Kapitel 4

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Josephine Saalfeld

Seit Eriks Geburtstagsparty waren einige Tage vergangen. Mich verwirrte es immer noch zutiefst, warum die Luft zwischen meinen besten Freund und mir so geknistert hatte. Außerdem verstand ich nicht wieso er plötzlich so abweisend bei der Verabschiedung gewesen war. Es hatte sich so fremd angefühlt. So als würden wir uns überhaupt nicht kennen. Erik und ich kannten uns schon seit über 15 Jahren, aber noch nie war er so kalt zu mir. Ich kannte ihn nicht so. Er war immer der liebe und nette Typ von nebenan, der etwas verpeilt war. Was ist nur passiert, dass er so komisch zu mir war?

Ich musste unbedingt mit jemanden reden und wer kam da nicht besser in Frage als meine beste Freundin. Sie kannte Erik genauso lange wie ich, aber nicht so gut. Dennoch konnte Elena die Situation zwischen mir und Erik am besten einschätzen.

Ich griff nach meinem Handy, nachdem ich es eine halbe Stunde lang gesucht hatte, da es sich mal wieder irgendwo versteckt hatte, wählte ich die Nummer meiner besten Freundin.

Keine Sekunde später nahm sie verschlafen den Anruf an. Hallo?

Hey, ich bin es. Sorry, dass ich dich geweckt habe, aber ich brauche jemanden zum Reden. Kam ich auch gleich zur Sache. Ich konnte heute einfach nicht um den heißen Brei herum reden, außerdem wusste sie ganz genau wann ich herum druckste.

Ich kann in einer Stunde bei dir sein und dann kannst du mir alles in Ruhe erklären, bei einer Tasse Kakao. Irgendwie hatte ich es geahnt, dass sie auf meinen Kakao an spielte, denn jedes Mal, wenn Elena bei mir zu Besuch war, bestellte sie von mir einen Kakao. Da ich, ihrer Meinung nach, den besten Kakao überhaupt machte, was ich jedoch bis heute stark bezweifelte.

Danke. Sagte ich noch, bevor Elena das Telefonat abbrach.

Nachdenklich ging ich in die Küche und holte aus dem Kühlschrank einen Tetra Pack Milch, wovon ich einen halben Liter ab maß, um diesen in einen Topf zu gießen. Zu der weißen Flüssigkeit gab ich etwas Kakao, bevor ich das Getränk etwas aufkochen ließ.

Wieso verhielt sich Erik so? Warum hatte er sich seit seinem Geburtstag nicht mehr bei mir gemeldet? Ich verstehe ihn einfach nicht. Ich habe so Angst, dass ihm unsere Freundschaft so unwichtig geworden ist. Ich will ihn nicht verlieren. Erik bedeutet mir einfach viel zu viel.

Elena kam eine halbe Stunde vor der abgesprochenen Zeit bei mir zu Hause an.

“Komm rein”, sagte ich zu ihr, nachdem ich die Tür geöffnet hatte. Bevor Elena mein Wohnzimmer betreten hatte, zog sie sich noch ihre Schuhe aus. Meine beste Freundin wusste ganz genau, dass ich kein Fan davon war, wenn Leute, die meine Wohnung betraten, ihre Schuhe an ließen.

“Dann schütte mir mal dein Herz aus, während ich den besten Kakao trinke, den es gibt”, meint sie zu mir, während ich ihr eine Tasse mit dem heißen Getränk überreichte. Ich wusste nicht wo ich anfangen sollte. Es verwirrte mich alles. Erik verwirrte mich.

“Du erinnerst dich sicherlich daran, als Erik und ich uns umarmt haben und…” Doch weiter kam ich nicht, da Elena mich unterbrach. Der eine kapierte es nicht, das du am Telefon warst, aber die andere fiel dir gerne ins Wort. Könnten die beiden sich nicht irgendwie ergänzen? Das jeder etwas von seiner schlechten Eigenschaft abgab.

“Natürlich erinnere ich mich. Wo ihr euch nicht mehr loslassen wolltet und die Luft so elektrisiert war. Ich wollte mich erst aus dem Staub machen und euch alleine lassen. Da ich dachte, dass ihr gleich übereinander hergefallen wärt. Aber Erik hat es ja nicht zu gelassen”, zog sie mich auf und machte sich etwas lustig über mich, während ich die Arme verschränkte.

“Ich lach dich auch aus, wenn du zu mir kommst und von deinen Gefühlen zu Marco erzählst. Und du nicht weiter weißt, ob es überhaupt Wert ist die Freundschaft zwischen euch zu zerstören, bloß, weil du dich in deinen besten Freund verliebt oder eher gesagt Gefühle entwickelt hast.” Ich wusste nicht was ich tun sollte. Erik bedeutet mir einfach viel zu viel. Ich habe einfach Angst, dass ich das alles durch meine dummen Gefühle zerstöre.

Nachdenklich sah ich aus dem Fenster. Ich wollte Elena nicht ins Gesicht schauen, da ich sehr genau wusste, wie sie mich ansehen würde. Bemitleidend.

“Josi. Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es so ernst ist.” Ich hörte wie etwas schuldbewusstes in ihrer Stimme mitschwang und sofort fühlte ich mich selbst auch etwas schuldig. Meine Emotionen spielten zurzeit etwas verrückt und das nur wegen einem Mann. Nur wegen Erik.

“Vielleicht solltest du dir erstmal im klaren werden, was du für Erik fühlst. Und dann kannst du es ihm immer noch sagen.” Elena, du hattest auch schon einmal bessere Vorschläge. Hast du auch eine Antwort darauf, wie ich reagiere, wenn Erik nicht das gleiche für mich fühlt?

“Aber Erik fühlt nicht das gleiche für mich wie ich für ihn. Ich bin für ihn nur eine Freundin”, sagte ich und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die sich gerade in meinen Augen sammelten. Ich stand von der Couch auf. Ich konnte nicht mehr sitzen. Alles war so erdrückend. Ich musste an die frische Luft. Ich musste hier raus. Ich wollte eigentlich nur zu Erik und bei ihm mein Herz ausschütten.

Langsam trat ich an das Fenster und öffnete dieses. Ich schloss die Augen, bevor ich tief ein und ausgeatmete und die frische Luft genoss.

“Erik fühlt genauso wie du. Das sieht sogar ein Blinder mit einem Krückstock”, meinte Elena, doch ich glaubte daran nicht wirklich. Dennoch öffnete ich meine Augen schockiert.

Ich meine, würde Erik genauso für mich fühlen hätte ich es doch längst mitbekommen. Wir verbringen soviel Zeit miteinander, dass wir eigentlich fast keine Sekunde ohne den anderen sind. Deshalb fühlt es sich so merkwürdig an, dass er sich seit seinem Geburtstag nicht mehr bei mir gemeldet hatte. Ich vermisse ihn. Ich vermisse Erik so schrecklich.

“Und warum meldet Erik sich dann nicht mehr bei mir?” Fragend sah ich meine beste Freundin an, die nur mit den Schultern zuckte. Wahrscheinlich wusste Elena selbst nicht, was sie daraufhin reagieren sollte.

“Vielleicht hat er etwas wichtiges zu tun.” Als ob Dürmchen etwas wichtiges zu tun hätte. Man muss ihn mindestens zwei Mal daran erinnern, dass er wichtige Dinge nicht vergaß. Erik war nun einmal verpeilt.

“Wir reden hier von Erik, dem du jedes Jahr den gleichen Gutschein schenkst und er sich wie ein kleiner König darüber freut”, sagte ich und Elena wusste genau, dass ich recht hatte.

Erik wollte einfach nichts mehr mit mir zu tun haben. Aber ich vermisse ihn so schrecklich.

Langsam liefen mir die Tränen über die Wangen, doch bevor Elena zu mir kommen konnte, verließ ich das Wohnzimmer und stürmte in mein Schlafzimmer. Dort schmiss ich mich auf mein Bett und ließ meinen Tränen endgültig freien Lauf.

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