachen in meinen Spind räumte. Grinsend drehte ich mich zu ihr, was auszureichen schien. »Nein, oder? Ihr trefft euch wieder?!«, kreischte sie hysterisch, sodass ich ihr nur schnell meine Hand auf den Mund drücken konnte damit nicht gleich die ganzen, zu halbtoten Morgenzombies mutierten, Schüler unserer Schule alles von meinem... Treffen unter Freunden mit Jase mitbekamen. Sie nuschelte eine schnelle Entschuldigung, sodass ich meine Hand wieder von ihrem Mund nahm.

Sie kicherte leise. »Trotzdem, du konntest mir das ganze Wochenende nichts erzählen; jetzt sag schon was ist alles passiert?«

Ich seufzte leise und rollte spielerisch meine Augen, als ich sagte: »Nichts Weltbewegendes Mira. Wir haben geredet, haben Kaffee getrunken, er hat mich dann noch nach Hause gefahren und das war's - wie gesagt nichts Weltbewegendes. Und du bist doch Schuld dran wenn du dein Handy auch gegen eine Wand schmeißt.«

»Hm, sagst du«, meinte sie und piekste mir mit ihrem Zeigefinger in die Wange, »aber in zehn Jahren wirst du auf deiner Couch sitzen, erst deine zwei Kinder und dann deinen Ehemann -Jase nebenbei- ansehen und dir denken: 'Ach Mira, du hattest recht. Du hast immer recht'.«

»Wow«, staunte ich völlig erschlagen von Mira's Zukunftsplänen für mich, »So hatte ich mir meine Zukunft nicht vorgestellt.«

Gemeinsam betraten wir unser Klassenzimmer und ließen uns auf unsere Plätze fallen, umgeben von anderen müden Schülern, die das mit der Motivation an einem Montag morgen nicht ganz so ernst zu nehmen schienen.

Sie zuckte nur ihre Schultern und winkte ab. »Ist doch egal, Soph. Und ich sage dir jetzt schon: denk immer daran, denn wenn euer -möglicherweise- heißer Gast von wo auch immer kommt, musst du dein Ziel immer klar vor Augen haben.«

Vor Empörung darüber, was in Mira's Kopf alles vor sich ging, wollte ich schon einen Papierball nach ihr werfen, brachte dann aber etwas anderes zur Sprache: »Apropos Gast - der kommt diese Woche Freitag hier an.«

Und schon war Mira wieder Feuer und Flamme. »Was?!«, schrie sie geschockt auf und lehnte sich so sehr zu mir herüber, dass ich schon dachte sie würde gleich mitsamt ihrem Stuhl umkippen. »Und das sagst du deiner besten Freundin erst jetzt?«

Gelassen lehnte ich mich zurück, als unsere Lehrerin das Zimmer betrat. »Nichts Weltbewegendes Mira, wie schon gesagt.« ich zwinkerte ihr noch zu, was sie jedoch nur mit einem finsteren Blick quittierte.

Dallas - Just one Year Where stories live. Discover now