#43

159 25 59
                                    

Die letzten Wochen hatten Ivy verändert. Fay wurde nicht recht schlau daraus, was sie erlebt hatte, jedoch blieb sie für den Moment dabei hängen, dass sie wohl beide ihre unausgesprochenen Erlebnisse hatten, die Narben in ihrer Persönlichkeit hinterlassen hatten. Ivy ging selbstbewusster, ihr Gesicht wirkte mehr in Stein gemeißelt und etwas hatte ihr das leichtsinnige Funkeln aus den Augen getrieben.

Immer wieder mussten sie sich hinter Ecken verstecken und hinter Türen ausharren, bis sie weiter durch die unterirrdischen Gänge rennen konnten. Alle fünf atmeten schwer, als sie hinter einer neuen Tür auf einem Treppenabsatz ausharrten und beteten, dass die Wachen an ihnen vorüberzogen.

„Verflucht, hier unten ist heute mehr Verkehr als auf der Hauptstraße", schimpfte Sean. Er hatte sie bis jetzt sicher durch das Tunnelsystem navigiert und Ivy schien großes Vertrauen in ihn zu haben.

„Wir könnten sie einfach ausschalten", schlug Kellan mit einem wahnwitzigen Grinsen im Gesicht vor.

„Großartige Idee", schnaubte Sean. „Hast du zufällig Tücher, mit denen wir uns vermummen könnten? Ich hab keine Lust wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt zu werden. Herrgott, ich würde meinen Job verlieren!"

„Dein Boss achtet auf sowas?" Ivy zog eine Augenbraue hoch. Ihre Mundwinkel zuckten.

„Ach, vergiss es."

In dem Moment liefen die Wachen an ihnen vorüber und die gebellten Anweisungen waren kaum zu überhören.

„Trödelt nicht rum. Der Aufstand in A9 legt sich nicht von alleine. Welcher Vollhorst kommt bitte auf die Idee unsere Leute mit Aufständischen in einen Raum zu sperren?", dröhnte eine tiefe Bassstimme, die trotz des flotten Tempos keinerlei Schwierigkeiten mit dem Gefluche zu haben schien.

„Es würde mich nicht wundern, wenn dieses Pack an dem Raid Schuld ist", gab eine andere Stimme zurück, allerdings merklich verzerrt und von stockender Atmung unterbrochen.

Der Rest ging in einem Chaos an Gefluche und Befehlen unter.

Fay sah Kadir und Kellan mit großen Augen an, doch keiner der beiden schien Antworten zu haben. Jetzt erst fiel Fay auf, dass die Spirits, denen sie begegnet war, keine Explosionen ausgelöst hatte. Explosionen mussten die Handlungen von Menschen sein. Aber warum wollte jemand einen Raid provozieren? Was hatte man davon, wenn alle Menschen in Bunkern eingesperrt waren und die Schilde der Stadt heruntergefahren? Man konnte sich nicht gefahrlos durch die Stadt bewegen, wenn wirklich Spirits hier waren. Und es machte noch weniger Sinn, wenn Griffin und die anderen beiden nur wegen Menschen losgeschickt worden wären. Irgendetwas passte nicht zusammen. Fay fühlte, dass etwas nicht stimmte, doch sie konnte den Finger nicht recht darauf legen.

„Wir müssen weiter", zischte Sean, ehe er die Tür nach draußen aufriss und zur nächsten Ecke sprintete.

„Fay!" Es war Kadir, der zu ihr aufschloss und im Flüsterton mit ihr redete. „Denkst du auch, was ich denke?"

„Kommt drauf an. Aber irgendetwas stinkt hier zum Himmel!" Fay konzertierte sich darauf ihre Atmung gleichmäßig zu halten und nicht vollkommen aus der Puste zu kommen.

„Wie man hört, war es bei Griffins ersten Auftrag nicht viel anders", sagte Kellan, der nun ebenfalls neben ihnen lief.

Fay zog die Augenbrauen hoch. „Woher weißt du das?"

„Unwichtig. Aber wenn die Gerüchte stimmen, dann wurde Griffin bei seinem legendären Auftrag ebenfalls ins Herzen des Instituts geschickt und es gab ebenfalls Explosionen, die damit einhergingen. Ihr wisst schon, als er den Spirit umgebracht hat." Kellans Stimme war ruhig und bestimmt, aber man merkte, dass ihm die Situation nicht passte.

Spirits - Stadt im UntergrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt