Eins

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Als ich die Tür zum Laden meines Vaters öffnete, schlug mir sofort der rauchige Geruch entgegen. Fischig mit einer leicht süßlichen Note, die einem den Atem blockierte.
Ich huste kurz, und schlage dann die Tür komplett auf, warte jedoch einen kurzen Moment, bis der komplette Dampf aus der kleinen Hütte raus ist.

"Daaad?" rufe ich, bekomme jedoch keine Antwort. War ja klar. Ich wage einen Schritt in die Hütte, was ich jedoch gleich wieder bereue. Mein abgewetzter Chuck bleibt in einem Meer aus Gräten und anderen Fischmüll hängen, und ich habe große Mühe, nicht wegzuknicken. Lecker.

"Bellina?" ruft mein Vater, und kurz darauf folgt ein knarren, was sich in ein schlurfen verwandelt, bis mein Vater endlich vor mir steht.
"Oh, hallo mein Schatz!" sagt er, ohne mich weiter zu beachten. Nein, er deutet mir an, ihm zu folgen, was ich auch tue. Er läuft einmal um die kleine Hütte herum, und bleibt vor dem kleinen Schuppen stehen.

Schnaufend bleibe ich stehen, und schmeiße den Sack, den ich die ganze Zeit mit mir herumgeschleppt habe, auf den Boden. Ein leises "Uff-" entweicht mir, und ich schaue meinen Vater erwartend an.

"Aaalsooo," fängt er an, "ich habe hier alles vorbereitet, um den Fisch auf dem Markt zu verkaufen. Ich helf dir gerne, den Fisch auf dein Fahrrad zu laden, und ... Oh-" er dreht sich zu mir um, und schaut auf den Sack vor meinen Füßen.

Ich könnte schwören, dass gerade ein kleiner Fisch seinen letzten zucken abgegeben hat, beachte es aber nicht weiter.
Abwartend schaue ich meinen Vater an. "Was hast'n alles gefang'?" "Ach, dies und das." Antworte ich knapp.

Er zuckte mit den Schultern, und nahm den Sack hoch.

Das wars dann wohl mit unserem Gespräch, dachte ich mir, und ging in den Schuppen. Dort lagen mehrere Kisten, die fein Säuberlich beschriftet waren, und überall ein Sticker mit unserem Logo 'Hanks Fischräucherei' drauf hatten.

Ich seufzte, machte auf dem Absatz kehrt, um mein Fahrrad zu holen, um alles hineinzuladen.

Jap, das ist mein Alltag, während ich sehnsüchtig auf meine Aufnahme an der Uni warte.

Ich hole mein altes rotes Fahrrad mit den beigen Reifen und schiebe es in Richtung Schuppen. Es quietscht leise vor sich hin, was mich aber nicht weiter stört.

Innerhalb von etwa acht Minuten habe ich alle Kisten auf einem kleinen Hänger montiert, und diesen an mein Fahrrad gehangen.

Ich überlege kurz, ob ich mich von Dad verabschieden soll, entscheide mich jedoch dagegen, und schwinge mich auf mein Fahrrad, um dann über den schmalen Schotterweg in Richtung Dorfmarkt zu fahren.

Ächzend komme ich circa eine halbe Stunde später am genannten Ort an, und halte nach Ava ausschau. Sie ist meine beste Freundin, und hilft mir ab und zu auf dem Markt, da sie meinte, mich mit dem stinkenden Fisch und der meist unfreundlichen Kundschaft nicht alleine lassen zu können.

Ava und ich sind wie Tag und Nacht. Sie ist beliebt, und eigentlich genau das, was man sich als beliebtes Collagegirl vorstellen kann. Sie hat in ihren blonden- Taillenlangen Haaren Champagnerfarbene Strähnchen, und hat eine top-Figur.
Auch heute trägt sie wieder ein eng anliegendes Croptop, und eine weiße Hightwaisted Jeans. Dazu trägt sie ihre neuen Nike-Sportschuhe, und sieht, das muss man ihr lassen, einfach perfekt aus.

Sofort fühle ich mich wieder schlecht. Klar, ich hätte mir auch etwas schickeres Anziehen können, aber ich stehe einfach mehr auf bequeme Klamotten.

Ich trage wie fast immer ein graues schlabbriges T-Shirt, eine schwarze anliegende Jeans, ohne Löcher und den ganzen Piepapo, und meine heißgeliebten abgewetzten gelben Chucks. Meine Haare trage ich wie immer zu einem Französischen Zopf geflochten, während Ava ihre Haare mit einem Lockenstab aufgepimpt offen trägt.

Sie sieht mich an, und schnippst mit ihren Fingern vor meinen Augen rum. "Ey, Smurfy, willst du mich jetzt deine Arbeit alleine machen lassen?" fragt sie mich gespielt eingeditscht, und fängt an, die Kisten von dem Anhänger in unseren kleinen Marktstand zu bringen.

Nunja, eigentlich ist es Dads alter Wohnwagen, den er jedoch komplett umgebaut hat, nachdem er von einem betrunkenem Autofahrer angefahren wurde, und seit dem eine hübsche Delle in der Rückseite des Wagens Prankt.

Ich packe also mit an, und nach wenigen Minuten ist die Arbeit getan. Wir schalten die Kühlung ein, und kurbeln die Verkaufsfläche auf. Sofort stehen die ersten Kunden da.

"Hey Bellina, einmal wie immer!" sagt Max, ein Freund meines Vaters, der ein paar Straßen weiter wohnt. Ich nicke Ava zu, und sie beginnt Max eine Forelle, zwei Makrelen und den Rest einzupacken.
"22,45 Dollar bitte-" sage ich Max, doch dieser gibt uns wie immer 25 Dollar, und meint dass sein Geld nirgendwo anders besser aufgehoben wäre. Ava und ich bedanken uns, und so ging es dann den ganzen Nachmittag weiter.

Gegen fünf Uhr hatten wir dann alles verkauft, und wir hatten endlich frei.

"Ok Smurfy, was wollen wir machen?" fragt mich Ava gerade, als ich den Wohnanhänger abschloss.
Das mit dem Smurfy ist ihr Ding müsst ihr wissen. Vor ein oder zwei Jahren wollte sie unbedingt, dass wir uns in den Sommerferien die Spitzen färben lassen, und so kam es auch. Wie man sich sicher denken kann, wollte ich blau haben, doch der Friseur hatte leider irgendwas falsch gemacht, und so war die Farbe durch alles durchgeweicht, und ich durfte für drei Wochen mit einem blauen Rücken rumlaufen. Dafür bekommt Ava jetzt immernoch ihre Strähnchen dort umsonst, da es, wie die Chefin des Salons meinte, ein zu großes Missgeschick gewesen sei, und dies unverzeihlich sei.

"Keine Ahnung, Strand?" frage ich sie deshalb, und wir schauen an den Himmel. Ein paar Schönwetterwolken treiben sich am blauen Himmel umher, sonst sah es gut aus.
"Ok, also um sechs an der Seebrücke? Ich sag Benster und Kim bescheid, vielleicht kommen sie ja auch." Ich nicke, und versuchte glücklich zu wirken. Ich mochte weder Ben noch Kimberly, aber es sind Avas Freunde, also muss ich sie Akzeptieren.
Ich umarme sie, und rieche ihr Pfirsichshampoo. Kurz schwelge ich in Gedanken, lasse sie dann aber los, und schwinge mich auf mein Fahrrad.
"Bis dann!" ruf ich ihr zu, während sie sich in Richtung Bushaltestelle begibt.

Bellina Where stories live. Discover now