3 / Ein seltsames Ereignis

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Die Zugfahrt verbringen wir hauptsächlich damit Bertie Bott's Bohnen zu essen, mit selbsterlernten Zaubersprüchen zu experimentieren und die neuen Schulbücher zu durchstöbern. Es braucht nur wenige Minuten und schon habe ich mich in Zaubertränke für Fortgeschrittene festgelesen. Ich gelange von der Affodillwurzel zum Trank der lebenden Toten und dringe immer tiefer in die Welt der Zaubertränke ein. Erst als Sam mich vorsichtig anstubst, bemerke ich wie kalt es auf einmal im Abteil geworden ist. Verunsichert blicke ich zu Sam hinüber und sie erwidert meinen Blick mit einem ähnlich ängstlichem.

    „Was ist das, Sca?", flüstert Sam leise. Die eisige Kälte zieht sich inzwischen wie ein Schleier durch das Abteil und ich sehe, wie sich am Fenster eine gefrorene Nebelschicht bildet.

    „Ich weiß es nicht", antworte ich, während ich durch Reiben versuche meine Hände zu wärmen. Schon bald durchzieht die Kälte auch den Rest meines Körpers und ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit. Vorsichtig spähen Sam und ich aus dem Abteil und schleichen uns den Gang entlang, doch auch dort ist die Kälte anwesend. Ein Abteil weiter entdecken wir zwei andere Slytherins. Ruth Dissider und ihr kleiner Bruder Malum sitzen eng umschlungen beieinander, als wir das Abteil betreten. Vor allem Malum scheint die Kälte zu schaffen zu machen, stelle ich besorgt fest, und lege ihm behutsam meinen Umhang um. Dann setzen Sam und ich uns auf die freien Plätze.

Der Gedanke an Dementoren fliegt beinahe hörbar im Raum umher, doch keiner wagt  es ihn auszusprechen. Das letzte Mal, dass sich Dementoren außerhalb von Askaban aufhielten, war als der berühmte Harry Potter noch die Schule besuchte. Inzwischen ist dies bereits mehr als achtzig Jahre her und die Vorstellung, dass dieses Ereignis sich nun wiederholen könnte, scheint unvorstellbar und macht mir Angst. Unfähig irgendetwas zu tun, sitze ich auf meinem Platz, als plötzlich Kelly O'Sore, ein Gryffindor, in das Abteil stürzt.

    „Feuer!", schreit er hysterisch. „Feuer!" Mit einem Mal bricht Panik im Zug los. Schüler stürmen aus ihren Abteilen auf den Gang, Haustiere laufen aufgescheucht umher, Koffer fallen zu Boden und werden unachtsam zur Seite getreten. Ein wenig entfernt steht unser Hauslehrer Professor Tudor und ruft aufgeregt etwas, doch es erstickt in der Menge aus Chaos und Panik.

    Einen kurzen Moment sitze ich noch geschockt da, doch dann springe ich auf. Gefolgt von Sam, Ruth und Malum renne ich raus aus dem Abteil. Es ist noch immer eisig kalt und der Gedanke an Feuer scheint absurd. Fast alle Schüler sind inzwischen auf den Gang gekommen und keiner scheint so recht zu wissen was los ist. Ich geselle mich zu einer Gruppe von Vertrauensschülern und versuche neue Informationen zu erhaschen, erfahre jedoch nur, dass es im vorderen Teil tatsächlich ein Feuer gegeben haben soll.

    Noch immer verstehe ich nicht ganz, was eigentlich los ist und ich kann meine Gedanken nicht richtig ordnen. Ich muss wieder an Todesser und Dementoren denken, versuche mich aber schnell mit dem Gedanken an einen harmlosen Schülerstreich zu beruhigen. Erneut zieht eine eisige Kälte durch den Gang, als der Zug plötzlich von einer Druckwelle erschüttert wird. Für einen kurzen Moment scheint die Zeit still zu stehen und ich spüre wie ein leichter Ruck durch meinen Körper geht. Dann kehrt schlagartig die Wärme wieder zurück.

    „Bei Merlins Bart, was war das?", fragt Sam und lehnt sich nervös gegen die Glaswand eines Abteils. „Ein Gegenzauber", mutmaße ich und blicke mich auf dem Gang um. Allmählich beruhigt sich die Situation wieder und die ersten Schüler kehren in ihre Abteile zurück. Auch Sam und ich machen uns schließlich auf den Weg zu unserem Abteil.

    Als wir ankommen, bin ich entsetzt. Unser Gepäck liegt kreuz und quer auf dem Boden verteilt und auch Hefte und Schreibzeug liegen wahllos im Raum umher. Ich trete etwas näher und entdecke, dass die Schnallen meiner Reisetasche aufgesprungen sind. Missmutig stöhne ich auf und packe meine Sachen wieder zusammen, mache mir jedoch keine großen Gedanken. Gewiss ist das Gepäck bloß im Chaos von einem unachtsamen Schüler heruntergerissen worden.

    Sam und ich beschließen die restliche Zugfahrt bei Ruth und Malum zu verbringen, wo wir uns die Zeit mit Zauberschach vertreiben. Wir spielen eine simple Variante und als die Partie beendet ist, krame ich das Uno-Spiel meiner Mutter hervor. Obwohl Ruth und Samantha reinblütig sind, kennen sie das Spiel nur zu gut. Wir spielen es seit der zweiten Klasse jedes Jahr im Zug. Nur Malum spielt nicht mit. Er meint er könne mit Muggelspielen nichts anfangen.

    Als wir Hogwarts schließlich erreichen, ist der Boden übersät mit leerem Süßigkeitenpapier und ich beobachte wie sich Ruths Schokofrösche eine wilde Verfolgungsjagd durch das Zugabteil liefern. Draußen haben sich inzwischen dunkle Wolken vor die untergehende Sonne geschoben und die ersten Regentropfen nieseln auf die Gleise des altbekannten Bahnhofs.

ALASCA PRINCE und der letzte TodesserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt